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Wertkonservativ: Mazda MX-5 Skyactiv G 1.5 im Fahrbericht

Wertkonservativ

Fahrberichte Wolfgang Gomoll
Mazda

Bei der vierten Generation Roadsters, der vor 26 Jahren das Konzept „zweisitziges Cabrio“ wiederbelebte, stand der Kampf gegen das Übergewicht an erster Stelle. Dass sich die Fahrdynamik auch dank des neuen Motors und vieler anderer Maßnahmen verbessert hat, konnten wir bereits erfahren

München, 30. Januar 2015 – Wenn Nobuhiro Yamamoto über den neuen Mazda MX-5 [1] spricht, gerät der zurückhaltende Mann mit der rahmenlosen Brille ins Schwärmen: „Wir haben uns über viele Einzelheiten Gedanken gemacht und diese verbessert“, sagt der stolze Baureihen-Leiter. Wer die Detailliebe der Japaner kennt, weiß, dass dies keine leeren Worte sind. Bei der Konstruktion der vierten Generation Roadsters, der vor 26 Jahren das Konzept "zweisitziges Cabrio" wiederbelebte, ging es sogar um solche vermeintlichen Kleinigkeiten, wie den seitlichen Fahrtwind und wie dieser von den Insassen als angenehm empfunden wird. Damit dieser Luftzug den gewünschten Effekt hervorruft, platzierten die Ingenieure die Insassen einfach etwas weiter nach innen.

Stromlos die Mütze versenken

Der Fahrer war und ist zentral beim MX-5. Die Konstrukteure platzierten ihn tiefer und näher zum Schwerpunkt des Fahrzeugs, was nicht nur die Fahrdynamik positiv beeinfluss ist, sondern auch groß gewachsenen Personen die Chance gibt, mit offenem Verdeck zu fahren, ohne dass die Frisur ein Opfer des Windes wird. Beim Versenken der Stoffmütze muss man nach wie vor selbst Hand anlegen, dafür geht es in Sekunden und spart Gewicht. Man braucht keine Bodybuilder-Oberarme, um das Verdeck im Auto sitzend hochzuziehen.

Das Cockpit verzichtet auf Schnickschnack. Die drei Rundinstrumente mit dem zentral angeordneten Drehzahlmesser sitzen in tiefen Röhren und die digitalen Anzeigen mit den weißen Dioden auf schwarzem Hintergrund spielen ein bisschen Retro. Ganz ohne der in Japan beliebten Spielerei geht es auch im offenen Mazda nicht. Er bietet eine farbige Rückmeldung über den Fahrstil: grün bedeutet sehr entspannt, blau normal und weiß blitzt bei ambitionierter Fahrweise auf. Nach wenigen Minuten schenkt man dieser Lichtorgel keine Aufmerksamkeit mehr sondern freut sich über die bequemen Sitze.

Dass der Beifahrer trotz überschaubar gebliebener Außendimensionen gemütlicher Platz findet als bisher, wird mit dem Fehlen eines Handschuhfachs erkauft. Da es im Mitteltunnel Ablagen gibt, ist das verschmerzbar. Der Sitzposition mancher Fahrer käme es im Wortsinne entgegen, wäre die Lenksäule auch in der Weite und nicht nur in der Höhe verstellbar. Um die Agilität des Roadsters gegenüber dem schon sehr wendigen Vorgänger noch weiter zu steigern, wurde der 1,5-Liter-Motor gegenüber dem des Vorgängers 13 Millimeter tiefer und um 15 Millimeter nach hinten versetzt. Darüber hinaus bestehen möglichst viele Teile vom Verdeckgestänge bis zu Versteifungen aus Aluminium. Der Mazda MX-5 ist rund 100 Kilogramm leichter als bisher und wiegt knapp eine Tonne. Das ist eine der besten Nachrichten über den neuen MX, denn er ist bereits 1989 als „affordable, lightweight sportscar“ gestartet und sollte diesen Charakter behalten. Der Vorgänger Mk3 war mit seinen 1121 Kilogramm schon knapp davor, das Konzept zu sprengen.

Präzis, agil und doch langstreckentauglich

Die Lenkung ist leichtgängig und sehr präzis, gibt allerdings wenig Rückmeldung über den Zustand des Asphalts. Sobald man ihn um die Kurven hetzt, signalisiert der Fahrer mit feinem Lenkeinschlag, wohin er will und der MX-5 folgt dem Befehl unterstützt vom freudig mitlenkenden Heck. Dosierter Einsatz per Fahrpedal versetzt das Hinterteil des 3,92 Meter langen Japaners in Bewegung, ohne den Fahrer vor unlösbare Probleme zu stellen. Im Gegenteil: der Tanz mit dem MX-5 hat Suchtpotenzial. Trotz des um 1,5 Zentimeter verkürzten Radstandes reagiert der Mazda MX-5 auch bei hohen Geschwindigkeiten und schlechten Straßen nicht nervös. Das Fahrwerk steckt Unebenheiten lässig weg, ist sportlich abgestimmt und dabei so komfortabel, dass man bei Unebenheiten nicht um seine Bandscheiben fürchten muss. Diesen Spagat aus Agilität und Langstreckentauglichkeit haben die Mazda-Entwickler hervorragend gelöst.

Das 131-PS-Aggregat beschleunigt den Zweisitzer in 8,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, also nur unwesentlich schneller als beim ’89er Ur-MX-5 [2], die Höchstgeschwindigkeit beträgt 200 km/h und der Durchschnittsverbrauch sechs Liter pro 100 Kilometer. Dieser Wert ist natürlich nur bei sehr zurückhaltender Fahrweise realistisch.

Dreh-orgiastischer Motor

Der Motor mit seiner doppelten obenliegenden Nockenwelle wurde technisch auf Mazdas Hochverdichtungskonzept eingeschworen und ist eine wahre Drehorgel bis 7500/min, ein Hochdrehzahl-Konzept, das viel besser zum spaßbringenden Fahrerlebnis passt als so ein moderner, aufgeladener Drehmomentprotz. Dennoch stehen von seinen 150 Nm bereits 90 Prozent schon ab 2000/min zur Verfügung. Das Klangerlebnis ist dem sportlichen Fahren quasi diametral entgegengesetzt: In seiner Zurückhaltung, eher gelassen als elektrisierend will es zu einem Spaß-Roadster nicht so recht passen. Die Ingenieure sollen angeblich überlegen, ob sie den MX-5 für den Europastart mit einem Klappenauspuff ausstatten können.

Die Preise werden sich im Vergleich zum Vorgänger nur unwesentlich ändern. So bekommt man für rund 23.000 Euro einen Roadster, der jeden Meter Spaß macht. Dazu trägt auch die traditionell knackige Sechsgang-Handschaltung mit kurzen Wegen und dem grandios in der Hand liegenden Schaltknauf bei. Von einer Automatik bleiben die Fahrer hierzulande verschont. Wem das 1,5-Liter-Paket zu schmalbrüstig ist, greift zum Zweiliter-Motor, der wie bisher auch, rund 160 PS haben wird.

Anreise, Verpflegung und Probefahrt gingen auf Kosten des Herstellers.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-2534063

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Mazda-MX-5-auf-dem-Pariser-Autosalon-2014-Frisch-geoeffnet-2412959.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Der-Rekord-Roadster-2119197.html