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Der neue Renault Zoe mit E-Motor im Fahrbericht

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Renault hat sich beim Thema Elektroauto weit vorgewagt. Kein Großserienhersteller hat derzeit ein derart breit aufgestelltes Angebot in dieser Richtung. Im Juni kommt der Renault Zoe auf den Markt. Wir konnten ihn vor seiner Premiere schon ausprobieren

Lissabon (Portugal), 22. März 2013 – Renault hat sich beim Thema Elektroauto weit vorgewagt. Kein Großserienhersteller hat derzeit ein derart breit aufgestelltes Angebot in dieser Richtung. Das zeugt von einigem Mut, denn bislang greifen nur wenige Kunden zu. Im vergangenen Jahr wurden hierzulande nur rund 3000 E-Autos verkauft. Im Juni kommt der Renault Zoe auf den Markt. Wir konnten ihn vor seiner Premiere schon ausprobieren.

Groß wie ein Clio

Der rundliche Zoe ist 4,08 Meter lang und 1,56 Meter hoch. Sein Radstand ist 2,58 Meter lang. Die Abmessungen ähneln denen des neuen Renault Clio, auch wenn sich die Modelle formal stark unterscheiden. Beide sind fast gleich lang und haben auch denselben Radstand, allerdings ist der Zoe elf Zentimeter höher. Detail am Rande: Der Clio und der Zoe laufen beide im französischen Werk Flins vom Band. Die etwas instabil wirkenden Türöffner an den hinteren Seitenfenstern tragen als Gimmick den Daumenabdruck des Zoe-Designers.

Fahrer und Beifahrer nehmen auf gut konturierten Integralsitzen Platz. Das Platzangebot im Fond kann sich sehen lassen: Meine 1,88 Meter werden problemlos untergebracht, es bleibt genügend Raum für Kopf und Beine. Der Kofferraum fasst zwischen 338 und 1225 Liter Gepäck. Angesichts der überschaubaren, äußeren Abmessungen des Zoe ist das ein guter Wert. Ein aktueller VW Golf ist fast 20 cm länger und hat in diesem Punkt nicht wesentlich mehr zu bieten. Leider lässt sich die Rückbank nur im Ganzen umlegen, dabei etsteht auch noch eine Stufe.

Schwergewicht

Der Elektromotor im Zoe leistet maximal 65 kW, das entspricht 88 PS. Die Nenndauerleistung gibt Renault mit 43 kW (58 PS) an. Die Lithium-Ionen-Batterie, welche aus zwölf Modulen und 192 Zellen besteht, hat eine Gesamtspannung von 400 Volt. 22 kWh können gespeichert werden. Ein Leichtgewicht ist der Zoe nicht, leer wiegt der Wagen ziemlich genau 1,5 Tonnen, wovon 290 Kilogramm auf die Akkus entfallen. Die maximale Zuladung beträgt 440 Kilogramm.

Nun aber los: Fuß auf die Bremse, Anlassknopf drücken und den Wählhebel in die Position D schieben. Lediglich das Wort „Ready“ weist darauf hin, dass der Motor läuft. Doch auch nach dem Druck aufs Gaspedal bleibt es im Zoe fast komplett still, nur ein leichtes Sirren mischt sich unter die Abrollgeräusche der Michelin-Reifen. Und es geht richtig flott voran: Minimal vier Sekunden von null auf 50 km/h zeigen, dass der Zoe in der Stadt in seinem Element ist. Die Instrumentierung ist angenehm reduziert, in der Mittelkonsole ist das bereits aus dem Clio bekannte Multimediasystem R-Link samt Navigationssystem serienmäßig verbaut. Der Fahrer blickt auf ein TFT-Display mit folgenden Infos: Füllstand der Batterie, Anzeige für Leistungsabruf oder Rekuperation in verschiedenen Farben, Digitaltacho und Kilometerzähler.

Renault verspricht eine Reichweite von 210 Kilometern im NEFZ. Die Zahl der real möglichen Kilometer liegt auch in diesem Fall darunter und hängt stark von Parametern wie Witterung, Streckenprofil und Geschwindigkeit ab. Unsere Testfahrt führte durch die Stadt, über bergige Landstraßen und etwas Autobahn. Ergebnis: knapp über 140 Kilometer Reichweite. Für die meisten Fahrten im alltäglichen hin und her reicht das, wie Renault nicht müde wird zu betonen. Als „Beleg“ führt der Hersteller eine nicht näher benannte Untersuchung an, wonach in Europa 87 Prozent aller täglich zurückgelegten Strecken weniger als 60 Kilometer lang wären.

Reichenweitenverlängerer

Renault hat sich indes einiges einfallen lassen, um den maximalen Radius zu vergrößern. Dazu zählen eine Innenklimatisierung nach Art einer Zweikreis-Wärmepumpe, die Wärme aus der Umgebungsluft mittels Kompressor verdichtet, sowie ein Eco-Modus. Bei letzterem wird die Leistung des Klimasystems gedrosselt, der Elektromotor bringt nur 50 Prozent seiner Leistung. Das reicht locker, um in der Stadt mitzuschwimmen, an Steigungen und auf der Autobahn wird es aber natürlich zäh. Renault begrenzt den Zoe auf 135 km/h, wer im Eco-Modus dorthin kommen will, merkt bei etwa Tempo 100 einen deutlichen Widerstand im Gaspedal.

Doch so schnell muss man gar nicht unterwegs sein, schon bei niedrigerem Tempo macht das Zoe-Gesamtpaket Laune. Dazu tragen eine direkt ansprechende Lenkung und ein straffes, aber nicht unkomfortables Fahrwerk bei. Ein Aspekt, der beim Fahren auffällt: Anders als bei manchem E-Konkurrenten hat das Loslassen des Gaspedals im Renault relativ wenig Bremswirkung.

Ist die Batterieladung auf zwölf Prozent gesunken, wird der Fahrer optisch und akustisch zum Aufladen ermahnt. Zur Wahl stehen dafür drei Schnellladeoptionen zwischen elf und 43 kW, wo im besten Fall schon nach 30 Minuten wieder 80 Prozent im Akku sind. Die Standardladung erfolgt per Wallbox mit 3,7 kW Ladeleistung, hier muss man zwischen sechs und neun Stunden warten. Eine Lösung für die klassische Steckdose ist bisher nicht vorgesehen, soll aber in Planung sein.

Teurer Haken

Gerade bei Elektroautos ist häufig der Preis ein Knackpunkt. Er dürfte zu den Hauptursachen für die noch immer mauen Zulassungszahlen gehören. Renaults Zoe beginnt bei 21.500 Euro, eine ordentliche Ausstattung mit Navi, Klimaautomatik und Tempomat ist inklusive. Empfehlenswert ist die Ausstattungslinie „Intens“ für 23.500 Euro. Sie bietet zusätzlich Rückfahrkamera, Lederlenkrad, Licht- und Regensensoren sowie elektrische Fensterheber hinten. Immer mit dabei ist ein Gutschein für eine Wallbox mit Basisinstallation.

Doch die Sache hat einen Haken. Für die Batterie wird eine zusätzliche monatliche Miete fällig: Sie variiert je nach Laufzeit und Laufleistung. Los geht es mit 79 Euro für 36 Monaten und 10.000 Kilometer pro Jahr. Der Höchstsatz liegt bei 122 Euro für zwölf Monate und 20.000 Jahreskilometer. Im Gegenzug garantiert Renault eine Batteriekapazität von mindestens 75 Prozent, andernfalls wird der Akku getauscht. Die Mindestlebensdauer der Batterie gibt Renault mit sechs Jahren an. Kaufen kann den Zoe jeder, doch Renault gibt unumwunden zu, dass man dem Kunden, der ohne Garage in der Innenstadt im vierten Stock wohnt, eher zu einem Clio raten würde.

Wenige Gegner

Derzeit ist die Konkurrenz für den Renault Zoe noch überschaubar: Mitsubishi hat schon seit längerem den i-MiEV im Angebot. Er kostet 29.300 Euro, ist aber nur 3,47 Meter lang und kommt auf 67 PS. Ein ähnliches Vermarktungskonzept wie Renault verfolgt Smart mit dem zweisitzigen Fortwo Electric Drive: Das 75 PS starke E-Mobil kostet mindestens 18.190 Euro plus 65 Euro Batteriemiete, eine Wallbox ist hier aber nicht inbegriffen. Noch im Jahr 2013 debütieren zwei Zoe-Gegner aus deutschen Landen: Der BMW i3 dürfte, auch wegen seines hohen Kohlefaseranteils, rund doppelt so teuer werden. VW bringt im Herbst den e-Up auf den Markt.

[Update: 25. März 2013, 10:00 Uhr]

Wir sind im Forum darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich die Batterie-Miete für drei Jahr nicht auf eine Jahresfahrleistung von 10.000, sondern auf 12.500 Kilometer p.A. beziehe. Renault liefert dazu widersprüchliche Angabe. In der Pressemitteilung heißt es: "Alle Angaben zur Batteriemiete jeweils für eine jährliche Laufleistung von 10.000 Kilometern." Auf der Renault-Webseite zum Zoe sind im Kleingedruckten 12.500 Kilometer vermerkt. Auf Nachfrage bei Renault Deutschland teilte man uns schließlich mit, dass bei einer Laufzeit von 36 oder 48 Monaten erst bei einer Jahresfahrleistung von 15.000 Kilometern höhere Kosten entstehen, bis 12.500 km/Jahr gelte der Preis von 79 Euro im Monat.


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