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Kurz und gut

Erste Ausfahrt: Renault Clio

Fahrberichte Joaquim Oliveira; press-inform
Renault Clio 2019

In Genf stellte Renault den neuen Clio vor, den wir nun, ein halbes Jahr vor dem Verkaufsstart, fahren konnten. Der erste Eindruck ist positiv, wobei die spannendste Neuerung erst in einem Jahr Premiere haben wird

Die erste Clio-Generation ließ den damaligen VW Polo spontan um Jahre altern, zumindest in gestalterischer Hinsicht. Der fünften Generation könnte das nicht nur in diesem Bereich gelingen, denn ab dem kommenden Jahr will Renault den Kleinwagen auch mit Hybridantrieb anbieten. Für eine erste Ausfahrt stand er uns mit den aktuell stärksten Motoren zur Verfügung.

Kürzer

Den Trend zu immer größeren Abmessungen macht Renault beim fünften Clio nicht mehr mit. Er ist mit 4,05 Metern Länge 12 mm kürzer als der Vorgänger. Das Platzangebot innen ist ähnlich geräumig wie bisher, beim Kofferraum legt der Neue aber nochmals deutlich zu. Das alte Modell war mit 300 Litern im Klassenvergleich schon nicht schlecht, Nummer 5 bietet mit 391 Litern aber etwas mehr als beispielsweise ein VW Golf (Test) [1] oder Renault Mégane (Test) [2], wobei letzterer rund 30 cm länger ist.

Auffallend ist auch, wie viel Arbeit Renault in die Materialauswahl gesteckt hat, alles wirkt für diese Klasse fein ausgekleidet und sorgsam verarbeitet. Die Sitze sind leicht gewachsen und auch mit einer Körpergröße jenseits von 1,80 Metern deutlich bequemer als bisher. Wer mag, kann eine Reihe von Assistenten und einen großen Bildschirm in der Mittelkonsole ordern. Aktualisierungen für Betriebssystem und Kartenmaterial sollen künftig „over the air“ möglich sein.

Mit einer rollenden Verzichtserklärung hat diese Generation des Clio nichts gemein, wobei sich das auch in den Preisen widerspiegeln wird. Verfolgt Renault in dieser Hinsicht den Weg weiter, den man mit Mégane und Talisman (Test) [3] schon beschritten hat, wird der neue Clio dennoch spürbar günstiger als beispielsweise ein VW Polo (Test) [4] sein. Näheres dazu wird es vermutlich erst im Sommer geben, denn auf den Markt soll der neue Clio erst im Herbst kommen.

Sieben Motorisierungen

Zum Start wird es den Clio mit vier Benzinern und zwei Dieselmotoren geben, ein Hybrid folgt später. An der Basis bietet Renault einen Dreizylinder-Ottomotor mit 65 und 75 PS an. Die Maschine kommt ohne Aufladung aus und wird, mit minimal anderen Leistungswerten, auch in den kürzlich minimal überarbeiteten Twingo und den Dacia Sandero (Test) [5] eingebaut. Eine Stufe darüber ist ebenfalls ein Dreizylinder angesiedelt, allerdings mit einem Turbolader. Hier kann der Fahrer auf 100 PS zurückgreifen. Diese Maschine wird später – wann genau, verrät Renault noch nicht – mit einem stufenlosen Getriebe zu haben sein.

Er läuft nicht ganz so kultiviert wie der 1,3-Liter-Vierzylinder mit 130 PS, der den Clio sehr flott antreibt gut am Gas hängt. Das dort alternativlose Doppelkupplungsgetriebe ist aufmerksam, ohne hektisch zu wirken. Insgesamt ist das eine sehr angenehme Kombination, deren Grundlayout auch in der Mercedes A-Klasse (Test) [6] verwendet wird. Bei Renault rechnet man damit, dass die meisten Clio-Kunden es bei 100 PS belassen werden. Nur eine Nebenrolle dürften die beiden 1,5-Liter-Diesel spielen, die beide ein Sechsgang-Schaltgetriebe bekommen. Sie leisten 85 und 115 PS. Die stärkere Version gefällt mit kräftigem Antritt und kultiviertem Lauf.

Spannendster Antriebsstrang wird der Hybridantrieb. Er entstand zusammen mit Nissan, die auch den 1,6-Liter-Benziner zusteuern, der im Atkinson-Zyklus läuft. Hier werden die Einlassventile besonders spät geschlossen, deutlich nach dem unteren Totpunkt. Der thermische Wirkungsgrad ist durch die damit längere Expansionsphase höher als bei normalen Steuerzeiten, das Drehmoment vor allem im unteren Drehzahlbereich etwas geringer. Letzteres gleicht der Hybridantrieb aber vollständig über den E-Motor aus.

Hybrid mit drei Motoren

Im Clio Hybrid sind zwei E-Motor eingebaut, der stärkere sitzt am Getriebeausgang [7]. Renault verrät momentan noch keine exakten Daten, abgesehen von ein paar Eckpfeilern. Die Systemleistung soll bei 96 kW (130 PS) liegen. Die Batterie mit 1,2 kWh deutet mit ihrer geringen Kapazität bereits daraufhin, dass eine rein elektrische Fahrt nicht im Vordergrund steht. Vielmehr geht es darum, den Benziner immer dann zu entlasten, wenn er besonders viel verbraucht. Der Clio Hybrid fährt beispielsweise immer elektrisch an. Dennoch: „Unser Plan ist es, dass der gemeine Autofahrer in seinem städtischen Alltagsverkehr rund 80 Prozent der Zeit im Elektromodus fahren kann“, sagt Antoine Vignon, verantwortlicher Entwickler aus dem Antriebsbereich von Renault.

Macht Freude

Schon jetzt lässt sich festhalten, dass der Clio auch beim Fahrwerk einen Schritt nach vorn gemacht hat. Gerade mit den 17-Zoll-Felgen macht der Kleinwagen richtig Freude, mit der höheren Flanke der 16-Zöller umrundet er Kurven geringfügig weniger präzis, rollt aber auch weniger komfortabel ab. Renault hat bei alledem aber nicht vergessen, dass der Clio vorwiegend abseits der Rennstrecke genutzt wird. Das Schluckvermögen der Federung ist beachtlich.

Alles in allem bleibt ein vom neuen Clio ein sehr erfreulicher Eindruck hängen. Der Kleinwagen ist innen groß, schick gestaltet, dazu gut verarbeitet und bekommt ein geschickt abgestimmtes Fahrwerk mit auf den Weg. Sofern Renault bei den Preisen nicht übertreibt, bekommt dieses Segment im Herbst einen sehr interessanten Zuwachs.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-VW-Golf-1-5-TSI-ACT-3751530.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Renault-Megane-RS-4204393.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Renault-Talisman-Grandtour-TCe-200-3349793.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-VW-Polo-TGI-3985611.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Dacia-Sandero-Essentiel-SCe-75-3762260.html
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Mercedes-A200-4248631.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/P0-bis-P3-wohin-mit-dem-E-Motor-4179135.html