BGH schränkt Folgen der Störerhaftung für WLAN-Betreiber ein

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs haftet ein WLAN-Betreiber für über seinen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzungen, wenn er den Zugang unzureichend absichert. Allerdings greift bei Fällen wie dem verhandelten die Deckelung der Abmahngebühren auf maximal 100 Euro, und eine Schadensersatzpflicht besteht nicht.

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Von
  • Holger Bleich

Am heutigen Mittwochmorgen hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein wegweisendes Urteil zur Störerhaftung für Betreiber von WLANs verkündet (Az. I ZR 121/08). Demzufolge können Privatpersonen "auf Unterlassung, nicht dagegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird."

Die Klägerin ist Inhaberin der Rechte an einem Musiktitel. Mit Hilfe der Staatsanwaltschaft wurde ermittelt, dass dieser Song vom Internetanschluss des Beklagten aus auf einer Tauschbörse zum Herunterladen im Internet angeboten worden war. Der Beklagte war in der fraglichen Zeit jedoch in Urlaub und konnte nicht nachweisen, dass sein WLAN in dieser Zeit abgeschaltet war. Die Klägerin fordert vom Beklagten Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten.

Das Landgericht (LG) Frankfurt hatte den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hatte die Klage in der Berufung abgewiesen. Nun hat der BGH dieses Berufungsurteil teilweise aufgehoben. Zwar hafte der Beklagte auf künftige Unterlassung. Allerdings sei er nicht verpflichtet, Schadensersatz zu leisten, weil er lediglich als Störer fungiere, nicht aber als Täter.

Besonders bitter dürfte den Urheberrechtsmassenabmahnern ein Hinweis des BGH bezüglich der Höhe der Abmahngebühren aufstoßen. Der für Urheberrechtssachen zuständige 1. Senat des höchsten Gerichts merkte an, dass es seit 2008 den Absatz 2 des Paragrafen 97a Urheberechtsgesetz (UrhG) gibt. Dieser sieht eine Höchstgrenze von 100 Euro für Urheberrechtsabmahnungen dann vor, wenn es sich um "einfach gelagerte Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs" handelt. Zwar sei diese Regelung im konkreten Fall noch nicht gültig gewesen, aber bei Fällen wie dem verhandelten fallen gegenwärtig "insofern maximal 100 Euro an". Damit dürfte der BGH das Geschäftsmodell der Abmahnanwälte aushebeln, die mit hohen Gebühren und Schadensersatzforderungen Kasse machen.

Der BGH hat angenommen, dass eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung nicht in Betracht kommt. Dennoch obliege privaten Anschlussinhabern eine Pflicht zu prüfen, ob ihr WLAN-Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr geschützt ist, von unberechtigten Dritten zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen missbraucht zu werden. Dem privaten Betreiber eines WLAN-Netzes sei jedoch nicht zuzumuten, die Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Die Prüfpflicht bezieht sich daher auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen.

Wer folglich ein nach diesen Kritierien unzureichend gesichertes oder gar gänzlich offenes WLAN betreibt, kann künftig für jede Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, die über den Anschluss begangen worden ist. Allerdings dürften nunmehr die zu erstattenden Abmahnkosten auf 100 Euro beschränkt sein, außerdem muss kein Schadensersatz an den Rechteinhaber geleistet werden. (hob)