Die abgewürgte Energie-Revolution

Heute mal wieder was für die Freunde der Verschwörungstheorie.

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Heute mal wieder was für die Freunde der Verschwörungstheorie.

Jeder kennt die Geschichte von dem Erfinder, der einen echten Durchbruch erzielt hat: Eine wahrhaft revolutionäre Erfindung, die dann aber von einem großen Konzern aufgekauft wird, um fürderhin in einem Tresor vor sich hin zu schimmeln. Weil der große Konzern natürlich überhaupt kein Interesse daran hat, dass die technische Neuerung – wahlweise das 1-Liter-Auto, die Super-Batterie oder der Generator für die kalte Fusion – auf den Markt kommt.

Wir alle wissen, dass die Wirklichkeit so nicht funktioniert – das ist eine moderne Legende. Was nun aber der Kollege Steffan Heuer für unser neuestes Energie-Sonderheft ausgegraben hat, kommt dieser Legende schon ziemlich nahe. Es geht um ein Konzept zur effizienten Nutzung von Solarenergie mit Hilfe von Stirling-Antrieben. Die Heißgas-Motoren sitzen im Brennpunkt eines schüsselformigen Reflektors und erzeugen Strom – der „Suncatcher“ hat einen Wirkungsgrad von 34 Prozent. Photovoltaik-Anlagen kommen auf maximal 20 Prozent Wirkungsgrad, und herkömmliche Solarthermie-Kraftwerke wie etwa Parabolrinnen-Anlagen wandeln rund 15 Prozent der Sonnenenergie in Strom um.

Das Unternehmen Stirling Energy Systems (SES) will diese Anlagen in Serie fertigen und daraus große Solarparks errichten. Das Unternehmen selbst konzentriert sich auf die Entwicklung und Herstellung von Großanlagen mit einer Vielzahl parallel arbeitender Aggregate, die seine Tochterfirma Tessera Solar zuerst in Nordamerika und später international installieren und betreiben will. Den Anfang sollten zwei gewaltige Solarparks im heißen und wolkenlosen Südwesten der USA machen.

Doch aus der Energie-Revolution ist vorerst nichts geworden. "Der erste Flop ist das Projekt Calico Solar in der Mojavewüste", berichtet der Kollege Heuer. "Das drei Milliarden Dollar teure Projekt wurde zwar im Herbst 2010 genehmigt, um nach der zweiten Ausbauphase auf rund 19 Quadratkilometern mit 26.450 Schüsseln samt Stirlingmotoren insgesamt 664 Megawatt zu erzeugen (...) Als Abnehmer für mindestens 20 Jahre hatte sich die Stromgesellschaft Southern California Edison verpflichtet, die 13 Millionen Menschen, darunter den Großraum Los Angeles, versorgt."

Doch jetzt kommt's: "Nachdem die Behörden das Projekt abgesegnet hatten, kündigte Edison Ende Dezember überraschend den Abnahmevertrag und wollte unter Hinweis auf eine Vertraulichkeitsvereinbarung keine Gründe für die plötzliche Kehrtwende nennen. Experten spekulieren, dass der Energieversorger sein Mandat für mehr erneuerbare Energiequellen durch traditionelle Photovoltaik-Anlagen erfüllen will, anstatt sich auf Stirling-Technologie zu verlassen." Zu dieser Theorie passt, dass rechtzeitig vor der Jahreswende die Firma K Road Power aus San Diego in die Bresche sprang und dem in Finanznöten steckenden Unternehmen Tessera die Anlage abkaufte. "Nun sollen nur noch die letzten 100 Megawatt des Solarparks mit SunCatcher-Anlagen erzeugt werden, den Rest der Fläche will K Road noch in diesem Jahr mit traditionellen PV-Modulen eines noch ungenannten Herstellers bestücken.“

Wenn das mal kein abgekartetes Spiel ist. Ach ja, unser Sonderheft ist ab heute am Kiosk. (wst)