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Toyotas Fuel Cell Hybrid Vehicle und eine Wasserstoff-Tankstelle in Berlin

Probefahrt im Toyota FCHV-adv

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Brennstoffzellen werden schon lange als Mobilitätsidee für die Zukunft gehandelt. Bis 2015 sollen die ersten Autos in Serie gehen. Doch bisher tut sich noch wenig. Wir haben ein Fahrzeug gefahren und uns informiert

Berlin, 29. Juli 2011 – "Schon als ich 1979 meine Lehre gemacht habe", erzählt Toyota-Techniksprecher Dirk Breuer, "hieß es, die Brennstoffzelle kommt um die Jahrhundertwende. Aber Autos damit gibt es bis heute nicht." Da hat er recht. Und doch haben sich große Hersteller wie Daimler, Ford und Toyota verpflichtet, die ersten Brennstoffzellenfahrzeuge bis zum Jahr 2015 auf den Markt zu bringen. Wir haben einen von Toyotas fünf Prototypen des FCHV-adv (Fuel Cell Hybrid Vehicle-advanced) gefahren und eine Wasserstofftankstelle in Berlin besichtigt.

Auf Basis des Highlander

Der Toyota FCHV nutzt die Basis eines Highlander, einem 4,74 Meter langen SUV, das bei uns nicht angeboten wird. Unter der Fronthaube befindet sich in der Mitte ein Teil, das man für einen Motor halten könnte, es handelt sich aber um die Leistungselektronik. Darunter ist der Brennstoffzellen-Stack untergebracht und wieder darunter der Elektromotor, der die Vorderachse antreibt. Die Wasserstofftanks, vier Flaschen mit jeweils anderthalb Kilo unter einem Druck von 700 bar, befinden sich unter dem Fahrzeugboden, die Nickel-Metallhydrid-Batterie unter dem Kofferraum. Beim Anfahren fährt der FCHV mit Energie aus der Batterie. Doch der Stack beginnt bald danach zu arbeiten.

Wasserstoff aus den Tanks strömt in den Stack und verbindet sich mit Sauerstoff aus der angesaugten Luft zu Wasser, wobei elektrische Energie entsteht. Der Wirkungsgrad liegt bei etwa 60 Prozent, der Rest geht als Wärme ab – einen Kühler braucht der FCHV also auch. Die Leistung liegt bei maximal 90 kW oder 122 PS. Der Elektromotor hat die gleiche Leistung.

Sechs Kilo Wasserstoff für 800 Kilometer

Für den Anfahrvorgang und für die Bremsenergierückgewinnung gibt es außerdem noch die Pufferbatterie mit einer Kapazität von 1,7 Kilowattstunden - damit ist sie nicht wesentlich größer als die 1,3-kWh-Batterie des Toyota Prius. Mit den sechs Kilo Wasserstoff an Bord fährt der FCHV-adv etwa 800 Kilometer weit, der Verbrauch liegt also bei etwa 0,8 Kilo je 100 Kilometer.

Die Fahrgeräusche entsprechen denen eines normalen Elektroautos. Dass der Strom für den Motor aus Brennstoffzellen kommt, ist im Inneren nicht zu merken. Das Auto kommt mit den 260 Nm Drehmoment auf der von uns gefahrenen Stadt-Strecke flott voran. Mit 1880 Kilo ist das SUV auch nicht viel schwerer als der 1835 Kilo schwere Highlander mit 3,5-Liter-V6-Benziner, der in den USA angeboten wird. Sprintdaten gibt Toyota nicht an, doch die Höchstgeschwindigkeit liegt bei immerhin 155 km/h.

Offene Fragen

All das klingt nicht schlecht: Die Reichweite ist gut, das Auto fährt sich flott, die Höchstgeschwindigkeit ist zwar nicht berauschend, aber praxistauglich. Wo liegt also der Haken? Die Hauptprobleme von Brennstoffzellenautos liegen in drei Punkten: Erstens ist die Technik noch teuer. Unser Prototyp ist eine Million Euro wert, wobei ein Gutteil auf den Stack entfällt – auch wenn heute darin nicht mehr Platin enthalten ist als in einem Diesel-Partikelfilter.

Zweitens gibt es noch kein ernstzunehmendes Wasserstoff-Tankstellennetz. Die Karte der Clean Energy Partnership (CEP), einem Firmenkonsortium, das Autohersteller, Energieversorger, Gaslieferanten und Verkehrsbetriebe zusammenschließt, verzeichnet gerade mal acht Tankstellen in ganz Deutschland. Drittens wird der Wasserstoff derzeit hauptsächlich durch Dampfreforming aus Erdgas gewonnen, also aus fossilen Quellen. Dabei reagiert Methan mit Wasser letztlich zu Wasserstoff und dem Treibhausgas Kohlendioxid. Ein Mittel gegen den Treibhauseffekt ist der Betrieb von Wasserstoffautos also derzeit noch nicht.

Ökologischen Sinn ergibt ein Brennstoffzellen-Fahrzeug erst, wenn der Wasserstoff durch Elektrolyse von Wasser gewonnen wird. Der Strom dazu sollte aus regenerativen Quellen stammen. Windkraft wäre ein Kandidat – schließlich fällt der von Windkraftwerken gewonnene Strom oft zu Zeiten an, in denen der Stromverbrauch gering ist. Oder aus Sonnenenergie. Wir haben eine Modellanlage besichtigt, die an die Wasserstoff-Tankstelle von Total in Berlin angegliedert ist. Die installierten Solarpanele liefern zwar nur einen kleinen Teil des Stroms, zeigen aber die Idee auf. Mit der elektrischen Energie wird durch Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. So entstehen aus einem Liter Wasser etwa 100 Gramm Wasserstoff. Der Wasserstoff wird dann durch Kompressoren in drei Schritten auf 350 oder 700 bar verdichtet und kann dann gelagert oder getankt werden. Die Energieverluste von Elektrolyseur und Kompressor betragen dabei rund 35 Prozent.

Und wie geht es weiter?

Wie wird es also mit der Brennstoffzelle weitergehen? Die CEP arbeitet an technischen Lösungen. Was die Infrastruktur angeht, soll die Zahl der Wasserstofftankstellen bis 2012 von acht auf 20 wachsen. Im Juni 2012 soll die erste CO2-neutrale Wasserstofftankstelle am neuen Flughafen Berlin Brandenburg International in Schönefeld entstehen. Dabei kommt der Strom aus einem noch zu errichtenden Windpark in der Nähe. Außerdem soll sich die Fahrzeugtechnik weiter entwickeln. Zurzeit sind 50 Brennstoffzellen-Fahrzeuge im Test unterwegs. Ende 2012 sollen es etwa 125 sein, davon 90 Mercedes B-Klasse F-Cell, 20 Opel HydroGen4, acht Fahrzeuge aus dem VW-Konzern wie der Tiguan HyMotion, fünf Toyota FCHV-adv und zwei Honda FCHV Clarity. Bis zum Jahr 2013 soll außerdem die Flotte von Brennstoffzellen-Bussen auf knapp 30 anwachsen – in Berlin, Hamburg sowie Nordrheinwestfalen.

Laut Toyota-Sprecher Breuer empfiehlt sich die Brennstoffzelle hauptsächlich für größere Fahrzeuge – Busse, Lkw und große SUVs. Für mittelgroße Fahrzeuge sind Hybrid- und Plug-in-Hybridantriebe die beste Lösung. Mitte 2012 will Toyota den Prius Plug-in-Hybrid auf den Markt bringen. Das Auto soll etwa 9000 Euro teurer werden als der normale Prius, das wären etwa 35.000 Euro. Der reine Elektroantrieb eignet sich laut Breuer vor allem für Kleinfahrzeuge: Motorräder, Fahrzeuge wie den Segway oder Dreiräder, aber auch Autos von der Größe eines Toyota iQ.


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