Prozessorgeflüster

Unter den Klängen des Zauberlehrlings präsentierte HP in Boston ihren neuen Zauberchip PA8000 - fragt sich nur, wer denn dann wohl der Meister ist; etwa Intel? Immerhin soll ihr gemeinsames Kind, der 'Merced-es' unter den Prozessoren, in knapp zwei Jahren gut die dreifache Performance des PA8000 erreichen.

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Von
  • Andreas Stiller

Bis dahin hat HP noch zwei bis drei Upgrades ihres PA8000 in Planung. Neben höheren Taktraten - 233 MHz wahrscheinlich noch dieses Jahr - steht der PA8200 auf dem Programm, der im Oktober auf dem Microprocessor Forum vorgestellt werden soll. Vermutlich wird der PA8200 mit On-Board-Caches aufwarten, denn der PA8000 hat gar keine.

Interessant ist HPs Einschätzung, daß bis zum Jahre 2000 neben Intel/HP höchstens noch der PowerPC eine Überlebenschance habe. DEC, MIPS, Sparc - alle zum Absterben verurteilt, und zwar nicht wegen Qualität oder Performance, sondern einzig und allein wegen fehlender Massenbasis. Bei 4 Milliarden Dollar für eine moderne Fab könne sich nur noch der auf dem Markt behaupten, der Prozessoren in Zig-Millionen-Auflage herausbrächte.

In der Tat, der ökonomische Druck insbesondere auf den bisherigen Performance-Leader DEC ist groß, der Corporation geht es ziemlich schlecht, weitere Entlassungen sind angesagt. Vizepräsident Enrico Pesatori hat Anfang Juli das Handtuch geworfen.

Möglicherweise hilft jedoch der StrongARM-Prozessor aus der Bredouille: Da bräuchte sich ja nur ein großer Automobil-Hersteller für den bei weitem schnellsten Embedded-Prozessor zu erwärmen - und schon sind Millionen Stückzahlen drin, die DECs Fabs und dem Portemonnaie gut täten.

In der x-86-Szene geht's ebenfalls vielen schlecht. Neben AMD meldet auch Cyrix voraussichliche Verluste im zweiten Quartal (etwa 15 Millionen Dollar) an. Erschwerend kommt hinzu, daß Chiplieferant IBM Cyrix allerorten unterbietet. So schnappte IBM dem Partner einen Escom-Auftrag weg; fraglich ist nur, ob nach dem Escom-Vergleich davon was übrigbleibt.

Auch AMDs K5 hat bislang nicht so durchgeschlagen: mit maximal 100 MHz Takt ist das große Geschäft noch nicht drin. Immerhin hat sich AMD mit Vobis einen großen deutschen Partner mit ausgeglichener Bilanz ausgesucht.

Intel hingegen scheffelt weiter und kauft sich munter überall ein, zuletzt bei CNET Inc., die im Kabel-TV und WWW aktiv ist. Mit dem Medienriesen MCI kooperiert man: MCI vermarktet networkMCI Webmaker auf PPro-Basis. Intels eigene Rechner sind - unter dem Sony-Label - nun auch verfügbar, erstaunlicherweise ohne den von Sony favorisierten 1394-Bus, statt dessen mit USB.

Ein wenig Gegenwind gibt es aber auch. So wurde einmal Intel der Patentrechtsverletzung bezichtigt. Thorn EMI N. America will 'Royalties' in Millionenhöhe, da Intel ein altes Patent von Inmos verletze ('Zero drain overlap and self aligned contact method for MOS devices'), an dem Thorn die Rechte habe.

Apropos Patent, auch zum Thema Mikroprozessor gibt es Neuigkeiten. Kaum habe ich im letzten Geflüster darauf hingewiesen, daß die Urheberschaft noch zu klären wäre - hat wenige Tage darauf das amerikanische Patent and Trademark Office verfügt, daß dem Ingenieur Gary W. Boone diese Ehre zukomme - also weder Intels Faggin noch dem Erfinder Gilbert Hyatt. Wie es heißt, sollen aus dieser Entscheidung keine 'Royalties' abzuleiten sein - man wird sehen, schließlich verdient TI am uralten Kilby-Patent (Erfindung der integrierten Schaltung im Jahre 1959) immer noch ganz gut.

Und einen neuen 16-Bitter stellte TI auch noch vor, den MSP430-Microcontroller, der mit 12-Bit-A/D-Wandler, LCD-Treiber, Timern und seriellen Protokollen mit einer einzigen Lithium-Zelle ganze 10 Jahre laufen soll.

Einige Neuigkeiten zu Intel Klamath sind noch erwähnenswert, diesem Pentium-Pro-Modul mit externem L2-Cache (mit halbem Prozessortakt) und doppeltgroßen L1-Caches. Er soll mit 200 oder 233 MHz Takt arbeiten und über wahlweise 256 und 512 KB L2-Cache verfügen. Man munkelt, daß er zusätzlich die beim PPro 'vergessenen' Segment-Register-Caches aufweisen und somit besser im 16-Bit-Bereich wildern könnte.

Das A0-Stepping für interne Testzwecke ist fertig, für November ist der B0-Step geplant, der als Muster an Boardhersteller herausgegeben wird. Auf dem Markt wird man Klamath-Systeme wohl erst im zweiten Halbjahr 97 sehen.

Den P55C soll Klamath bei gleichem Takt um 20 bis 50 Prozent in 32-Bit-Applikationen abhängen. Dem Pentium Pro ist er bei weniger speicherintensiven Applikationen (SPECint95) etwa gleichwertig, ansonsten unterliegt er knapp (etwa 85% SPECfp95). Dem Vernehmen nach soll das Klamath-Modul erstmalig auch Open Boot unterstützen, ein von Sun entwickelter Standard zur prozessorunabhängigen Hardware-Identifikation und -Konfiguration.

Zunächst wird Klamath mit dem herkömmlichen Natoma-Chipsatz 440FX zusammenspielen. Richtig ins Spiel kommt er aber erst mit dessen Nachfolger 440LX, der einige wichtige Goodies einbringt: SDRAM-Unterstützung, ein Super-IDE-Interface mit 33 MByte/s Datenrate und vor allem AGP-Support. AGP ist ja die neueste Bus-Idee von Intel, ein spezieller Grafik-Bus, der die Daten viermal schneller als PCI von und zur Grafikkarte schaufelt. (as) (as)