Homeland Security

Mehr als 170 000 Mitarbeiter dienen künftig dem ‘Department of Homeland Security’, einem Superministerium, das nur eine Aufgabe hat: Schutz der Vereinigten Staaten vor terroristischen Angriffen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Ende November unterzeichnete der 43. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ein Gesetz, das unsere Enkel womöglich als den Beginn des realen Big-Brother-Zeitalters in Erinnerung behalten werden. Mit seiner Unterschrift unter den ‘Homeland Security Act’ leitete George W. Bush einen Prozess ein, der als ersten Höhepunkt den Aufbau eines riesigen Sicherheitsapparats in den USA vorsieht.

Mehr als 170 000 Spezialisten aus 22 US-Behörden stehen künftig unter dem Befehl des ‘Department of Homeland Security’ (DHS), einer zentralen Staatsschutzbehörde, gegen die sich das ehemalige DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nach Meinung von Datenschützern wie eine misslungene Generalprobe ausnimmt. Allein für den Aufbau der Infrastruktur des neuen Heimatschutz-Ministeriums stehen in diesem Jahr mehr als 35 Milliarden US-Dollar zur Verfügung - was selbstverständlich Begehrlichkeiten in der Industrie weckt. So hat Software-Gigant Microsoft etwa schleunigst den Posten eines MS-Direktors für Heimatschutz etabliert und erwartet von Amtsinhaber Thomas Richey, der auf zwanzig Dienstjahre als Offizier bei der US-Küstenwache zurückblicken kann, dass zahlreiche Beschaffungsaufträge im Rahmen der Homeland-Security-Initiative nun nach Redmond gehen.

Dem ‘Department of Homeland Security’ unter der Leitung von Tom Ridge, bislang Inlands-Sicherheitsberater im Weißen Haus, soll künftig jede Information zugetragen werden, die auch nur im entferntesten einen Hinweis auf potenzielle terroristische Aktionen gegen die Vereinigten Staaten enthält.

Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden im Land wurden per Gesetz dazu verpflichtet, dem DHS unaufgefordert alle relevanten Nachrichten zur Verfügung zu stellen. Ein auf Informationsanalyse spezialisiertes DHS-Direktorat bewertet kontinuierlich das eingehende Material und informiert die US-Regierung über die aktuelle Gefahrenlage. Dem Volk wird die Terrorbedrohung täglich in Form von farbig abgestuften Risiko-Leveln auf Basis des ‘Homeland Security Advisory System’ visuell dargebracht.

Das neue Ministerium hat zudem die Aufgabe, alle gefahrensensiblen Objekte der US-Infrastruktur zu bewachen. Flughäfen, Wasserreservoirs, Kraftwerke, öffentliche Transportmittel, Brücken, Industrieanlagen, Denkmäler - alles steht ab sofort unter der Beobachtung von Mitarbeitern des Heimatschutz-Ministeriums. In den Kommunen wachen so genannte NET Guards über öffentliche Computer-Netzwerke und bereiten Gegenmaßnahmen vor, sollte der apostrophierte Cyber-Angriff eines Tages Realität werden. DHS-Sonderabteilungen wie die SARPA (Security Advanced Research Projects Agency) erhielten den Auftrag, neue Überwachungs- und Informationsverarbeitungstechniken für die Strafverfolgung und Terrorismusbekämpfung zu entwickeln. DHS-Wissenschaftler arbeiten an Plänen, mit denen sich mögliche nukleare, biologische oder chemische Angriffe gegen das Land entschärfen lassen.

Und spätestens mit der umstrittenen Aufnahme des ‘Cyber Security Enhancement Act’ (CSEA), dem bisher schärfsten Gesetz zur Verfolgung von Straftaten im Bereich der Computer-Kriminalität, in das Homeland-Security-Gesetz besitzt das nationale Sicherheitsinteresse der USA auch eine internationale Komponente. CSEA sieht beispielsweise vor, dass Hacker, die durch ihr Eindringen in fremde Computersysteme den Tod anderer Menschen verursachen, zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt werden können - unabhängig davon, ob der Angriff von US-amerikanischem Territorium aus geführt wurde oder nicht.

CSEA erlaubt den Strafverfolgungsbehören darüber hinaus das Überwachen von Telekommunikationsverbindungen ohne richterliche Genehmigung, wenn ein Angriff auf einen Computer über das Internet im Gange ist oder eine ‘unmittelbare Bedrohung von nationalen Sicherheitsinteressen’ vorliegt. Zudem können Zugangsprovider künftig auch ohne richterlichen Beschluss zur Herausgabe von Kundeninformationen gezwungen werden, wenn der Verdacht besteht, dass Internet-Nutzer strafbare Handlungen über das Web planen oder durchführen.

Deutschen Zugangsprovidern bereiten diese weit reichenden Befugnisse unterdessen noch wenig Kopfschmerzen. Andreas Gauger, Vorstandssprecher des Internet-Dienstleisters 1&1, teilte etwa auf Anfrage mit, dass bei seinem Unternehmen in der Vergangenheit noch keine Anfragen US-amerikanischer Behörden zu Verbindungsdaten eingegangen seien. Und auch in Zukunft, so Gauger, würde man einem Auskunftsverlangen außerhalb des US-Hoheitsbereiches wohl nicht Folge leisten, da man sonst gegen die strengen deutschen Datenschutzbestimmungen verstoßen würde.

Einer US-Behörde bliebe somit nur ein Rechtshilfeersuchen an deutsche Behörden. Diese könnten sich dann im Rahmen deutscher Gesetze an den betreffenden Provider wenden. Sofern es um Verbindungsdaten geht, müsse der Provider dann aber auf Vorlage eines richterlichen Beschlusses bestehen. (pmz) (ha)