Prozessorgeflüster

Der IT-Wirtschaft geht es immer besser, auch wenn der isländische Vulkan Eyjafjalla wieder spuckt (und nun sogar wolkig twittert) – da könnten sich neue Partnerschaften ergeben. Und fast abgeschriebene Projekte wie Intels Larrabee-Grafikprozessor lodern vielleicht wieder auf.

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Von
  • Andreas Stiller

Mit der angedachten Partnerschaft zwischen Intel und TSMC wirds wohl nichts – Intel-Kunden wollen von Intel gefertigte Produkte, so Intel-Chef Paul Otellini zu den Plänen, einige Chips vom taiwanischen Auftragsfertiger TSMC herstellen zu lassen. Auch die Partnerschaft mit Infineon beziehungsweise der angepeilte Einkauf von deren Mobilfunkchip-Sparte scheint nicht zustande zu kommen. Das Unterfangen stößt jedenfalls bei der deutschen Seite nicht auf erkennbare Gegenliebe. Die Aktiengesellschaft hat gerade diesen Unternehmensbereich saniert, sieht wieder besseren Zeiten entgegen und baut Kapazitäten in Dresden aus. Sie muss allerdings noch für ein paar Sünden aus der Vergangenheit büßen und zusammen mit anderen „Verschwörern“ wie Samsung, Elpida, NEC , Hynix und anderen wegen illegaler Preisabsprache bei DRAMs vermutlich 300 Millionen Euro Kartellstrafe an die EU abführen. Nur „Verräter“ Micron dürfte wegen der Kronzeugenregelung straffrei ausgehen.

Nvidias Tesla-Karte M2050 sieht spannend aus und hat interessante innere Werte – lässt nur auf sich warten.

(Bild: Nvidia)

Aber andere neue interessante Partnerschaften bahnen sich an, etwa zwischen IBM und Nvidia. So hat IBM jetzt beschlossen, die Dataplex-Server dx360 M3 vorkonfiguriert mit Nvidias Tesla-Karten M2050 anzubieten – vorausgesetzt, Nvidia kann die auf dem Fermi-Chip beruhenden Rechenbeschleuniger auch liefern. „Das ist das erste Mal, dass ein Tier-1-Hersteller GPUs in seine Produktlinie für den Mainstream-Servermarkt einbindet“ frohlockt Nvidas HPC-Chef Sumit Gupta.

Zuvor hatten schon Supermicro, Tyan und Appro bekundet, ihre Server mit M2050 zu bestücken – nur wann? Die früher mal für Mai avisierte Markteinführung der GPU-Versionen fürs High Performance Computing (HPC) ist schon in den Juli gewandert. Zwar waren Nvidias letzte Bilanzzahlen mit fast punktgenau einer Milliarde Dollar Umsatz (Steigerung um 51 Prozent gegenüber Vorjahr) und 128 Millionen Dollar Gewinn (gegenüber einem Verlust von 201 Millionen vor einem Jahr) sehr positiv, doch die andauernden Verzögerungen sowie die vermutlich weiterhin großen Probleme bei der Herstellung der Fermi-Chips zwangen Nvidia zur Bekanntgabe schlechterer Prognosen fürs nächste Quartal – und schwups brach tags drauf der Aktienkurs gleich um 11,5 Prozent ein.

Zumindest ein paar M2050-Prototypen werden wohl ihren Weg zu der Ende Mai beginnenden internationalen Supercomputer-Konferenz ISC10 in Hamburg finden. Dann könnte der Kurs schnell wieder steigen, denn fast die gesamte HPC-Szene erwartet geradezu gierig die neuen Tesla-Karten.

Zahlreiche Vorträge über den Einsatz von GPUs sind in den wissenschaftlichen Sessions der ISC10 eingeplant, dazu Tutorien und Diskussionen – vornehmlich rund um Nvidia und CUDA. Denn während im Grafikbereich wegen heftiger Konkurrenz durch ATI Radeon die Aussichten für Nvidia weniger rosig sind, kann Tesla bei HPC punkten, und das umso mehr, wenn die neuen Chips mit den vielversprechenden Features verfügbar sind: Hohe Performance für doppeltgenaue Gleitkommaberechnungen, ECC-geschützte Speicher, große Speicherkapazitäten dank 64-bittiger Adressierung, parallellaufende Kernels und mehr – da kann ATIs aktuelle Stream-Linie nicht wirklich gegenhalten. Im nächsten Jahr will allerdings ATI mit einer neuen Architektur (Northern Islands) in den HPC-Gewässern mehr Land gewinnen

Intel ist mit seiner GPU-Version namens Larrabee auch noch nicht aus dem Rennen. Die Larrabee-Grafikchips seien nicht tot, bekräftige Otellini auf einem Analystentreffen. Die gleiche Anzahl Entwickler arbeite weiter emsig an dem Projekt so wie vor sechs Monaten, als man die für den Desktop-Grafikmarkt gedachte erste Version weitgehend einstampfte. Ein paar davon sollen allerdings auf Entwickler-Boards zum Einsatz kommen, die Intel vermutlich im November auf der Supercomputer-Konferenz in New Orleans vorstellen wird. Sie sollen mit dem von ihnen unterstützen neuen Instruktionssatz für die 512 Bit breite Vektor-Einheit den Boden für neue Larrabee-Generationen bereiten. Die müssen sich dann zunächst im HPC-Umfeld bewähren, bevor man einen Angriff im Grafikbereich gegen die ATI- und Nvidia-Übermacht wagt. Wuchern will Intel hier vor allem mit einem gemeinsamen Speichermodell von CPU und GPU – eine Option, die Nvidia mangels passender CPU erst einmal verschlossen bleibt.

Eigentlich sollte ja auch der PowerXCell-Prozessor in diesem Reigen mitspielen, aber den hat IBM inzwischen aus der Roadmap gestrichen. Ab Ende Juni wird IBM nun keine Ersatzteile mehr für das Cell-Blade QS21 liefern und die Tage des neueren QS22 mit PowerXCell 8i dürften auch gezählt sein.

2200 Playstation 3 hat die amerikanische Luftwaffe zu einem Supercomputer verschaltet – doch mit Nachschub siehts nun schlecht aus.

(Bild: Mark Barnell / Mayer@wpafb.af.mil)

Für das beschleunigte Ableben von Cell für HPC sorgte zudem Sony im April, als die Firma mit dem neuen Betriebssystem die Bootoption Linux aus der Playstation 3 verbannte. Inzwischen läuft in Kalifornien eine Sammelklage (class action) gegen diese Entscheidung: Die PS3-Besitzer fordern Bestandsschutz. Zu den Betroffenen gehört auch die amerikanische Luftwaffe, die über 2000 PS3s in großen Clustern betreibt und sich nun bitter über den Linux-Entzug beklagt, etwa beim Ersatz defekter Systeme. Und schon heißt es, Sony bedrohe die amerikanische Sicherheit …

Mehr Infos

ISC10 live im Internet

Highlights wie die Begrüßungsansprache von Intels Server-Chef Kirk Skaugen („HPC Technology Scale-up &Scale-out“), die Bekanntgabe der neuen Top500-Liste der Supercomputer und die „Hot Seat Sessions“ – das sind kurze 10-minütige Vorträge der Firmen mit anschließender Befragung durch „Inquisitoren“ – können alle, die sich für den HPC-Einsatz in Wissenschaft und Technik interessieren, dank Hilfe der Universität Hamburg ab dem 31. Mai live im Internet verfolgen: http://lecture2go.uni-hamburg.de/live .

(as)