TweetDeck 1.0 – ohne AIR, aber weniger Funktionen?

TweetDeck 1.0 wird veröffentlicht, und jedermann ist begeistert über die Tatsache, dass es sich nun um eine "native App" handele und man nun endlich Adobes AIR-Framework los sei. Aber ist das alles?

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Von
  • Kai König

Das verstehe noch einer. TweetDeck 1.0 wird veröffentlicht, und jedermann ist begeistert über die Tatsache, dass es sich nun um eine "native App" handele und man nun endlich Adobes AIR-Framework los sei.

Zum besseren Verständnis: TweetDeck ist eine Desktop-Anwendung für Twitter, die mehrere Twitter-Accounts unterstützt und daneben auch Facebook, LinkedIn und andere Social-Media-Dienste einbinden kann. Bisher (bis zu Version 0.38.x) wurde diese auf Basis von AIR entwickelt. Ich persönlich habe diese Versionen seit circa anderthalb Jahren benutzt, um an meinen Arbeitsplatz-Rechnern auf verschiedene Twitter-Accounts zuzugreifen.

Nun ist TweetDeck 1.0 erschienen, und anscheinend hat sich Twitter entschieden, von der AIR-Technik Abstand zu nehmen und nativ erscheinende Anwendungen für Windows und OS X zu entwickeln. Daran ist erst mal nichts auszusetzen, und tatsächlich ist zumindest die Version für OS X aus meiner Sicht wirklich gelungen – sowohl optisch als auch hinsichtlich ihrer Bedienbarkeit.

Auffallend ist, dass es anscheinend eine Unmenge von Menschen gibt, die AIR eher weniger mögen. So findet eine Suche nach "TweetDeck Adobe" in Twitter-Tweets Kommentare wie: "Oh, cool ... so now I can use TweetDeck web & not have Adobe cripple my experience? I'll try that." und "Kinda digging the new #tweetdeck. Now with 100% less Adobe Air".

Das ist mir unverständlich – mit dem gleichen Argument müsste man dann sagen, dass man Java oder .NET hasse; gleiches technisches Prinzip einer virtuellen Maschine zum Ablaufen mehr oder weniger plattformunabhängiger Anwendungen. Ist das nur eine weitere Welle von generellem Aktionismus gegen Adobe, oder was steckt konkret hinter diesen Äußerungen?

Dabei ist das neue TweetDeck nicht mal eine native Anwendung. Schaut man hinter die Kulissen des .app-Pakets, stellt man fest, dass es sich um eine HTML-Anwendung handelt, die auch "nur" in einen nativen Wrapper gepackt wurde. Gar kein Problem und davon abgesehen sogar sinnvoll, da Twitter ja auch Applikationen für iPhone, iPad oder TweetDeck für Chrome auf einer ähnlichen technischen Basis hat. Aber hier von einer Umstellung auf native Anwendungen zu sprechen und die Abkehr von AIR zu feiern, ist ein wenig übertrieben und mal wieder Stimmungsmache aus einem bestimmten Lager.

Auch bemerkenswert: TweetDeck 1.0 hat im Endeffekt weniger Funktionen als TweetDeck 0.38.x – es fehlen zum Beispiel die Unterstützung für alle anderen Plattformen außer Twitter und Facebook sowie einiges andere mehr. Man scheint zum Beispiel keine Möglichkeit mehr zu haben, eigene Tweets und anderes zu bearbeiten und zu löschen. Es gibt also durchaus auch kritische Stimmen, die genau diese Probleme feststellen, aber im allgemeinen Rauschen untergehen. ()