Gitex: Weltgrößte ITK-Messe – mit der CeBIT gelang das nicht

In Dubai ging die diesjährige Gitex-Messe mit vielen Rekorden zu Ende. Warum funktioniert eine Mega-ITK-Messe in der Wüste – und nicht mehr in Deutschland?

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GITEX Logo vor Besuchern

(Bild: Dubai World Trade Centre L.L.C.)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Harald Weiss

Die Gitex in Dubai hatte zusammen mit einer zugehörigen Startup-Ausstellung 8300 Aussteller. Das ist weitaus mehr, als die CeBIT in ihren besten Zeiten hatte. In über 40 Hallen war alles vor Ort, was Rang und Namen hat: SAP, Oracle, Dell, Lenovo, HPE, AWS, Huawei, ZTE, Bosch, DeepL, Software AG, Salesforce, IBM, Google, China Telecom, Cisco, Ericsson, AWS und viele mehr. Insgesamt waren 180 Länder vertreten – ein Plus von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Darunter viele aufstrebende Länder wie Südafrika, Puerto Rico und Vietnam. Auch die europäische Präsenz erreichte mit rund 1500 Firmen aus 38 Ländern ein Rekordniveau. Hier kamen die neuen Aussteller vorwiegend aus Österreich, Portugal, Lettland, Serbien, Bosnien-Herzegowina und der Schweiz. Mit über 200.000 Besuchern erreichte die Gitex zwar nicht die maximalen Besucherzahlen der CeBIT, doch bei Eintrittspreisen von 113 bis 2500 Euro, plus Flug- und Hotelkosten, spricht sie ausschließlich Fachbesucher an.

Der Gitex-Erfolg führt zu der Frage: Warum ist eine ITK-Messe in der Wüste erfolgreicher als in Deutschland? Ein besonderer Pluspunkt von Dubai ist dabei zweifelsfrei die Infrastruktur – vor allem im Vergleich zu Hannover. So verfügt Dubai über 800 Hotels mit 150.000 Zimmern, und der Flughafen ist mit 90 Millionen Passagieren nach Atlanta der zweitgrößte in der Welt. Doch der entscheidende Punkt ist ein anderer. Der vermeintliche Nachteil von Dubai, nämlich der Status einer wirtschaftlichen Insel, ist genaugenommen der Schlüssel zum Erfolg. Dubai hat keinen attraktiven Binnenmarkt. Es ist nur eine Art Drehscheibe, ein globaler Marktplatz. Im weitesten Sinne lässt sich das mit einer Oase vergleichen, bei der die Karawanen aus vielen Richtungen eintreffen, ihre Waren austauschen und dann wieder weiterziehen. Wer also in Dubai ausstellt, möchte die Märkte in vielen anderen Ländern ansprechen, primär den asiatischen und pazifischen Raum. Aussteller aus Frankreich, Schweiz, Österreich und Deutschland bestätigen das. "Wir erreichen hier die dynamischen Märkte in Indien, Afrika und dem Nahen Osten", sagt Carl Ziegler, CEO von T-Link, das den Schweizer Gemeinschaftsstand organisiert hat.

Das ist ein deutlich anderes Messekonzept, als es bei den deutschen ITK-Messen der Fall war. Deren Aussteller hatten nur den DACH-Markt im Fokus, bestenfalls noch Benelux, Skandinavien und Osteuropa. Vor allem bei den US-Anbietern galt über viele Jahre das Motto: Wer in Deutschland IT verkaufen will, muss auf der CeBIT sein. Dieser Fokus zeigte sich auch daran, dass man kaum englische Poster auf den CeBIT-Ständen sah – und auch die englischen Sprachkenntnisse waren auf vielen Ständen nicht auf einem professionellen Niveau.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der die Gitex unterscheidet, ist das hohe fachliche Niveau der begleitenden Vorträge. Zum Beispiel hielt Isabella Gradert von Airbus Deutschland einen viel beachteten Vortrag zum Thema Quantum-Computing, in dem sie einen Ausblick auf die zukünftige Nutzung dieser Technik zur Simulation komplexer physikalischer Abläufe gab. Unter dem Namen DevSlam gab es eine Halle mit 250 Ausstellern zum Thema Software-Entwicklung, die 18.000 Besucher aufsuchten. Im zugehörigen Workshop-Bereich fanden über 100 seminarähnliche Vorträge statt. Die Referenten kamen unter anderem von der ETH Zürich, LinkedIn und Google. Weitere Diskussionen drehten sich um 5G, EdTech, digitale Städte und Energiewende. Doch natürlich drehten sich die meisten Vorträge um künstliche Intelligenz. Die UAE sind übrigens das einzige Land, in dem es mit Omar Sultan Al Aloma einen Minister für "Künstliche Intelligenz, Digital-Wirtschaft und Remote-Work" gibt.

Er und viele andere Regierungsvertreter wiesen immer wieder auf die wirtschaftliche Attraktivität von Dubai hin, die vor allem darin besteht, dass alle Geschäftsaktivitäten weitestgehend vereinfacht sind. Gerade auf der Startup-Messe erwähnten das wiederholt die Venture-Financiers: "Es gibt keinen Platz auf der Welt, wo man schneller und einfacher eine Firma gründen kann", sagt Bilal Baloch vom UAE-Venture Shorooq Partners. Er verwies auch noch auf einen weiteren Punkt: "Wir haben hier keinen Mangel an hochqualifiziertem Personal; bei uns bewerben sich die Besten aus der ganzen Welt – wir haben häufig die Qual der Wahl", lautet sein Problem, von dem viele andere Länder nur träumen können. UAE-Wirtschaftsminister Abdullah Bin Touq Al Marri bestätigt das: "Das Ökosystem der UAE zieht viele qualifizierte Menschen aus der ganzen Welt an und damit werden wir schon bald das F&E-Zentrum der Welt sein", lautet seine Prognose.

Verwöhnt vom internationalen Gitex-Erfolg wagt man jetzt den Schritt in regionale Märkte. So wird es demnächst auch eine Gitex in Marokko, Nigeria, Singapur, Thailand – und vom 21. bis 25. Mai 2025 auch eine Gitex Europe in Berlin geben. Davon erhoffen sich die Dubaier Messemacher, dass es ihnen gelingt, einen erfolgreichen Nachfolger für die CeBIT zu schaffen.

(fo)