Studenten identifizieren Passanten mit Metas Smart-Brille

Zwei Harvard-Studenten ist es gelungen, fremde Menschen auf der Straße per Blick zu identifizieren. Möglich machte das Metas neue Smart-Brille.

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Die Meta Smart Glasses von Ray Ban

Die mit Ray Ban entworfenen AR-Brillen von Meta sind sehr unauffällig.

(Bild: Meta, Bearbeitung: heise online)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Zwei Harvard-Studenten haben die Erfindung eines Alumni zweckentfremdet: AnhPhu Nguyen und Caine Ardayfio nutzten Metas kĂĽrzlich vorgestellte Smart-Brille, um in Echtzeit Passanten auf der StraĂźe zu identifizieren. In einem Video zeigen sie, wie es theoretisch jeder nachmachen kann.

Meta-CEO und Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg, der die amerikanische Elite-Uni ebenfalls besuchte, brachte seine Ray Ban Meta Smart Glasses diesen Monat auf den Markt. Sie bietet viele Möglichkeiten, Augmented Reality im Alltag zu nutzen.

Die Möglichkeit, das Gesicht von jedem Menschen um sich herum mit öffentlich verfügbaren Datenbanken abzugleichen, um sofort die Identität und weitere Informationen zu erhalten, gehörte wahrscheinlich nicht zu den Dingen, die Meta seinen Kunden in erster Linie ermöglichen will.

Und doch lässt sich das Projekt namens I-XRAY theoretisch von anderen Nutzern nachmachen – was dafür nötig ist, erklären Nguyen und Ardayfo in einem öffentlich verfügbaren Dokument. Mit der Meta-Smart-Brille lässt sich das eigene Blickfeld live auf Instagram streamen. Das taten die Studenten und nutzten ein Computerprogramm, welches den Stream überwachte und mit KI die Gesichter erkannte. Dann wurden die Fotos in öffentliche Datenbanken eingespeist, um Namen, Adressen, Telefonnummern und sogar Verwandte zu finden. Diese Infos bekamen die Studenten dann direkt vor Ort auf ihr Smartphone.

Das gruselige Ergebnis zeigen sie in einem selbst veröffentlichten Video: Einer der beiden läuft zum Beispiel durch die Harvard-Metrostation und spricht einen Passanten mit seinem Namen an. "Ich habe einige ihrer Publikationen gelesen, wirklich tolle Arbeit", lobt der Student den Mann, der etwas verblüfft scheint. Kein Wunder: Die besagten Publikationen hatte sein Gesprächspartner wohl nur Sekunden vorher im Internet gefunden – dank Meta-Brille auf der Nase.

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Um genau so etwas zu vermeiden, haben Metas neue Brillen eigentlich eine sogenannte Datenschutzleuchte. Ein Lämpchen auf der Vorderseite, das dem Gegenüber deutlich zeigt, dass die Augmented Reality gerade Daten – welcher Art auch immer – verarbeitet. Kritiker haben aber bereits bemängelt, dass diese Leuchte gerade außerhalb geschlossener Räume durch die Lichtverhältnisse schlecht zu erkennen ist.

Die beiden Studenten betonen in ihrem Dokument, dass sie ihr Projekt nicht öffentlich zugänglich machen wollen – auch wenn sie quasi schon alle Komponenten und ihr Zusammenspiel offengelegt haben. Ihnen sei es vor allem darum gegangen, auf die Risiken der Technologie aufmerksam zu machen. In ihrem Dokument erklären sie auch, wie man sich davor schützen kann, durch die genutzten Gesichts-Suchmaschinen gefunden zu werden.

In einem Gespräch mit The Register sagen die beiden Studenten, dass 99 Prozent ihrer Versuchsanordnung auch ohne die Meta-Brille funktionieren würden. Das mag technisch korrekt sein, blendet jedoch die Tatsache aus, dass die Brille in viel mehr Situationen sozial unauffälliger ist als die Bilderfassung per Smartphone. Wer beispielsweise in einer öffentlichen Toilette Handy-Fotos eines Fremden macht, dürfte meist sofort vor Problemen stehen. Mit einer vernetzten Brille auf der Nase kann das anders aussehen, auch an anderen sensiblen Orten, wo fotografieren verboten ist.

Die Debatte um Brillen mit Suchmaschinen ist nicht neu: Die Google Glass löste seinerzeit eine ähnliche Diskussion aus. Durch ihr exotisches Design mit einem Mini-Bildschirm an der Seite war sie für andere allerdings deutlich besser erkennbar – im Gegensatz zu Metas Brille, die ein Ray Ban-Modell als Basis nutzt.

AnhPhu Nguyen und sein Projektpartner Caine Ardayfio studieren beide Informatik an der Harvard School of Engineering. Auch Mark Zuckerberg studierte hier, verließ die Universität jedoch nach einigen Semestern. In dieser Zeit rief er auch seine erste Social-Media-Plattform Facebook ins Leben, die damals ebenfalls völlig neue Diskussionen ums Thema Datenschutz brachte.

Update

"Metas "Orion"-Brille" wurde zu "Meta Smart Glasses" geändert, weil es sich bei der "Orion"-Brille um einen Prototyp handelt, bei der Smart Glasses um das bereits erhältliche Produkt.

(nen)