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Probefahrt: neue Motoren im Fiat 500L

Wahlkabine

Fahrberichte Florian Pillau
Fiat ergänzt die Motorenpalette des 500L um zwei weitere Aggregate.

Der Fiat Minivan 500L bekommt zwei weitere Motoren. Den beiden bisher angebotenen Aggregaten wird ein neu entwickelter Vierzylinder-Diesel und der 0,9-Liter-Zweizylinder-Ottomotor mit Turboaufladung zur Seite gestellt. Beide mit ganz spezifischen Qualitäten

Cannes (Frankreich), 26. Februar 2013 – Nach der Parlamentswahl droht erstmal Stillstand in Italien – außer bei Fiat: Im 500 L hat man nun gleich vier Wahlmöglichkeiten bei den Motoren und jede Wahl garantiert Fortbewegung. Den beiden bisher angebotenen Aggregaten wird ein neu entwickelter Vierzylinder-Diesel und der 2011 als "Engine of the Year" ausgezeichnete 0,9-Liter-Zweizylinder-Ottomotor mit Turboaufladung zur Seite gestellt. Doch welcher Kandidat ist der Richtige?

Kräftiger Multijet

Der neue 1,6-Liter-Multijet-Turbodiesel leistet 105 PS und stellt ein hohes maximales Drehmoment von 320 Nm zur bereit. Zum Vergleich: Ein BMW 318d holt die gleiche Kraft aus 2 Litern Hubraum. In der Praxis lässt sich der auf dem Punto basierende große Bruder des 500 damit sehr gut bewegen. Selbst an Steigungen kommt man mit den rund 1,5 Tonnen zügig voran. Dies rührt auch daher, dass die Drehmomentspitze schon bei 1750/min anliegt. Die Lautstärke hält sich stets in Grenzen, lediglich bei niedertouriger Fahrweise wird es etwas brummig im Innenraum. Die in beiden neuen Motorvarianten serienmäßige Start-Stopp-Automatik arbeitet tadellos und sanft. Sie soll unter anderem dazu beitragen, den Normverbrauch auf 4,5 Liter pro 100 Kilometer zu drücken. Am Ende unserer nicht gerade gemächlichen Probefahrt standen etwas mehr als sechs Liter auf der Anzeige des Bordcomputers.

Die Gänge des serienmäßigen Sechsgang-Getriebes werden über einen langen und klobigen Schalthebel sortiert. Dieser ist zwar gut erreichbar, liegt aber nicht sonderlich angenehm in der Hand. Die Schaltung ist ansonsten unauffällig, die Stufung des Getriebes stimmig.

Schwächen in Fahrwerk und Lenkung

Während der Fahrt über hügelige und kurvige Straßen offenbart das Fahrwerk einige Schwächen. Es federt poltrig und leitet Rillen und Wellen nahezu ungefiltert weiter. Die Lenkung ist besonders um die Mitte sehr indirekt. Bei schnellerem Fahren hat man das Gefühl, als bestünde die Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern aus Gummi.

Funktional, aber nicht perfekt

Das Cockpit des Fiat 500L ist benutzerfreundlich gestaltet. Trotz seines ungewöhnlichen Designs befindet sich alles dort, wo man es erwartet. Die Materialanmutung überzeugt, die Verarbeitung weniger: Bei unserem Testwagen ließ sich eine angeklebte Plastikverkleidung im oberen der beiden Handschuhfächer ohne Mühe lösen. Außerdem fielen die Spaltmaße zum Teil sehr ungleichmäßig aus. Das Radio mit Fünf-Zoll-Touchscreen gefällt durch einen großen Funktionsumfang, allerdings ist die Bedienung manchmal fummelig.

Die Beinauflagen der Sitze fallen für einen 1,84-Meter-Mann eindeutig zu kurz aus. Alle anderen Dimensionen im Innenraum sind mehr als ausreichend. Die Beinfreiheit im Fond ist ausgesprochen gut, lediglich die Kopffreiheit ist für Personen über 1,75 Meter Größe eher knapp.

Sportlich tönender Zweizylinder

Ab sofort ist auch für den 500L eine aufgeladene Variante des aus dem Punto und dem 500 bekannten Zweizylinder-TwinAir-Motors bestellbar. Sie leistet wie der neue Diesel 105 PS. Das maximale Drehmoment ist für einen 900er beachtlich, reicht mit 145 Nm aber nicht einmal an die Hälfte der Selbstzünder-Kraft. Im Eco-Modus wird es gar noch auf 120 Nm begrenzt, die Leistung beträgt dann 98 PS. Ob mit oder ohne Eco: Im Alltag fühlt sich der winzige Ottomotor naturgemäß wesentlich kraftloser an als der Selbstzünder. Den Normverbrauch von 4,7 Liter überboten wir während unserer Probefahrt mit knapp acht Liter deutlich. Ein sehr kurz übersetzter erster Gang soll das Anfahren erträglich gestalten, was jedoch nur in Grenzen funktioniert. Die sportliche Klangkulisse des Zweizylinders aber kann für vieles entschädigen. Besonders bei scharfem Beschleunigen klingt der 500 wie ein Motorrad. Und so wundert es nicht, dass Fiat bereits mit einem namhaften italienischen Motorradhersteller zusammenarbeitet, um eine Sport-Variante dieses Aggregats zu entwickeln. Sagt jedenfalls Fiat-Motorenentwicklungschef Aldo Marangoni.

Wahlausgang: Knappe Mehrheit für den Twinair erwartet

Fiat rechnet damit, dass sich rund ein Viertel der 500L-Käufer in Deutschland für den Zweizylinder-Benziner und gut 20 Prozent für den neuen Selbstzünder entscheiden werden. Als Preis für den 500L TwinAir nennt Fiat mindestens 18.500 Euro in Verbindung mit der "Easy"-Ausstattungslinie. Die Markteinführung des 1,6-Liter-Multijet-Diesel erfolgt Ende März 2013 zu Preisen ab 19.800 Euro.


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