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Von den Neuregelungen profitieren erfahrene Autofahrer und Anfänger

Kfz-Versicherung: 2012 kommen neue Schadenfreiheitsklassen

mfz

Wer als Autofahrer lange Jahre ohne Unfall unterwegs ist, zahlt weniger für seine Kfz-Versicherung. Fahrer, die mehr als 25 Jahre unfallfrei geblieben sind, könnten von einer Neuregelung profitieren

Hannover, 18. Oktober 2011 – Wer als Autofahrer lange Jahre ohne Unfall im Straßenverkehr unterwegs ist, zahlt weniger für seine Autoversicherung. An diesem Prinzip soll auch im kommenden Jahr nichts verändert werden. Ganz im Gegenteil: Fahrer, die mehr als 25 Jahre unfallfrei geblieben sind, könnten unter Umständen von einer Neuregelung bei den sogenannten Schadenfreiheitsstaffeln (SF) profitieren. Das geht aus einer Untersuchung des Internet-Vergleichsportals Aspect Online hervor.

Neue Klassen

Die Allianz hat die Änderungen bereits umgesetzt, weitere große Versicherer wie HUK-Coburg oder HDI ziehen nun nach. Die Versicherten sollen profitieren, weil die obere Prämiengrenze von teilweise 245 Prozent auf bis zu 94 Prozent sinkt – ein Vorteil für einige Fahranfänger. Außerdem ist für langjähriges, unfallfreies Fahren nicht mehr wie bisher bei einem Beitragssatz von 30 Prozent Schluss, sondern es geht zum Teil bis auf 20 Prozent nach unten. Dazu wurden auch die Schadenfreiheitsklassen erweitert und enden nun nicht mehr bei 25 unfallfreien Jahren (SF 25), sondern erst bei 35 Jahren (SF 35).

So steigen Neukunden bei der Allianz seit Mai 2011 mit der Schadenfreiheitsklasse 0 ein, was einem Beitragssatz von 100 Prozent entspricht. Im darauf folgenden Jahr sind dann bei schadenfreiem Verlauf noch 60 Prozent fällig, erläuterte eine Sprecherin. Zwischen der Schadensfreiheitsklasse 6 und 15 sinkt der Beitrag jährlich um ein Prozent, danach nur noch alle zwei Jahre um ein Prozent. Nach 35 Jahren ohne Unfall kommt man so in die höchste Rabattgruppe, was einem Beitragssatz von 25 Prozent entspricht.

Kein Retter mehr

Das neue Rabattsystem birgt jedoch einen handfesten Nachteil für die Versicherten, den die meisten Versicherer verschweigen: Den sogenannten Rabattretter gibt es nicht mehr. Als kostenlose Zusatzleistung bei leistungsstarken Tarifen, die besonders für langjährig unfallfreie Fahrer (ab SF 25) interessant ist, erlaubt der Rabattretter die Übernahme eines Schadens, ohne dass die Kfz-Versicherung im Folgejahr teurer wird. Diese bei den Kunden sehr beliebte Kulanzklausel fällt in der neuen Rabattstaffel ersatzlos weg. „Das sollten Autofahrer mit günstigen SF-Klassen, die einen Wechsel zu einem Anbieter mit neuer Schadensstaffel in Betracht ziehen, unbedingt bedenken. Denn im Schadensfall ist der Prämienvorteil schnell weg und man zahlt sogar noch drauf“, warnt Wolfgang Schütz, Vorstand der Aspect Online AG.

Der von vielen Versicherern angebotene Rabattschutz taugt nur bedingt als Alternative: Er muss erstens zusätzlich gegen Aufpreis abgeschlossen werden, und der Kunde kann ihn zweitens bei einem erneuten Versicherungswechsel in der Regel nicht mitnehmen. Hatte der Kunde also einen Unfall, rutscht er beim neuen Versicherer trotzdem in eine schlechtere Schadenfreiheitsklasse.

Nicht alle machen mit

Weitere Schwäche der neuen Schadensstaffeln: Bei weitem nicht alle Anbieter machen mit – Axa und Gothaer beispielsweise wollen erst einmal alles beim Alten lassen. Zudem gilt die Umstellung nur für Neuverträge und nicht für Bestandskunden. Die Konsequenz: Die Prämienlandschaft bei den Kfz-Policen wird noch unübersichtlicher als sie ohnehin schon ist. Umso mehr, weil die Versicherungsgesellschaften bei der Neustaffelung eine unterschiedliche Abstufung verwenden – so senken einige Anbieter den niedrigsten Beitragssatz auf 20 Prozent, andere auf 25 Prozent.

Tatsächlich günstiger?

Vor allem zwei Gruppen von Autofahren können von der Neuregelung profitieren. „Wer seit mehreren Jahren in der SF 25 fährt, darf genauso wie einige Fahranfänger auf günstigere Beiträge hoffen. Vieles an den neuen Schadensstaffeln ist jedoch optische Kosmetik, die mehr verspricht als sie tatsächlich hält. Insgesamt wird das Prämienniveau vermutlich gleich bleiben“, sagt Schütz. Letzteres war auch nicht unbedingt zu erwarten, schließlich sind dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zufolge im Jahr 2010 zwar 3,7 Prozent weniger Fahrzeuge gestohlen worden, die Gesamtentschädigungssumme stieg aber um 10,5 Prozent auf rund 348 Millionen Euro. Zahlen, die in die Berechnung der Tarife für das Jahr 2012 einfließen.

Bis 30. November kündigen

Um den günstigsten Tarif zu finden, sollten Autofahrer zertifizierte Internet-Portale nutzen, die viele Versicherungen und Tarife miteinander vergleichen. Dabei sollten natürlich die Schadenfreiheitsklassen für das kommende Jahr schon berücksichtigt sein. Viele Versicherungen informieren ihre Bestandskunden erst Mitte November darüber, was sie im nächsten Jahr bezahlen müssen, wenn sie ihren Vertrag nicht ändern. Der Hintergrund: Bis zum 30. November muss der Kunde seine Versicherung kündigen, wenn er zum 1. Januar des Folgejahres wechseln will.


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