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Damit der A1 allradfähig wird, verpasste ihm Audi eine Mehrlenkerhinterachse

Klein aber bissig: der neue Audi A1 quattro

Fahrberichte ghe
Selten: Vom Audi A1 quattro werden nur 333 Exemplare gebaut.

Eigentlich ist der Allradantrieb für den Audi A1 nicht vorgesehen. Doch diese Schmach lässt der "quattro"-Anbieter nicht auf sich sitzen und verpasst dem kleinen die Mehrlenkerhinterachse des TTS – aber nur 333-mal

Åre (Schweden), 24. Februar 2012 – Dass es den Audi A1 nicht mit Allradantrieb gibt, betrübt im doppelten Sinne: Erstens passt das nicht so recht zu einer Marke, die das "quattro" so liebevoll pflegt – und zweitens bleibt der A1 so hinter dem Mini zurück, dem preis- wie imagemäßigen Hauptkonkurrenten. Allerdings ist der A1 auch keine eigene Neukonstruktion wie der Mini und die Hinterachskonstruktion der Polo-Plattform ist nicht für die Aufnahme einer Allradkupplung ausgelegt. So waren Umbauarbeiten erforderlich, die den Rahmen einer üblichen Großserie sprengen: Nur 333 Exemplare soll es vom A1 quattro geben, wir konnten den exklusiven Allradzwerg fahren.

Frechdachs

Der kleine Allrad-Kraftmeier ist immer weiß, auf seinem Dach glänzt immer schwarzer Lack. Es wird ihn ausschließlich als dreitürigen Linkslenker geben. In seinen Frontscheinwerfern schimmern auffällige rote Winkel, aber am ehesten erkennen wir den A1 quattro an seinem Heck: Ein frecher Dachkanten-Flügel kümmert sich dort um die Aerodynamik. Auf dicke Hose macht der Kleine auch weiter unten: Die beiden Endrohre umfassen einen Durchmesser von jeweils zehn Zentimeter.

Alles was geht

Beim Zusammenbau des A1 quattro wird beinahe die gesamte Optionsliste abgearbeitet: Vollausstattung ist Trumpf. Nur eine wohl verzichtbare Anhängerkupplung und ein Schiebedach sind nicht zu bekommen. Die serienmäßigen Sport-Ledersitze sorgen für festen Halt und das ist gut so. Schließlich stehen wir hier nicht umsonst auf einem zugefrorenen See. Unten in der Lenkradspeiche prangt in jedem Wagen stolz der immer gleiche Hinweis "1 of 333" - auf genauere Modellnummern hat sich Audi nicht eingelassen. So wird der Kampf um Auto Nummer eins oder 111 und so weiter umgangen. Richtig schick ist der Schaltknauf des Sechsgang-Getriebes: Aus gerändeltem Metall gefertigt, fasst er sich zum einen prima an und erinnert uns zum anderen an die Krone einer teuren Schweizer Uhr. Außerdem wird unser Blick vom rot hinterlegten Drehzahlmesser magisch angezogen.

Gründlicher Umbau

Um aus dem A1 einen A1 quattro zu machen, mussten die Ingenieure ordentlich schrauben. Statt der serienmäßigen Verbundlenker-Achse sitzt jetzt die Mehrlenker-Achse aus dem TTS unter dem Heck des A1. Damit die Kardanwelle einen freien Durchgang nach hinten hat, musste zudem ein neuer Tank her: Durch die Oberseite des so genannten Höckertanks zieht sich ein Kanal, in dem die Kardanwelle rotiert und somit die Kräfte Richtung Hinterachse schickt. Trotzdem kann der A1-Fahrer auch beim quattro-Modell 45 Liter Super mitführen.

Einen derart kleinen quattro hatte Audi bisher nicht im Angebot und auch bei der Konkurrenz werden wir nicht so recht fündig: Weniger als vier Meter Gesamtlänge, kombiniert mit einem Allradantrieb, finden wir nur beim Land Rover Defender Station Wagon 90, beim Suzuki Swift 1.2 4x4, beim Suzuki Grand Vitara 2.4 Dreitürer und beim Toyota Urban Cruiser 1.4 D-4D 4x4. Keines der genannten Modelle kommt auch nur annähernd an die dynamischen Qualitäten des kleinen Ingolstädters heran – wie wir beim Herumkurven auf schwedischem Eis sofort spüren.

Total verspielt

Zwar schickt der A1 quattro seine Momente meist an die Vorderachse, aber sobald es dort zu Traktionsproblemen kommt, wandert die Kraft über eine Lamellenkupplung innerhalb von Sekundenbruchteilen nach hinten. So werfen wir den Audi-Zwerg in die Drift-Kurve und der Winzling scheint selbst seinen Spaß zu haben. Er stellt sich ein bisschen quer, rotiert seine Hinterräder ordentlich durchs Eis und lässt sich dennoch gut kontrollieren. Eine Neigung zum Übersteuern bringt der A1 quattro nicht mit. Das ESP ist auf dem abgesperrten Eisgelände natürlich ausgeschaltet. Fürs präzise Kurven hat der A1 auch noch die elektronische Differenzialsperre XDS an Bord. Diese bremst bei Bedarf ein oder beide kurveninneren Räder ab. Wer den Eingriff nicht spürt, hört ihn: Mit lautem Knirschen rackern die Bremsklötze auf den Scheiben.

Quirliger Wicht

265 PS hat der Allrad-Gnom unter der Haube, sein maximales Drehmoment von 350 Nm liegt bei einem komfortablen Drehzahlniveau von 2500 bis 4500 U/min an. In 5,7 Sekunden wuselt der A1 quattro auf Tempo 100, mit bis zu 245 km/h schießt der Winzling durch die Gegend. Immerhin müssen sich also die schweren, bei 250 km/h abgeregelten Limousinen in Sachen Vmax nicht vor dem A1 fürchten. Beim Heizen übers kalte Eis hängt unser Wuchtbrummer freudig am Gas, knurrt und gurgelt sich willig nach vorn. Die Sechsgang-Handschaltung flutscht dabei perfekt. Die stets auf der Lauer liegende Kraft sprüht unserem A1 quattro aus allen Poren. Der Verbrauch geht dabei für einen 265-PS-Wagen in Ordnung: 8,6 Liter sacken laut Werk im Schnitt pro 100 Kilometer aus dem Tank.

Ach – der Preis

49.900 Euro verlangt Audi für einen A1 quattro. Das ist extrem teuer für ein Auto aus der Kleinwagen-Klasse. Aber teurer wird es wegen der oben bereits erwähnten Vollausstattung für die Erstkäufer nicht. Dass es nur 333 A1 quattro geben wird, macht ihn wohl wertstabil – der Wagen wird eher verteilt als verkauft. Deutschland muss sich mit zirka 60 der flinken Allrad-Knirpse zufrieden geben. Wer sich jetzt nicht entscheiden möchte, muss dann noch ein Weilchen warten: Ein Audi S1 wird zwar nicht genau so wie der A1 quattro kommen, aber immerhin wird er kommen.


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