Prozessorgeflüster

Die Kreativ-Abteilung von Intel hat nach langem Brainstorming nun den offiziellen Namen für die nächste Prozessorgeneration bekanntgegeben: Intel Core Processor. Und während in Peking die NBA-Profis um LeBron James vielleicht mit Nowitzki und Co. um die Wette hüpfen, startet Intel sein Entwicklerforum IDF.

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Von
  • Andreas Stiller
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Ja, da staunte die Journalistengemeinde über den neuen Namen für die nächste Prozessorgeneration mit Codenamen Nehalem. Der Begriff Core-Prozessor kam einem irgendwie bekannt vor. Erst Core Duo und Solo (mit Pentium-M-Architektur), dann Core 2 (mit Core-Architektur), nun wieder zurück zu Core, diesmal vielleicht mit Core-2-Architektur? Oder wer weiß, welchen findigen Namen die Kreativ-Abteilung hierfür noch ausbrüten wird.

Die erste Familie für High-Performance-Desktop-PCs, darunter der Extreme-Edition-Prozessor mit vier Kernen (Codename Blofeld – oder war’s Bloomfield?), soll dann den Beinamen i7 (nein, nicht i007) bekommen. Wie schon vor einiger Zeit verlautete, soll diese Extreme Edition gegen Ende des Jahres mit bis zu 3,2 GHz Takt im LGA1366-Sockel für Boards mit x58-Chipsatz herauskommen, und zwar um 400 Dollar preiswerter als die jetzige Extreme Edition QX9770. Jahrelang war 999 US-Dollar der typische OEM-Preis für die Spitzenprodukte, mit 1399 Dollar scherte der QX9770 dann kräftig aus, nun will Intel offenbar zur alten Linie zurückkehren.

Apropos Preise: Anfang August erschienen auf der aktualisierten Intel-Preisliste gleich sieben neue Prozessoren, die im Angebotsgestrüpp von Sockelzahl, Takt, Cachegröße, FSB und TDP ein paar weitere Optionen bieten. Einige Quad-Cores wie Q9400 (2,66 GHz, 2 x 3 MByte L2-Cache, FSB1333, 266 US-Dollar) und Q9650 (3,0 GHz, 2 x 6 MByte L2-Cache, FSB1333, 530 US-Dollar) beispielsweise sind bislang noch in keinem Datenblatt oder Revisionsverzeichnis (Specification Update) zu finden. Der billigste Quad-Core, der Q6600 für 193 Dollar, wird noch in 65 nm gefertigt; in dieser Preisregion erwartet man aber in Kürze auch den Q8200 in 45 nm, der dem Phenom des Konkurrenten AMD kräftig einheizen soll.

Die Logos zur nächsten Core-i7- Generation wollte Intel als kleines Bonbon eigentlich erst auf dem Developer Forum IDF, das am 19. August beginnt, präsentieren, doch sickerten sie vorher schon im Internet durch, sodass sich die Presseabteilung genötigt sah, sie vorab herauszugeben. Durchgesickert ist ferner auf einer französischen Website eine Folie mit den Namen der Intel-Chips bis hin zum 22-nm-Prozess im Jahre 2011/12. Dann soll „Ivy Bridge“ im Rahmen der Intelschen Tick-Tock-Taktik im 22-nm-Prozess als verkleinerte Version des Sandy-Bridge-Chips (32 nm) herauskommen und danach als „Tock“ eine neue Mikroarchitektur mit Codenamen „Haswell“. Die französische Website Canardpc.com beziehungsweise Canardplus.com erinnert allerdings nicht nur dem Namen nach ein wenig an die berühmte Satire-Zeitschrift Le Canard enchaîné – wenn die nicht mal aus Spaß eine Ente produziert hat …

Zum vieldiskutierten Grafikchip Larrabee gibt’s derweil zwar noch keinen offiziellen Namen, aber auf der Konferenz der Special Interest Group on Graphics and Interactive Techniques (Siggraph) präsentierten die Entwickler erste weitergehende Details seiner Architektur (Seite 42). Aufsehen erregte auf der gleichen Veranstaltung insbesondere auch Hewlett-Packard mit der nicht unbedingt von Intel abgesegneten Präsentation des ersten Quad-Core-Notebooks. Unter den drei mobilen Dreamcolor-Workstations befand sich unter dem Namen 8730w auch ein 3,5 Kilogramm schwerer 17-Zoll-Laptop, bestückt mit einem mobilen Quad-Core-Prozessor (QX9300, Core 2 extreme Edition mit 2,53 GHz, FSB1066 für 1036 US-Dollar), der eigentlich erst auf der etwa zeitgleich mit dem IDF stattfindenden Games Convention in Leipzig vorgestellt werden sollte. Und kaum war HPs Vorpreschen publik, da folgte unmittelbar Konkurrent Dell mit seinen 15- und 17-Zoll-Precision-Workstations M6400 und M4400.

Den Verbrauch (TDP) des mobilen Quad-Cores EE kennt man derzeit noch nicht, man geht von 45 Watt aus. In San Francisco und Leipzig wird man wohl mehr dazu erfahren. Auf dem IDF dürfte man aber wohl eher den Worten des Prozessorarchitekten Ronak Singhal lauschen, der die nächste Prozessorarchitektur Nehalem detailliert vorstellen will. Und Senior Principal Engineer Larry Seiler wird weitere Einblicke in das Innenleben und die Programmierung von Larrabee geben.

Nvidia hält am Tag danach in Santa Clara einen Editors’ Day ab, wo die Firma wohl nachweisen wird, dass ihre neuen GPUs den erst in einiger Zeit (2009 oder 2010) erwarteten Larrabee alt aussehen lassen. Auf oben erwähnter Siggraph stellte die Firma die D-Serie der Quadro-Plex-Systeme vor (Quadro Plex 2200 D2 VCS), ein extern via PCIe angeschlossenes System mit Platz für zwei Quadro-FX-5800-GPUs, das mit 480 Rechenkernen jeden Desktop in einen „Visual Supercomputer“ verwandeln soll.

Auch bei richtigen Supercomputern will Nvidia mit seinen Tesla-Koprozessorsystemen mitspielen, etwa zusammen mit Bull und dem Grand Equipement National de Calcul Intensif (GENCI), wo bis zum nächsten Jahr ein 300-Teraflops-Rechner aufgebaut werden soll, zwei Drittel davon durch GPU-Power. Nun hat Bull einen Auftrag für einen Supercomputer mit mehreren Petaflops Leistung von der französischen Atomenergiebehörde CEA bekommen, der ähnlich wie der schnellste aktuelle Rechner, der amerikanische Roadrunner in Los Alamos, zur Entwicklung von Atomwaffen genutzt werden soll. Inwieweit nun Nvidias Tesla-Beschleuniger hierbei eine Rolle zukommen soll, ist noch unklar.

Als Basis des Tera 100 genannten Systems ist nicht mehr wie beim Vorgänger Tera 10 der Itanium im Rennen, sondern die x86-Architektur, von wem auch immer … Vielleicht dürfen sie Nehalem noch nicht bekanntgeben, ähnlich wie das Hochleistungsrechenzentrum Nord, das den entsprechenden, verräterischen Hinweis in den HLRN-Informationen schnell wieder entfernte.

Der angesprochene Roadrunner hat inzwischen übrigens einen europäischen Ableger bekommen. Ein bislang nicht weiter beschriebener Prototyp namens MariCel (katalanisch für Meer und Sonne) wird im Supercomputer-Centrum in Barcelona als möglicher Eckpfeiler des geplanten europäischen Rechenverbundes PRACE evaluiert. An diesem Standort arbeitet derzeit der Marenostrum noch mit PowerPC 970, dessen Zeit wohl langsam abgelaufen ist.

Da hat IBM inzwischen weit Besseres zu bieten. Rund 100-mal schneller, so plant man in Barcelona, soll der Nachfolger – dann wahrscheinlich mit IBMs PowerXCell 32i bestückt – im Jahre 2011/2012 sein. Mit zehn Petaflops will man sich so der amerikanischen und japanischen Konkurrenz stellen. (as)