Videoüberwachung bei Energieversorger in der Kritik

Von Februar bis Ende April leiteten die Datenschützer in Niedersachsen rund 250 Kontrollverfahren bei Unternehmen ein, darunter Einkaufsmärkte und Callcenter.

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Von
  • Monika Wendel
  • dpa

Niedersächsische Datenschützer haben einen Energieversorger wegen Verstößen bei der Videoüberwachung im Visier. Das Energieunternehmen im Raum Hannover zeichne in einem Servicecenter rechtswidrig Gespräche mit Stromkunden auf, die sich über ihre Rechnung beschwerten, sagte der Datenschutzbeauftragte des Landes, Hans-Joachim Wahlbrink, der Nachrichtenagentur dpa in Hannover. Ein Hinweis auf die Videokameras fehle, zudem seien Tonaufnahmen der Gespräche nicht erlaubt, erklärte Wahlbrink. Das Unternehmen begründe die Aufzeichnungen in der Beratungsstelle mit der Angst vor Attacken. Die Datenschützer prüften den Energieversorger nach einem Hinweis eines Kunden.

Von Februar bis Ende April leiteten die Datenschützer rund 250 Kontrollverfahren bei Unternehmen ein, darunter Einkaufsmärkte und Callcenter. Die Wirtschaft bekommt in der Regel aber eine Schonfrist und muss erst mal kein Bußgeld fürchten. "Wir wollen nicht den Ruf eines Scharfmachers haben", sagte Wahlbrink, der sich als Berater der Unternehmer versteht. Er wolle nicht gleich mit Sanktionen drohen, zumal auch die vielen Rechtsverstöße bei den Videokameras im öffentlichen Bereich – bei Polizei und in Kommunen – nicht geahndet werden können. Die meisten Betriebe, die den Datenschutz nicht ernst genug genommen hätten, seien zudem einsichtig und reagierten auf die Kritik.

In rund zehn bis zwölf Fällen in Niedersachsen drohten einzelne Bußgelder, aber in geringer Höhe, erklärte Wahlbrink. Dabei gehe es meist darum, dass Unternehmen den Datenschützern Informationen verweigerten oder notwendige Veränderungen beim Datenschutz nicht umsetzten. Nach den Datenschutz-Affären bei Lidl, der Telekom und der Deutschen Bahn wurde die Kontrollen in Unternehmen in Niedersachsen ausgeweitet. Früher hatte es in der Privatwirtschaft kaum solche Überprüfungen gegeben. Wegen der Bespitzelung von Mitarbeitern hatte der Lebensmittelkonzern Lidl rund 670.000 Euro Bußgeld an Niedersachsen zahlen müssen.

Die Zahl der Datenschützer wurde daraufhin aufgestockt – statt vier sind nun zehn Mitarbeiter für die rund 300.000 Unternehmen in Niedersachsen zuständig. Allerdings habe sich die Verstärkung des Personals, das im Bereich des Innenministeriums gesucht wurde, einige Zeit hingezogen, so Wahlbrink. "Der Datenschutz ist nicht so ein Herzensthema für das Innenministerium, dass man da Druck machen würde", sagte Wahlbrink.

Derzeit überprüfen die Datenschützer unter anderem Auskunfteien in Niedersachsen. Dabei geht es etwa um das Kreditscoring – ein mathematisch-statistisches Verfahren, mit dem die Kreditwürdigkeit und das Zahlungsverhalten von Bürgern beurteilt wird. Die Datenschützer wollen unter anderem wissen, ob dazu auch kritische Daten – wie etwa die Hautfarbe oder die Adresse als Hinweis auf den sozialen Status – verwendet werden. Die Überprüfungen bei AWD wegen Pannen mit Datensätzen und bei der Drogeriekette Ihr Platz wegen der Videoüberwachung dauern an. (jk)