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Der neue Golf wird wieder mit Allrad ausgeliefert und ist deutlich sparsamer als bisher

Der Allrad-Antrieb des neuen Golf 4Motion

News Gernot Goppelt

Wolfsburg, 30. Januar 2013 – Natürlich ist der Golf nicht per se ein Allradauto, wie es etwa bei Subaru der Fall ist. Gerade in den Alpenregionen ist der Golf TDI aber höchst beliebt und wird angesichts der dort herrschenden klimatischen Verhältnisse deswegen gerne als 4Motion geordert. Jetzt ist auch der Golf VII wieder als Allradversion zu haben. VW will den Allradantrieb weiter verbessert haben, dabei hilft auch die 5. Generation der Haldex-Kupplung.

Etwas weniger schwer

Der Allradantrieb insgesamt wiegt nun 1,4 Kilogramm weniger als im Golf VI. Interessanter ist allerdings der Vergleich des Gesamtgewichts: Mit dem 1,6-Liter-TDI wiegt der Allrad-Golf 1410 kg, als konventioneller Fronttriebler 1295 kg. Bei der Variante mit 2,0-Liter-TDI sind es 1449 zu 1354 kg. Daran kann also auch die neue Generation nichts ändern: Der Allradantrieb sorgt für ordentliches Zusatzgewicht. Dynamisch macht sich das allerdings nicht allzu sehr bemerkbar: Statt 10,7 benötigt der kleine Diesel mit Allrad 11,5 Sekunden auf 100 km/h, beim 2.0 TDI herrscht mit 8,6 Sekunden Gleichstand. Bei der stärkeren Motorisierung wirkt sich sicherlich die bessere Traktion aus, ein Effekt übrigens, der bei Allradlern grundsätzlich sehr befriedigend ist: Selbst bei nasser Straße rutscht einfach nichts durch.

Mittendifferential vs. Haldex

Aber auch der fahrdynamische Einfluss eines Allradsystems ist nicht zu unterschätzen, wobei sich der Allradantrieb des Golf 4Motion grundlegend von jenem eines Subaru unterscheidet. Bei den Japanern sorgt ein Mittendifferential dafür, dass eine 50:50- oder 40:60-Verteilung der Normalzustand ist, alle Räder werden also standardmäßig angetrieben. Der Vorteil dieser Herangehensweise besteht vor allem darin, dass ein Regelvorgang, hier das Sperren des Differentials, in der Praxis kaum einmal notwendig ist. Ein weiterer Vorteil ist es, dass ohne jegliche elektronische Hilfe ein stabilisierender Effekt eintreten kann: Die Differentialbremse schließt, wenn es Drehzahlunterschiede zwischen Vorder- und Hinterachse gibt. Dabei erfolgt zwangsläufig eine Drehmomentverschiebung von vorne nach hinten oder umgekehrt. Diese wiederum bewirkt eine Stabilisierung, die man gerade bei schneller Landstraßenfahrt wunderbar spüren kann.

Nicht dass der Golf in dieser Hinsicht unbedingt schlechter wäre, auch wenn es bei ihm völlig anders funktioniert: Die Haldex-Kupplung ist normalerweise offen und schließt nur bei Bedarf, es ist also im Grunde eine Art Allrad-on-Demand. Mittlerweile funktioniert das allerdings so gut, dass man es eigentlich nur mit betont akademischer Motivation als Nachteil bezeichnen kann. Die Hydraulik der Haldex-Kupplung wird nicht nur dann tätig, wenn an der Vorderachse Schlupf auftritt, sondern ihre elektronische Steuerung wird ständig von Daten der übrigen Fahrwerkregelsysteme und der Motorsteuerung informiert. Natürlich wird deswegen beim Beschleunigen auch die Hinterachse angetrieben. Die Drehmomentverteilung zwischen vorne und hinten kann gesteuert werden, indem das Zupacken der Kupplung variiert wird. Wenn VW allerdings wie die meisten Verfechter dieser Bauart davon spricht, dass bis zu 100 Prozent des Moments an die Hinterachse geleitet werden, ist anzumerken, dass dies einzig dem Schlupf an der Vorderachse geschuldet ist. Im Antriebsstrang kann die Verteilung nie einen Wert von 50:50 überschreiten.

Die elektronische Steuerung macht noch einige weitere Funktionen möglich: Bei schnellerer Fahrt zum Beispiel wird die vom Motormoment abhängige Vorsteuerung der Kupplung zurückgenommen, weil etwa auf der Autobahn so schnell kein Allradbedarf zu erwarten ist. Und wenn die Hydraulikpumpe weniger zu tun hat, geht dies auch weniger auf Kosten des Verbrauchs. Ein anderes Problem ist beim Rangieren oder der Kurvenfahrt zu lösen, weil hier die Kupplung wegen auftretender Drehzahlunterschiede normalerweise schließen würde: Beim Rangieren wird die Haldexkupplung deswegen offengehalten, damit sich der Antriebsstrang nicht verspannt. Ähnliches gilt bei Kurvenfahrt, sofern nicht gerade ein fahrdynamischer Eingriff gewollt ist.

Elektronisch integriert

Womit wie wieder bei der Fahrdynamik wären. Dem Traditionalisten mag es ein Graus sein, aber 4Motion arbeitet zu allem Überfluss auch noch mit anderen elektronischen Systemen des Fahrzeugs zusammen. Da sind zum Beispiel die elektronischen Quersperren EDS, welche die Funktion mechanischer Quersperren übernehmen sollen – sollen, weil in Wirklichkeit nur durch Reduzieren des Motormoments Schlupf reduziert wird. Oder das XDS, bei dem ebenfalls die Funktion eines Querdifferentials simuliert wird, diesmal allerdings per Bremseingriff. Beide Funktionalitäten sind nichts Neues, wobei eine Dremomentverringerung an der Hinterachse natürlich einen Allradantrieb voraussetzt, in diesem Fall also wahrscheinlich durch leichtes Öffnen der Kupplung herbeigeführt wird.

Diesseits der Beschreibung all dieser Abkürzungen und elektronischen Tricks lässt sich verkürzt sagen, dass der Käufer eines 4Motion ein Auto erwirbt, das deutlich besser für den Winter taugt und besonders bei Bedingungen wie Regen nochmals zuverlässiger auf der Straße liegt als ein Golf mit Frontantrieb. Im Vergleich zum Vorgänger fällt auf, dass selbst die Version mit dem 1,6-Liter-Diesel bei den Fahrleistungen wenig Wünsche offen lässt und auch der NEFZ-Verbrauch von 4,5 Liter Diesel zu verkraften ist. Die 2,0-Liter-Version ist die Empfehlung für Dynamiker, weil man bei zumindest bis 100 km/h nicht einmal Einbußen bei der Beschleunigung in Kauf nehmen muss. Der Verbrauch steigt im Vergleich zum Fronttriebler von 4,1 auf 4,7 Liter – selbst dieser Wert ist aber sehr respektabel, der Vorgänger brauchte 5,5 Liter.


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