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Team aus Delft gewinnt bei den Verbrennern – Stuttgart bei den E-Mobilen

Formula Student: Erstmals Elektrofahrzeuge am Start

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91 Teams mit 2000 Teilnehmern und 8000 Zuschauer lautet die Rekordbilanz der Formula Student 2010. Erstmals traten auf dem Hockenheimring Elektro-Autos in einem eigenen Wettbewerb an

Hockenheim, 9. August 2010 - Der Hockenheimring war am vergangenen Wochenende zum fünften Mal Austragungsort der Formula Student Germany (FSG). Der vom VDI (Verein Deutscher Ingenieure) ausgerichtete internationale Konstruktionswettbewerb stellte mit 91 Teams mit 2000 Teilnehmern und 8000 Zuschauern neue Rekorde auf. Zugleich mussten weitere Boxen für die Teams mit Elektrofahrzeugen errichtet werden, die erstmals bei der FSG mit von der Partie waren. Hingegen verzichtete die FSG auf einen Wettbewerb mit Hybridfahrzeugen, mit der Begründung, dass die Technologie nur ein Zwischenschritt zu emissionsfreien Fahrzeugen sei. Zudem sei die Technik derart kompliziert, dass dieser Wettbewerb durch die Größe des Budgets entschieden würde.

Bekannte und neue Sieger-Typen

Das erstplatzierte Team der niederländischen TU Delft verwies Ann Arbor (Michigan, USA) und die Universität Zwickau auf den zweiten und dritten Platz. In der neuen Klasse der Elektrofahrzeuge, Formula Student Electric, siegte das Green Team der Universität Stuttgart. Zweiter wurde die Universität Eindhoven vor der TU Graz. Die detaillierten Ergebnisse findet man auf der Website der FSG [1].

Keine Überholmanöver

"Hier finden keine Rennen statt", sagt Tim Hannig, Chairman der FSG. Die Qualität des Fahrzeugs wird in fünf dynamischen Wettbewerben geprüft. Dabei geht es stets nur gegen die Uhr, weil die Veranstalter ein Rennen vermeiden wollen, bei dem es zu Überholvorgängen kommt. "Zu gefährlich", urteilen unisono alle Verantwortlichen. Sicherheit wird groß geschrieben. So tragen die Fahrer feuerfeste Kleidung, die Teams führen stets einen Feuerlöscher mit.

Stromer besonders gesichert

Besonderes Augenmerk galt der Sicherheit der Elektrofahrzeuge: Alle stromführenden Teile sind in Orange gekennzeichnet, am Fahrzeug wird nur mit Schutzhandschuhen auf einer Isolationsunterlage gearbeitet. Für den Fall, dass es doch zu Unfällen kommt, stehen geschulte Rettungskräfte mit Defibrillatoren bereit. Dass die zahlreichen Sicherheitsvorkehrungen einen Sinn haben, zeigte ein kleiner, glimpflich verlaufener Zwischenfall beim Autocross: ein Rennfahrzeug verlor während des Wettbewerbs das linke Hinterrad, das quer über den Platz lief und erst an der Reifenbarriere zum Stillstand kam.

Elektrische Variantenvielfalt

Dieses Jahr gab es erstmals zwei Classements für Verbrennungs- und Elektomotoren. Die E-Fahrzeuge sind bisher in der Leistung nicht begrenzt, während die Verbrennungsmotoren auf 610 Kubikzentimeter Hubraum und – abhängig vom verwendetem Kraftstoff – auf 20 mm beziehungsweise 19 mm Ansaugdurchmesser beschränkt sind. Die 15 angetretenen E-Teams arbeiten mit recht unterschiedlichen Konzepten, die noch enormes Entwicklungspotential haben. So lässt sich die Karftübertragung mit Elektromotoren für jedes einzelne Rad steuern. Das Team aus Zwickau etwa hatte zwei Motoren an der Hinderachse und konzipierte zwei weitere Motoren in den Radnaben der Vorderachse, konnte die komplizierte Programmierung dieser Konfiguration aber nicht bis zum Wettbewerb fertigstellen. Hier kann man in den nächsten Jahren noch Entwicklungssprünge erwarten.

Schwerer, aber nicht weniger agil

Die FSG war laut Hannig überrascht, wie viele Teams beim E-Wettbewerb angetreten waren. Man hatte ein wenig befürchtet, dass die leisen Fahrzeuge weniger attraktiv für die angehenden Ingenieure sein könnten als ihre Pendants mit lärmenden Benzinmotoren. Doch das Gegenteil war der Fall. So fanden sich im "Green Team" der Uni Stuttgart viele Ehemalige zusammen, die schon in früheren Wettbewerben Erfolge mit Verbrennungsmotoren eingefahren hatten. Das Ergebnis war fulminant. Durch das Gewicht der Akkus sind die E-Fahrzeuge zwar schwerer als benzingetriebene. Die Elektromotoren entwickeln aber ihr größtes Drehmoment im Stand und können so ihren Gewichtsnachteil bei Beschleunigungswettbewerben wettmachen. Da sich die Akkus tief im Fahrzeug anordnen lassen, kommt der niedrige Schwerpunkt auch dem Handling zugute. Während der dynamischen Wettbewerbe hatte man den Eindruck, dass die E-Fahrzeuge den Verbrennern durchaus überlegen sein können, wenn die Fahrer erst einmal lernen, mit ihrer brachialen Kraft umzugehen. (Volker Weber [2])


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[1] http://www.formulastudent.de/
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