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Die einstige Kultmarke steht vor einer ungewissen Zukunft

Quo vadis, Bimota?

Motorrad iga
Die Bimota BB3 trägt den Motor der erfolgreichen BMW S 1000 RR, kommt jedoch nicht annähernd auf deren Stückzahlen. Kein Wunder bei einem Preis von 43.500 Euro.

Es ist traurig mitanzusehen, wie die einst so stolze und erfolgreiche Marke Bimota zu einem Schatten ihrer selbst wird und wie ein Wanderpokal an Dilettanten weitergereicht wird. Hat die italienische Marke noch eine Chance?

Bimota – früher hatte dieser Name einen faszinierenden Klang, Sportmotorradfans bekamen feuchte Augen und gerieten ins Schwärmen. Die Marke aus dem italienischen Rimini baute um die Motoren anderer Hersteller wunderschöne Motorräder auf. Kein geringer als Massimo Tamburini gehörte 1973 zu den drei Begründern der Marke (er ist das „ta“ in Bimota). Später sollte er als Designer Ikonen wie die Ducati 916 entwerfen. Auf die Idee, eigene Motorräder umzubauen, kam Tamburini als er in den frühen 1970er-Jahren mit seiner Honda CB 750 Four auf der Rennstrecke in Misano stürzte, weil der Rahmen viel zu weich für die Motorleistung ausgelegt war. Also konstruierte der gelernte Installateur seinen eigenen Rahmen – die Geschäftsidee war geboren. Tatsächlich hatten viele Motorräder damals zwar leistungsstarke Antriebe, aber zu schwach dimensionierte Rahmen und Radaufhängungen. Selbst als Tamburini 1983 die Firma verließ, war der Ruf von Bimota so gut, dass die Produktion nicht einbrach. Zu ihren besten Zeiten liefen rund 1000 Motorräder jährlich in der Fabrik an der Adria vom Band.

Doch die großen Hersteller lernten, wie man stabile Fahrwerke baute und schließlich waren sie so hervorragend, dass selbst Bimota kaum noch etwas verbessern konnte. Die hochpreisigen Kleinserien-Modelle waren kaum mehr verkäuflich und in den 1990er-Jahren gab es bei Bimota einige Besitzerwechsel. Schließlich meldete Bimota im Jahr 2000 Insolvenz an.

Immobilienmakler als Retter?

Ein Jahr später kaufte der Mailänder Unternehmer Roberto Comini die Firma und Bimota produzierte wieder Motorräder mit Ducati-Motoren. Doch auch er konnte die Firma nicht in die Gewinnzone fahren, schließlich wurden nur noch 60 Motorräder im Jahr hergestellt und so stand Bimota 2013 erneut zum Verkauf. Zur Überraschung der Fachwelt wurden Marco Chiancianesi und Daniele Longoni aus Lugano (Schweiz) die neuen Besitzer – zwei Immobilienmakler, die sich zwar selbst als Motorradfans bezeichneten, aber in der Branche ansonsten keinerlei Erfahrungen vorweisen konnten. Mit viel Glamour stellten die beiden sich auf der EICMA 2013 in Mailand vor. Sie verkündeten, eine Bimota mit dem Motor der BMW S 1000 RR bauen zu wollen und in die Superbike-WM einzusteigen. Wer ein bisschen Ahnung von der Materie hatte, wurde jetzt schon stutzig. Beide Projekte würden immense Summen verschlingen – woher sollte das Geld kommen? Zumal man sich doch eigentlich auf die Produktion konzentrieren sollte.

Doch zunächst gab es in Deutschland ein bizarres Gerangel um den Importeur. Der Ex-Rennfahrer Stefan Prein pochte auf einen alten Vertrag, dass er alleiniger Deutschland-Importeur sei, wohingegen die neuen Bimota-Besitzer den Federbein-Hersteller Benny Wilbers den Vorzug gaben. Wilbers war fortan für die Lieferung von Bimotas nach Deutschland, Österreich, die Benelux-Länder und Schweiz zuständig.

Regeländerung für Bimota

Für den Einstieg von Bimota in die Superbike-WM änderte Veranstalter Dorna sogar die Regeln: Statt 2000 Einheiten mussten nur noch 1000 Einheiten in zwei Jahren von dem betroffenen Modell verkauft werden und für die Rennteilnahme wären es für die Bimota BB3 nur 125 Exemplare innerhalb der nächsten vier Monate. Bei einem Stückpreis von satten 43.500 Euro war aber selbst das ein utopisches Unterfangen. Den Motorenspender BMW S 1000 RR gibt es schon für 16.950 Euro und der ist sicher nicht langsamer als die BB3.

Dabei machten die beiden Bimota BB3 unter Christian Iddon und Ayrton Badovini in der Superbike-WM zunächst einen guten Job und erreichten ordentliche Platzierungen. Bis dann am 28. August Bimota von der Superbike-WM ausgeschlossen wurde. Der Hersteller konnte nicht einmal ansatzweise die erforderlichen Stückzahlen vorweisen. Anscheinend wurden bislang ganze 40 BB3 verkauft und die litten auch noch unter Elektronikproblemen. Dabei waren nach den ersten Erfolgen in der WM etliche Bestellung eingegangen, aber angeblich warten immer noch 60 Kunden auf die Auslieferung ihrer Motorräder. Doch Bimota kann nicht liefern. Importeur Benny Wilbers machte Druck in Rimini, weil seine Kunden langsam ungeduldig wurden. Als Reaktion kündigte Bimota ihm den Importeursvertrag.

Keine Motoren

Marco Chiancianesi und Daniele Longoni machen BMW verantwortlich, weil sie die Motoren nicht liefern. BMW weist auf ausstehende Rechnungen hin, die Bimota nicht beglichen hat. Offensichtlich fehlt bereits nach einem Jahr das Geld, und wie es reinkommen soll, weiß wohl nur die Geschäftsführung. Hoffentlich. Denn das Bimota-Programm besteht, abgesehen von der BB3, fast nur aus Modellen, die von den luftgekühlten Ducati-Zweiventil-Motoren angetrieben werden. Den produziert Ducati aber gar nicht mehr.

Ab 2016 wird ABS in der EU bei neuzugelassenen Motorrädern Pflicht und die BB3 ist das einzige Bimota-Modell mit dem Bremsassistentsystem. Ergo müsste die kleine Marke zügig neue Modelle entwickeln, was aber wiederum mit hohem finanziellem Aufwand verbunden wäre. Vor kurzem verkündete Longoni noch vollmundig dem Magazin „Speedweek“: „Unser Problem ist nicht das Geld, wir verkaufen ja laufend Bikes. Klar, wir müssen insgesamt 1000 BB3 produzieren. In zwei Jahren sehe ich darin kein Problem. Wenn ich mir die ganzen Vorbestellungen anschaue!“ Augenwischerei gehört bei Immobilienmaklern wohl zum Geschäft, aber damit verkauft man nicht ein Motorrad mehr. Die Website von Bimota ist seit einigen Wochen abgeschaltet, lediglich auf der Startseite bekommt man zu lesen: „A new website is coming soon.“ Fragt sich nur, ob sie dann nicht die nächste Insolvenz verkündet.


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