Rutschen auf Baltrum

voriges Bild  1 2 3 4 5 6 7 nächstes

Unser Bild des Tages vom Dienstag: Galeriefotograf Serkan Ilhan beweist Händchen für eine geschickte Lichtführung. Das sagt der Fotograf über sein Bild: "Die Idee auf Baltrum Fotos zu machen, ist für mich als Landschaftshobbyfotografen, mit dem Entschluss dort zum ersten Mal einen Kurzurlaub zu verbringen, unausweichlich gewesen. Im Vorfeld meiner Reise habe ich mich via Google (Maps und Bilder), Apps und Erzählungen anderer Baltrum-Besucher über die Insel erkundigt und meine Fotos gedanklich geplant. Ich habe mir potentielle Motive ausgesucht. Zu diesen gehörte für mich unter anderem klassischerweise der Wellenbrecher. Diesmal sollte, neben dem Graufilter und dem 'normalen' Verlaufsfilter, unbedingt auch mein Reverse Verlaufsfilter für Sonnenaufgänge und -untergänge zum Einsatz kommen. Bis zu diesem Zeitpunkt schwebte in meinem Kopf kein Bild von einer Rutsche. Mir war aber klar, dass ich sicher vor Ort noch einige interessante Motive finden würde. Nach meiner Ankunft machte ich mir ein Bild vor Ort. Der Baltrumer Strand ist sehr tief, breit, feinsandig und schön, zumindest die Seeseite. Ich dachte: eigentlich perfekt für meinen Reverse Verlaufsfilter um Sonnenaufgänge und -untergänge abzulichten. Als Vater fällt einem am Strand zudem sofort auf, dass die Baltrumer sich auch Gedanken über die Aufenthaltsqualität für ihre kleinen Badegäste gemacht haben. Hier gibt es vereinzelt an den Standaufgängen mehrere Zweier-Schaukeln (verzinkt), Klettergerüste oder eben diese einzige aus komplettem Edelstahl gefertigte alleinstehende Rutsche (sehr ungewöhnlich aus meiner Sicht). Klar, gibt es auch Strände, an denen man die eine oder andere Rutsche findet, aber nicht eine komplett aus Edelstahl, vielmehr mit einer Holzkonstruktion oder mit verschiedenen Materialien konstruiert und auch nicht immer alleinstehend, sondern vielmehr in Kombination mit anderen Geräten (Rutsche und Turm; Rutsche und Schaukel, etc). Mir war in dem Moment klar, dass ich mein Motiv am Strand gefunden habe. In meinem Kopf hatte ich das Bild zusammen, ich wollte die Reflexionen durch den Sand und die Sonne auf dem Edelstahl nutzen und diese mit der morgendlichen Lichtstimmung kombinieren. Auf dem Bild sollte man eine verlassene, bedrückende und aber auch gleichzeitig eine zum Rutschen einladende Situation vorfinden, um einen Kontrast zu einer gewöhnlich mit vielen Kindern belebten Rutsche und einem belebten Strand zu erzeugen. Somit war klar, dass ich das Bild am besten nur zum Sonnenaufgang machen kann und ich die gewünschte Lichtstimmung mit dem Wetter und der Zeit abstimmen muss, das heißt ich muss eventuell ein zweites oder ein drittes Mal an den Strand, um das geplante Bild zu machen. In meiner ursprünglichen Überlegung sollte die Rutsche mittig als Seitenprofil abgelichtet werden. Daher musste zur genaueren Ausrichtung mein Stativ mit. Die Lichtstimmung und Reflexionen wollte ich mit meinen Filtern beeinflussen. Anschließend ging es in die Umsetzung des Plans. Ich hatte mir den Wecker für 5 Uhr gestellt und 45 Minuten Vorbereitungszeit eingeplant, damit ich den Sonnenaufgang ab 5.45 Uhr Uhr einfangen kann. Bevor ich jedoch losging, habe ich das Wetter und eine mögliche Lichtausbeute mit einem Blick aus dem Fenster und auf meine Wetter-App eingeschätzt. Ich musste mich zweimal gegen das Fotografieren entscheiden. Beim dritten Mal ging es fußläufig, alles andere wäre auch nicht möglich, zum Motiv. Perfekt, alles passt, kein Mensch am Strand, die Rutsche ist noch da, das Meer rauscht ganz leise und im Hintergrund Vogelgezwitscher. Endzeitstimmung. Ein bisschen mulmig wird einem dann schon. Der Gedanke und das Gefühl, man wäre der letzte Überlebende der menschlichen Zivilisation, lässt in dem Moment die gesehenen Dinge anders erscheinen, also eigentlich perfekt für das geplante Foto. Jetzt muss nur noch diese Stimmung und dieses Gefühl auf das Foto übertragen werden. Der erste Blick auf den Viewfinder wirkt noch sehr ernüchternd, da die Sonne noch nicht am Horizont erschienen ist. Ich nutze die Gelegenheit und richte meine Kamera aus und muss dabei feststellen, dass die Rutsche im Seitenprofil nicht symmetrisch ist. Der Auslauf der Rutsche verläuft schief und kann nicht durch eine Perspektivveränderung der Kamera korrigiert werden, außer vielleicht in der Postproduktion (Photoshop). Egal, denke ich mir, und mache daraufhin ein paar Testfotos. Die Sonne erscheint am Horizont und gibt ein wunderbares weiches und sanftes Licht. Ich entscheide mich, die Rutsche in einer anderen Komposition nach der Ein-Drittel-Regel abzulichten. Die Leiter positioniere ich im rechten Drittel des Bildes und der Auslauf der Rutsche läuft in die untere Bildmitte. Das Licht, die Komposition und die Stimmung gefallen mir." Kameraausrüstung: Sony A7RIII mit Zeiss Loxia 21mm, f/8.0, 0,6s, ISO 100 Postproduktion: Lightroom und NIK Collection.