Schnellstart-Linux

Knoppix ist eine vollwertige Linux-Distribution mit zahlreichen Anwendungen aus den Bereichen Internet, Office, Multimedia, Grafik und Virtualisierung, die direkt von der Heft-DVD laufen. Damit können Sie die Leistungsfähigkeit des freien Betriebssystems detailliert begutachten, ohne es auf der Festplatte installieren zu müssen.

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Inhaltsverzeichnis

Die freie Linux-Distribution Knoppix vereint die bekanntesten Linux-Anwendungen aus den Bereichen Multimedia, Grafik, Office und Programmierung auf einer einzigen Live-DVD. Zudem enthält Knoppix 5.2 sechs aktuelle Open-Source-Virtualisierungslösungen wie Xen, OpenVZ und Qemu schlüsselfertig - der Artikel ab Seite 156 beschäftigt sich eingehend mit deren Möglichkeiten.

Der Benutzer kann zum Beispiel nach Herzenslust sämtliche gängigen Window-Manager einfach über ein paar Mausklicks ausprobieren. Ein besonderes Highlight ist dabei der 3D-Window-Manager Beryl, der nicht nur optische Akzente setzt, sondern auch einige praktische Funktionen mitbringt. Für Unterhaltung sorgen die Multimedia-Anwendungen, allen voran der Video-Player und -Recorder Kaffeine, sowie dutzende Spiele.

Natürlich fehlt es Knoppix auch nicht an Internet-Applikationen. Neben dem Browser Konqueror enthält die Version 5.2 den Firefox-Abkömmling Iceweasel sowie den Mail-Client Icedove, der von Thunderbird abgeleitet ist. Die Internetkonfiguration ist mit wenigen Mausklicks zu bewerkstelligen, egal ob mit Modem, ISDN-Karte oder wie heute üblich per DSL-Modem oder -Router.

Auf den meisten Rechnern startet Knoppix nach Einlegen der DVD automatisch und ohne Probleme, sofern Sie im BIOS die Boot-Reihenfolge so geändert haben, dass das DVD-Laufwerk vor der Festplatte an die Reihe kommt. Die Distribution stützt sich auf eine ausgefeilte Hardware-Erkennung, vertraut ihr aber nicht blind - so verwendet Knoppix standardmäßig eine Farbtiefe von 16 Bit und begrenzt die Auflösung auf 1024 x 768 Pixel, wann immer sich Monitor und Grafikkarte bezüglich der Video-Modi und -Frequenzen nicht einig sind. Dies ist auf TFT-Displays jedoch nur selten eine angenehme Darstellung. Mit der Eingabe von knoppix screen=1280x1024 depth=24 am Boot-Prompt, kurz nachdem die Knoppix-DVD gestartet hat, schalten Sie auf die höhere SXGA-Auflösung bei 24 Bit Farbtiefe um. Die 3D-Unterstützung wird durch Anfügen des Parameters „3d“ aktiviert, Knoppix verwendet dann automatisch den 3D-Window-Manager Beryl, sofern Sie eine der unterstützten 3D-fähigen Grafikkarten haben. Was Sie unternehmen können, falls Knoppix auf Ihrem Rechner gar nicht startet, erklärt der Kasten in c't 7/07 auf Seite 154.

Obwohl Knoppix die Festplatte des Rechners nicht anrührt, haben Sie dennoch die Möglichkeit, Dateien aus dem Internet herunterzuladen oder auch bestehende Dateien von Knoppix zu verändern. Sie können sogar zusätzliche Programme aus dem Internet installieren. Dies ermöglicht das Union-Dateisystem, das neue oder veränderte Dateien in einer RAM-Disk speichert und die Originaldateien der DVD damit verdeckt. Im Betrieb bemerken Sie das nicht, allerdings gehen sämtliche Dateien der RAM-Disk bei jedem Neustart von Knoppix verloren und Sie müssen Ihre Einstellungen stets von neuem vornehmen.

Abhilfe schafft das permanente Knoppix-Image. Das zugehörige Einrichtungsprogramm finden Sie im Knoppix-Menü (zweites Symbol von links) der Startleiste unter „Konfiguration“. Damit erzeugt Knoppix auf einer Festplatte oder einem USB-Stick die Datei knoppix.img und bindet sie als Linux-Dateisystem anstelle der RAM-Disk ins System ein. Die standardmäßig vorgeschlagenen 100 MByte reichen für praktisch alle Konfigurationsmöglichkeiten. In der Auswahlliste für den Speicherort des Knoppix-Image zeigt das Konfigurationsprogramm lediglich die Gerätenamen samt Pfad an. Ob es sich dabei um einen USB-Stick oder eine Ihrer Festplattenpartitionen handelt, erfahren Sie mit einem Blick auf den Desktop - dort steht der Gerätename in eckigen Klammern hinter der Laufwerksbezeichnung.

Beim nächsten Start sucht Knoppix auf allen erreichbaren Laufwerken nach seiner Image-Datei und bindet sie nach Rückfrage ein. Geänderte oder neue Dateien landen dann nicht mehr länger in der RAM-Disk, sondern auf dem Knoppix-Image. So stehen Ihnen Ihre Änderungen auch nach einem Neustart wieder zur Verfügung. Haben Sie Ihre Versuche mit Knoppix beendet und wollen auch das Knoppix-Image wieder loswerden, löschen Sie es einfach von der Platte oder dem USB-Stick.

Aufmerksame Benutzer werden feststellen, dass Knoppix bei jedem Einbinden des Image einen Dateisystem-Check auslöst und nicht selten Fehler automatisch korrigiert. Die Ursache liegt darin, dass das Knoppix-Image beim Herunterfahren nicht rechtzeitig wieder freigegeben wird und Knoppix dies beim nächsten Einbinden bemerkt. Sie können diese Fehlermeldungen jedoch getrost ignorieren.

Knoppix bietet Ihnen für jede Partition, die es auf der Festplatte findet, ein eigenes Symbol auf dem Desktop an. Um zum Beispiel die Windows-Festplatte /dev/hda1 einzubinden, klicken Sie mit der rechten Maustaste auf das Symbol und wählen aus dem Kontextmenü „Laufwerk einbinden“. Daraufhin erscheint rechts unten im Laufwerkssymbol ein grünes Dreieck. Sie können aber auch das Symbol doppelklicken, dann bindet Knoppix das Laufwerk automatisch ein und öffnet auch gleich den Datei-Browser. Knoppix mountet die Partitionen jedoch standardmäßig nur lesbar; wenn Sie Dateien auf der Windows-Partition anlegen oder verändern wollen, müssen Sie bei eingebundenem Laufwerk mit der rechten Maustaste auf das Symbol klicken, aus dem Kontext-Menü „Lese-/Schreibmodus ändern“ wählen und die Nachfrage bejahen, ob Knoppix die Partition beschreibbar einbinden soll.

Ohne Boot-Parameter aufgerufen verwendet Knoppix wie eingangs erwähnt mitunter recht konservative Grafikmodi. Wer mehr möchte, muss Knoppix die gewünschte Auflösung beim Start mit dem Parameter „screen=“ gefolgt von der Auflösung mitteilen. Knoppix beherrscht sogar die bei Notebooks verbreiteten Display-Auflösungen wie zum Beispiel 1680 x 1050 oder 1400 x 1050 Pixel, sofern sie im Video-BIOS der Grafikkarte eingetragen sind. Bei den Intel-Chipsätzen 915GM mit integriertem Grafikadapter fehlen mitunter einzelne Auflösungen im BIOS. Diese müssen Sie bei Bedarf von Hand mit dem Programm 915resolution auf der Kommandozeile nachtragen.

Um zum Beispiel die Auflösung 1400 x 1050 bei einem Acer Travelmate 4652LMi nutzen zu können, starten Sie Knoppix zunächst mit dem Boot-Parameter „screen=1400 x 1050“. Bei diesem Notebook fehlt die Auflösung im Video-BIOS, wie der Aufruf 915resolution -l als Benutzer Root nach dem Start von Knoppix ergibt. Deshalb verwendet die grafische Oberfläche die nächst kleinere im BIOS eingetragene Auflösung von 1280 x 1024 Pixeln. Der folgende Befehl überschreibt den in diesem Fall ungenutzten Modus 4b mit der Auflösung 1400 x 1050 bei 16 Bit Farbtiefe:

915resolution 4b 1400 1050 16 

Das Ergebnis prüfen Sie erneut mit einem Aufruf von 915resolution -l. Wurde die Auflösung erfolgreich eingetragen, können Sie mit Strg-Alt-Backspace die grafische Oberfläche neu starten und damit auf die gewünschte Auflösung umschalten. Falls Sie ein permanentes Knoppix-Image verwenden oder Knoppix auf der Festplatte installieren, können Sie den Aufruf von 915resolution in das Skript /etc/init.d/xsession vor der Meldung, dass die grafische Oberfläche gestartet wird, einfügen. Dann aktualisiert 915resolution bei jedem Start des X-Servers den BIOS-Eintrag.

Bei der Auswahl der Farbtiefe, die Sie mit dem zusätzlichen Parameter „depth=“ am Boot-Prompt einstellen, haben Sie die Wahl zwischen 16, 24 und 32 Bit. Dieser Parameter ist gerade bei 3D-fähigen Grafikkarten wichtig, denn oft unterstützen die Treiber nur eine bestimmte Farbtiefe. Bei Intels 915GM-Chipsatz zum Beispiel kann Knoppix die 3D-Beschleunigung nur bei 16 Bit Farbtiefe nutzen, während bei Nvidia-Grafikkarten häufig eine Farbtiefe von 24 Bit erforderlich ist.

Knoppix kann ohne Eingriffe die 3D-Hardware-Beschleunigung von Nvidia-Grafikkarten allerdings gar nicht nutzen, denn der Distribution fehlt der proprietäre Nvidia-Grafiktreiber. Somit kommen Sie auch nicht in den Genuss des 3D-Window-Managers Beryl. Die Treiber sind jedoch mit wenigen Handgriffen nachinstalliert. Dies währt natürlich nur bis zum nächsten Neustart, es sei denn, Sie legen vor der Treiberinstallation ein permanentes Knoppix-Image an.

Den aktuellen Linux-Treiber für Nvidia-Grafikkarten erhalten Sie auf der Homepage des Herstellers [1]. Knoppix benötigt die 32-Bit-Version des Treibers. Für die Installation wechseln Sie mit Strg+Alt+F1 auf die Textkonsole und schalten die grafische Oberfläche mittels init 2 ab. Anschließend führen Sie das Treiberpaket von Nvidia mit folgendem Befehl direkt aus:

sh /home/knoppix/Desktop/NV*.run 

Der Pfad kann natürlich ein anderer sein, falls Sie das Treiberpaket nicht auf dem Desktop des Knoppix-Benutzers gespeichert haben. Die Treiberinstallation selbst ist wenig spektakulär, bejahen Sie schlicht alle gestellten Fragen - auch die, ob Ihre Xorg-Konfigurationsdatei angepasst werden soll.

Um einen manuellen Eingriff in die Datei /etc/X11/xorg.conf kommen Sie dennoch nicht herum, Sie müssen noch folgende Zeilen am Ende der Datei anfügen:

Section "Extensions" Option "Composite" "Enable" EndSection

Damit ist die Installation abgeschlossen. Wenn Sie Knoppix bereits mit dem Parameter „3d“ sowie den Parametern für die richtige Auflösung und Farbtiefe gestartet haben, können Sie mit dem Befehl init 5 wieder auf die grafische Oberfläche umschalten. Andernfalls booten Sie Knoppix neu und geben die Parameter am Boot-Prompt ein. Im Test verwendeten wir zum Beispiel eine Farbtiefe von 24 Bit, damit die Composite-Extension, die Beryl benötigt, auch aktiviert wurde. Egal ob Sie per init umgeschaltet oder Knoppix mit den nötigen Parametern neu gestartet haben, fragt Sie Knoppix, ob Sie wirklich den 3D-Desktop nutzen wollen. Ein beherzter Klick auf „Ja“ startet den 3D-Window-Manager Beryl.

Den Boot-Parameter „3d“ müssen Sie auch künftig bei jedem Knoppix-Start angeben, ansonsten startet ohne weitere Nachfrage der KDE-Window-Manger KWin anstelle von Beryl. Die Parameter für eine höhere Auflösung oder Farbtiefe brauchen Sie jedoch nicht mehr. Auch müssen Sie darauf achten, das permanente Knoppix-Image bei jedem Neustart einzubinden.

Der proprietäre ATI-Treiber für aktuelle Radeon-Grafikkarten ließ sich allerdings nicht installieren, das Radeon-Kernel-Modul kompilierte nicht fehlerfrei.

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 07/2007.

[1] Nvidia-Homepage

"Schnellstart-Linux"
Artikel zum Thema "Schnellstart-Linux" finden Sie in der c't 07/2007:
Knoppix 5.2 von DVD starten und nutzen S. 148
Virtualisierung: Der PC im PC S. 156

(mid)