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Neuvorstellung Mercedes GLC Coupé

Lücken-Kopie

Autos Martin Franz
Mercedes

Mercedes orientiert sich beim neuen GLC Coupé erstaunlich nah am BMW X4. Als Basis dient die C-Klasse, was Kosten spart und eine solide Rendite verspricht. So gesehen ist das einzig verwunderliche, dass Mercedes so lang gewartet hat

Stuttgart, 23. März 2016 – Eine Lücke im aktuellen SUV-Angebot zu finden, scheint gar nicht so einfach zu sein. Kleine und große Modelle gibt es reichlich, Land Rover versucht es gerade mit einem Cabrio, Renault dichtet dem Espace [1] neuerdings ebenfalls SUV-Gene an. Wenn sich keine neuen Lücken auftun, versucht man es am besten mit einer Kopie. Wie in vielen Bereichen hat BMW [2] in diesem Fall mit dem X4 vorgelegt, nun stellt Mercedes mit dem GLC Coupé einen ziemlich ähnlich konzipierten Gegner vor.

Bekannte Basis

Natürlich ist auch dieses Nischenprodukt kein vollkommen neues Auto, sondern basiert auf vorhandenen Modellen. In diesem Fall liefern C-Klasse und der darauf aufbauende GLC die Grundlage. So bleibt dem Coupé nur ein formaler Ansatz, um sich etwas abzugrenzen. Dafür wurde er etwas flacher und länger als ein GLC [3]. Der dicke Hintern gehört zum Konzept und ist von der Kundschaft vermutlich so gewollt. Die Sicht nach hinten dürfte ebenso bescheiden sein wie im kleineren GLA, was dort einem Erfolg nicht abträglich war und auch hier für die meisten Interessenten wohl nicht abschreckend ist.

Die Radläufe sind mit schmalen Kunststoffleisten versehen. Schon die Basisversion bekommt 18-Zoll-Felgen mit auf den Weg, gegen Aufpreis sind bis jetzt maximal 20 Zoll möglich. Ob Mercedes Tuner das Feld der noch größeren Räder dauerhaft überlässt, wird sich zeigen. Schon jetzt steht fest, dass die Reifen durch eine immer geringere Flankenhöhe ihren Teil der Dämpfungsarbeit an andere Teile des Fahrwerks weiterreichen. Um wenigstens noch im Ansatz jeden Federungskomfort bieten zu können, den einst jedes Modell der Marke auszeichnete, müssen die Ingenieure heute einen viel größeren Aufwand betreiben. Serienmäßig ist ein Fahrwerk mit Stahlfedern und verstellbaren Dämpfern. Alternativ gibt es ein Sportfahrwerk und ein Luftfederungssystem. Im GLC kostet das 404 bzw. 2261 Euro. Wir rechnen damit, dass Mercedes im Coupé ähnlich viel verlangen wird. Vermutlich wird nur die teure Version wirklich komfortabel sein, was von den Machern durchaus auch so beabsichtigt ist. Schließlich soll sich das Coupé nicht nur optisch, sondern auch bei der Fahrdynamik etwas vom „normalen“ GLC absetzen können.

Das Interieur stammt nahezu eins zu eins aus der C-Klasse. Auch hier gibt es noch den freistehenden Bildschirm, der mit dem Facelift der C-Klasse vermutlich entsorgt wird. Für wichtiger würden wir ein Update des Infotainmentsystems erachten, denn das gehört zu den wenigen Punkten, die uns bei einem Test [4] nicht überzeugt haben.

Auch die Motoren übernimmt Mercedes [5] allesamt aus der C-Klasse. Zum Verkaufsstart im Herbst wird es die bekannten Vierzylinder-Diesel mit 170 und 204 PS und einen Benziner mit 211 PS geben. Der neue OM 654 mit 194 PS, der in der E-Klasse gerade eingeführt wird, ist für diese Basis vorerst nicht geplant. Noch in diesem Jahr sollen ein AMG-Modell mit 367 PS und ein Plug-in-Hybrid mit einer Systemleistung von 320 PS folgen. Im nächsten Jahr wird wohl eine weitere AMG-Version mit 476 PS folgen, je nach Marktentwicklung wohl auch der Vierzylinder mit 245 PS und ein Sechszylinder mit rund 300 PS. Sollten die Zulassungszahlen von Dieselmodellen stabil bleiben, könnten auch noch stärkere Diesel nachgeschoben werden.

Hybrid mit weniger Gängen

Für den Plug-in-Hybrid verspricht Mercedes 5,9 Sekunden im Standardsprint und einen Verbrauch von 2,6 Litern im Zyklus. Die rein elektrische Reichweite liegt bei „über 30 Kilometern“, so Mercedes. Im GLC 350 d sind es 34 km. Legt man diesen Wert zugrunde und stellt die für den NEFZ relevante Formel R 101 um [6], ergibt sich ein Verbrauch von 6,14 Litern unter Laborbedingungen, wenn das GLC Coupé 350 e nur vom Benziner angetrieben wird. Und noch eine Besonderheit bringt das Plug-in-Hybrid-Modell mit: Während alle anderen eine Neungang-Automatik bekommen, hat das Getriebe hier nur sieben Gänge.

Kaum unter 50.000

Offizielle Informationen zu Preisen gibt es noch nicht. Eine Orientierung, in welche Richtung es gehen wird, liefert aber die Preisliste des GLC. Dort steht das Basismodell inklusive Allradantrieb für 44.506 Euro drin. Mercedes hat schon angekündigt, das Coupé auch ohne die Traktionshilfe [7] anbieten zu wollen, doch die Vermutung liegt nahe, dass kaum eines einen Listenpreis von unter 50.000 Euro haben wird. Das ist auch beim BMW X4 [8] der Fall. Schließlich wollen die Hersteller auch mit Lückenfüllern ordentliches Geld verdienen.


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[2] http://www.heise.de/autos/thema/bmw
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Mercedes-GLC-250d-4matic-2749515.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Der-Reisefuehrer-2594449.html
[5] http://www.heise.de/autos/thema/Mercedes
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Mercedes-S-500-Plug-In-Hybrid-Fabelwerte-beim-Verbrauch-2283162.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/SUV-ohne-Allrad-Stattgelaendewagen-3140606.html
[8] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-BMW-X4-der-stimmigere-X6-2196195.html