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Subaru bietet im Forester endlich wieder den lange vermissten Turbo-Boxer an

Stealth Fighter

Fahrberichte Marc Ziegler

Zugegeben, das Bild vom Wolf im Schafspelz ist alt, aber zu welchem Auto passt es so gut wie zu diesem bieder aussehenden Nischen-Japaner? Subaru bietet nach fast sechs Jahren Abstinenz endlich wieder eine turbogeladene Version des Boxer-Benziners an

München, 21. Januar 2014 – Die Freude könnte kaum größer sein: Subaru bietet nach fast sechs Jahren Abstinenz endlich wieder eine turbogeladene Version des Boxer-Benziners an. Seit 2008 der Diesel auf dem deutschen Markt erschien, fühlten sich Benzinerfreunde mit sportlichen Ambitionen einfach ausgeblendet. Der 150-PS-Sauger war zwar auch ein feines Aggregat [1], aber es fehlte ihm das Ungestüm der aufgeladenen Variante, welches die dezente Optik des Forester mit einem sensationellen Turbotritt gewissermaßen zu einem Stealth Fighter gepaart hat. Das gilt auch in seiner gründlich überarbeiteten Version.

Wolf im Schafspelz

Zugegeben, das Bild vom Wolf im Schafspelz ist alt, aber zu welchem Auto passt es so gut wie zu diesem bieder aussehenden Japaner? Schon die Werte lassen den Blutdruck steigen: 240 PS und 350 Nm Drehmoment, das ist einfach gut, bedenkt man, dass auch der Diesel nicht mehr Drehmoment mobilisiert. Subaru verspricht zwar, dass der grundlegend überarbeitete Motor durch einen längeren Hub "bei niedrigen bis mittleren Drehzahlen mehr Drehmoment entwickelt und daraus ein spontanes und geschmeidiges Durchzugsvermögen resultiert, welches ein ökonomisches Fahrverhalten ermöglicht", die Kraft liegt aber immer noch spürbar erst so richtig ab 2400 Umdrehungen an. Vorher ist nicht viel los, der große Turbolader braucht einfach ein paar Touren, um den nötigen Druck aufzubauen. Aber dann geht es rund mit großem Hurra.

Etwas ratlos könnte einen die Getriebewahl machen. Als eingefleischtem Selberschalter wird mir seit Jahren erzählt, dass ein Automatikgetriebe alles besser kann und dann muss ich mir eingestehen, dass moderne Achtstufenautomaten tatsächlich so gut funktionieren, dass nicht mehr viel zu meckern bleibt. Aber an eines habe ich mich nicht gewöhnen können: Ans stufenlose Fahren.

Subaru lässt dem Kunden keine Wahl. Denn der XT ist immer und grundsätzlich mit der Lineartronic kombiniert, einem stufenlosem CVT-Getriebe, das es bisher nur und ausschließlich für den schwächeren Sauger gab, weil das hohe Drehmoment von Diesel und Turbo nicht übertragen werden konnten. Nun wurde die Technik überarbeitet, hohe Drehmomente kein Problem mehr und das CVT wird im XT verbaut.

Was mich daran so stört? Man fährt wie am Gummiband! Statt sukzessiv Drehzahl aufzubauen, wählt man beim stufenlosen Fahren mit dem Gas praktisch die Drehzahl vor und man wird nur schneller, weil nun das Getriebe die Übersetzung variiert. Dieses kontraintuitive Verhalten fühlt sich falsch an und klingt schlimm. Gebe ich Vollgas, schnellt die Nadel auf 5600 Umdrehungen und verharrt dort, bis ich den Fuß wieder entspanne. Motoren bei Höchstdrehzahl klingen leider immer arg angestrengt und gehen einem schnell auf die Nerven.

Rettung durch Simulation

Zum Glück gibt es SI-Drive. Der simuliert Gänge, die ich mittels Lenkradschaltwippen anwählen kann. Im S-Modus (und in I, also dem normalen Fahrmodus) sind es sechs, in S# (Das steht für „scharf“) kann ich sogar aus acht Stufen wählen. Hier muss ich sogar selbst schalten, die simulierten Fahrstufen werden konsequent bis zum Drehzahlbegrenzer gehalten. So bekommt man wieder das Gefühl selbst Herr der Drehzahl zu sein und auch den gewünschten Tritt in den Rücken, wenn der Turbo seine Zwangsbeatmung aufnimmt.

Tatsächlich macht es kaum einen Unterschied, ob man nun selbst virtuelle Gänge wählt oder das die Automatik erledigen lässt, sportlich voran geht es immer. In 7,5 Sekunden erledigt der Subaru den Sprint von null auf 100 km/h und wird maximal 221 Stundenkilometer schnell. Dabei ist der Forester wie gewohnt recht komfortabel gefedert. Das macht ihn aber nicht weniger agil. Denn dank des tiefliegenden Boxermotors sitzt auch der Schwerpunkt sehr tief. So wankt der Aufbau auch bei vergleichsweise weicher Federung deutlich weniger als bei vergleichbaren Fahrzeugen mit ungünstigerem Schwerpunkt.

Permanent oder permanent automatisch

Alles bei Subaru dreht sich um den Symmetrical AWD, das konsequente Antriebskonzept aus Boxermotor mit niedrigem Schwerpunkt und Allradantrieb. Motor und Getriebe liegen in einer Linie. So ist das Gewicht ideal verteilt. Die Firma rühmt sich damit, der weltgrößte Anbieter für Pkw mit Allrad zu sein. Auch der Forester ist stets mit vier angetriebenen Rädern ausgestattet, allerdings variiert das System je nachdem, welches Getriebe zum Einsatz kommt. Wählt man ein Schaltgetriebe, werden alle Räder permanent mit Kraft beschickt, wobei ein Planetenradsatz die Hinterachse bevorzugt.

Mit der Lineartronic des Turbo hingegen kommt ein automatisch zuschaltendes Antriebssystem mit elektronisch gesteuerter Lamellenkupplung zum Einsatz. Dabei werden die Vorderräder mit 60 Prozent Kraft bevorzugt und bei Bedarf über eine Lamellenkupplung anstelle des Differenzials umverteilt. Diese asymmetrische Kraftverteilung Richtung Vorderachse ist höchst ungewöhnlich - üblich wäre eine Verteilung von 60 Prozent nach hinten, um die Vorderräder wegen ihrer Lenkfunktion zu entlasten und mittels stärkerem Schub an der Hinterachse das Einlenken und damit die Fahrdynamik zu verbessern. Einfluss auf die Arbeit der Lamellenkupplung hat der Fahrer nur begrenzt: Der X-Mode genannte Allrad lässt sich bis zu einer Geschwindigkeit von 40 km/h im Geländemodus sperren, sodass jeweils 50 Prozent der Kraft an beide Achsen geleitet werden. Zugleich aktiviert der Geländemodus auch die Bergan- und -abfahrhilfe, die bei Geschwindigkeiten bis 20 km/h eingesetzt werden kann.

Reiche Ausstattung, nur wenig Optionen

Wie bei Subaru üblich stehen nur wenige Optionen auf zusätzlichen Listen. Statt dessen gibt es zwei Varianten Comfort und Platinum. Bereits die günstigere Ausstattung kann mit Xenonlicht, Klimaautomatik und Rückfahrkamera aufwarten, in der Topausstattung ist dann neben Navigationssystem und Lederausstattung auch ein HarmanKardon Soundsystem enthalten. Lediglich die Metalliclackierung schlägt mit zusätzlichen 540 Euro zu Buche.

XT fahren kostet somit mindestens 39.900 Euro, die Topausstattung erreicht einen Maximalpreis von 43.540 Euro. In jedem Fall ist der Forester damit ein echtes Schnäppchen, vergleicht man den Preis mit ähnlich stark motorisierten Fahrzeugen. Zudem bietet der Subaru den Platz eines Mittelklasse-SUV mit bis zu 1577 Litern Gepäckraumvolumen, maximaler Kopffreiheit und einer Anhängelast von zwei Tonnen.

Nur eines kann der Turbo-Forester nicht: sparen. Die 8,5 Liter Gesamtverbrauch bleiben in weiter Ferne, für diesen Fahrbericht unterbiete ich nur mit Mühe die 10-Liter-Grenze. Der wunderbare Antritt des Turbo-Direkteinspritzers ist aber jeden einzelnen Liter wert.


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