Requirements Days 2010 – pragmatisches Vorgehen erwünscht

Auf der vom 26. bis zum 28. Oktober in München veranstalteten elften Auflage der Requirements Days standen vermehrt praktische Aspekte der Disziplin des Anforderungsmanagements im Vordergrund.

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Von
  • Frank Müller

Auf der vom 26. bis zum 28. Oktober in München veranstalteten elften Auflage der Requirements Days standen vermehrt praktische Aspekte der Disziplin des Anforderungsmanagements im Vordergrund.

Rund 150 Gäste zog es Ende Oktober nach München, um den Vorträgen zu unterschiedlichen Aspekten der Erhebung und Verwaltung von Anforderungen zu lauschen. Dieses Jahr ging es den Veranstaltern, der Sophist Group und der Atlantic Systems Guild, weniger um die Vermittlung von Techniken als um praktische Aspekte. Beispielsweise beleuchteten die von knapp zwanzig Sprechern gehaltenen Vorträge die Einführung und Etablierung des Requirements Engineerings im Unternehmen und vermittelten Best Practices. Weitere behandelten das Zusammenspiel des Requirements Engineerings mit Prozessen sowie ihren Rollen und lieferten Erfahrungsberichte zur Einführung sowie dem Einsatz von Werkzeugen zur Anforderungsverwaltung. Nicht zuletzt wurde den Besuchern – wie auf solchen Veranstaltungen üblich – Gelegenheit zum intensiven Erfahrungsaustausch gegeben.

Den ersten Tag prägten typische Verhaltensmuster, Erfahrungen bei der Einführung von Anforderungsprozessen und Informationsmanagement und Anregungen zur Analyse. Gedanken zur Granularität von Anforderungen und die Unterstützung von Spezifikationsprozessen durch Requirements-Management-Tools rundeten die Vorträge ab. Der für die Veranstaltung bekannte "Vino & Veritas"-Abend lud anschließend in lockerer Atmosphäre zum Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern ein.

Die Veranstalter Peter Hruschka und Chris Rupp mit Keynote-Sprecher Larry Constantine (v.l.n.r.)

Die Keynotes von Larry Constantine, einem renommierten Vertreter der IT-Welt und Mitentwickler des Structured Designs, prägten den Vormittag des zweiten Tags. Sein erster Beitrag befasste sich mit einem Design, das den Benutzer und das, was er wirklich benötigt, in den Mittelpunkt stellt. Notationen helfen, den Anwender, sein Umfeld aus Systemen, weiteren Personen und Rollen einfach darzustellen. Hierauf baute der zweite Vortrag zur Model-Driven Inquiry auf. Sie bezeichnet einen Weg, auf einfache und schnelle Art zu den wichtigsten Modellen zu gelangen. Die der Theorie innewohnende Agilität griffen später Vorträge zum Zusammenspiel von schlanken, agilen Prozessen wieder auf. Den Abend rundete Kabarettist Ingo Borchers mit seinem Programm "Die Welt ist eine Google" ab.

Thema des letzten Tags war die Erfahrung unterschiedlicher Anwender mit den RM-Tools ihrer Wahl beziehungsweise dem Einsatz regulärer Office-Programme. Neben Stärken und Schwächen beleuchteten die Referenten Einführungsprobleme und Aspekte zur Integration mit weiteren Werkzeugen im Umfeld der Entwicklung. In der Regel sind die Werkzeuge nicht "out of the box" einsatzfähig, sie reifen beim Nutzer oder bedürfen eigener Erweiterungen. Weitere Beiträge stellten die Bedeutung von Menschen und Methoden gegenüber der Werkzeugauswahl in den Vordergrund. Zum Abschluss erfolgte noch eine Podiumsdiskussion zu Werkzeugthemen.

Die Requirements Days 2010 zeigten vor allem eines: Ein pragmatisches Vorgehen ist wichtiger als jeder Formalismus. Oder in Abwandlung agiler Prinzipien: Nicht mehr Formalismus als notwendig, aber auch nicht weniger. Dabei gilt es, alle Beteiligten abzuholen – also nicht nur die Seite der Auftraggeber und Nutzer, sondern auch das eigene Management, Projektleiter oder Entwickler. Denn die Bedeutung guter Anforderungen ist unverändert hoch, sie bilden das Fundament für qualitative Entwicklungsarbeiten. Ein Ansatz ist beispielsweise die Vereinfachung von Diagrammen, Dokumentationsformen und Tracing an den Stellen, wo es abhängig von den regulatorischen Vorschriften der jeweiligen Branche möglich ist. Pharmazie und Luftfahrt haben beispielsweise sicherlich höhere Anforderungen an den Prozess, viele andere Branchen können sich jedoch Erleichterung verschaffen und leichtgewichtigere Wege gehen.

Podiumsdiskussion zum Abschluss der Veranstaltung

Einigkeit herrschte in der Vereinbarkeit des Requirements Engineerings mit agilen Prozessen sowie der Tatsache, dass die Erzeugung von Papier in Form umfangreicher Dokumente, Reports und mehrseitigen Diagrammen weiterhin das Geschäft begleiten. Nutzer und Management können noch nicht darauf verzichten, zu unhandlich ist die Arbeit mit großen Informationsmengen am Bildschirm.

Eine Besonderheit der Konferenz hatte weniger mit dem eigentlichen Thema denn der Präsentationsform zu tun: Die Organisatoren Chris Rupp und Peter Hruschka sowie der Sprecher Volker Maiborn präsentierten nach Pecha Kucha. Die Technik gibt einen Rahmen von zwanzig Slides mit einer automatischen Weiterschaltung nach jeweils zwanzig Sekunden vor. Dem Sprecher stehen nur sechs Minuten und vierzig Sekunden zur Verfügung, die Taktung liegt nicht in seiner Hand. Das zwingt zu einem kompakten Inhalt und einer visuellen Präsentation, ein "Death by PowerPoint" ist kaum möglich. Die Form ist im Publikum gut angekommen und findet sicherlich ihren Weg in einige Präsentation der Besucher – und vielleicht in eine größere Anzahl an Beiträgen auf den nächsten Requirements Days.

Frank Müller
ist Senior Consultant bei der BTC AG in Oldenburg.
(ane)