Heute: Schweizer KĂ€se allerorten
Wer es schafft, ohne allzu viele Dellen im Auto durch die BrĂŒsseler
Innenstadt zu kommen, ist deswegen noch lange nicht da angekommen, wo
er hinwollte. Die BrĂŒsseler haben eine eigene Methode entwickelt,
âihreâ Stadt gegen den Einfall der Barbaren â pardon, der Fremden
jedenfalls â zu schĂŒtzen: Es gibt ein unterirdisches Labyrinth, in
dem sich die Urtsunkundigen verirren sollen, bis sie ihre
schÀndlichen Versuche, zu ihrem Hotel zu gelangen, endlich aufgeben.
Genau, es geht um die BrĂŒsseler Tunnels.
Unter der Erde sieht BrĂŒssel nĂ€mlich eher aus wie ein Schweizer KĂ€se
â SchĂ€chte und Tunnels allerorten. Nicht nur fĂŒr Metro, U-Bahn und
Kanalisation â auch den StraĂenverkehr hat man auf diese Weise
buchstĂ€blich âunter die Erdeâ gebracht.
Abgesehen davon, dass ganz Belgien ohnehin sehr schlecht (und dazu
noch abwechselnd Französisch und NiederlÀndisch) ausgeschildert ist,
haben die BrĂŒsseler Tunnels noch die unangenehme Eigenschaft, dass
sie eigentlich nie einfach nur gerade weiterfĂŒhren, sondern sich
krĂŒmmen und winden; dass sie sich verzweigen und der Ausgang dann
irgendwo wieder anâs Tageslicht fĂŒhrt, nur nicht da, wo es der
Ortsunkundige vielleicht erwarten wĂŒrde.
Wem das nicht reicht, dem haben die BrĂŒsseler noch besondere
Komplikationen eingebaut: Tunnelzweige, die normalerweise gesperrt
sind, weil sie direkt in den Königspalast oder zur EuropÀischen
Kommision fĂŒhren.
Das hÀlt abenteuerlustige Autofahrer freilich nicht davon ab,
gelegentlich mal zu probieren, ob man so nicht vielleicht mal eben
den Stau (=Dauerzustand in BrĂŒssel!) umfahren könnte. Wie schon
zuvor erwĂ€hnt: Verkehrsregeln gelten in BrĂŒssel bestenfalls als
unverbindliche Empfehlungen.
Beliebt ist z.B. die linke Fahrspur im Belliard-Tunnel, die auch bei
Stau fast immer frei ist. Nun, an der roten Ampel darĂŒber kann es
nicht liegen, so etwas kĂŒmmert hier sonst keinen. Die meisten
BrĂŒsseler ahnen jedoch, dass diese Abzweigung keine AbkĂŒrzung sein
kann. Wer sich auskennt, weis sogar, dass am Ende dieses Tunnels ein
Heer an Polizisten und SicherheitskrÀften nur darauf wartet, dass ein
SelbstmordattentÀter versucht, auf diesem Weg eine Autobombe in den
Keller der Kommision zu fahren.
Na ja, vielleicht auch nicht. Das Flugverbot ĂŒber dem EU-Viertel
scheint ja auch niemanden zu interessieren. Ich wĂŒrde es jedenfalls
lieber nicht ausprobieren. Aber ich wĂŒrde ja auch die Tunnels
ĂŒberhaupt lieber vermeiden, zu mindest diejenigen, ĂŒber deren Verlauf
ich mir nicht 100%-ig sicher bin.
Wenn schon Schweizer KĂ€se, dann lieber in einem der entsprechenden
SpezialitĂ€tenrestaurants. Als internationale Kapitale hat BrĂŒssel
natĂŒrlich auch KĂŒche aus aller Herren LĂ€nder aufzubieten. Ein schöner
Fondueabend mit Freunden kann wirklich nett sein, vor allem, wenn der
Wirt sich zu unseren Gunsten bei der Abrechnung verrechnet (was hier
seltsamerweise recht hÀufig vorkommt! Muss wohl am Bier liegen :-)
Schade nur, dass in BrĂŒssel ganz eindeutig die Eidgenossen sehr
schwach repĂ€sentiert sind. Genauso wie die Norweger ĂŒbrigens, aber
darĂŒber schreibe ich ein anderes Mal.
Nun haben die Schweizer ja den Beitritt zum EuropÀischen
Wirtschaftsraum abgelehnt, und obwohl sie offiziell einen
Beitrittsgesuch bei der EU eingereicht haben, gilt dieser im
EU-Jargon als âeingefrorenâ (der Schweizer Ausdruck dafĂŒr ist
âschubladisiertâ)
Bis auf weiteres bleibt es daher bei den sog. âBilateralen
VertrĂ€genâ, die alles und nichts bedeuten können. Auf jeden Fall sind
sie drauĂen â und wen Ă€rgertâs am meisten? Richtig: die Schweizer
selbst.
Dem KĂ€sebauern in der Schwyz wird vielleicht nur der Zugang zu seinem
zweitwichtigsten Absatzmarkt etwas schwerer gemacht, aber schon auf
dem Flughafen sieht der reiselustige Eidgenosse etwas, was ihm im
Herzen wehtun muss: EU und Non-EU steht da ĂŒber den zwei AusgĂ€ngen.
WĂ€hrend nun also die polnischen Klempner und tschechischen
Fliesenleger munter durch den âEUâ Ausgang strömen, stehen Berner
GeschÀftsleute in einer Schlange mit Asylbewerbern aus Ghana und
Mosambique.
Das Spiel wiederholt sich, wenn man sich im Ausland niederlassen
will. In den AuslÀnderÀmtern aller EU LÀnder gibt es die gleichen
zwei Warteschlangen: EU und Nicht-EU. Ratet mal, in welcher es
schneller vorwÀrts geht. Ratet mal, an wem die Beamten ihre
Frustrationen auslassen.
Kein Wunder also, dass so ziemlich alle Schweizer, die man so im
Ausland trifft, sehr wenig VerstĂ€ndnis fĂŒr den Isolationismus der
Daheimgebliebenen haben.
Vor allem, wenn man bedenkt, dass die allergröĂte Angst jedes
Schweizers â ihr FrĂ€nkli gegen den groĂen bösen Euro einzutauschen â
mittlerweile den Schrecken verloren haben dĂŒrfte. Kein Mensch will
mehr Franken haben. Selbst Sadam Hussein hatte in seinem Versteck
Pfund und Euros gehortet, keine FrÀnkli. Das schmerzt schon!
AuĂerdem haben zahlreiche andere LĂ€nder bewiesen, man kann in der EU
sein, ohne den Euro einzufĂŒhren. Ob es auf Dauer klug ist, sei hier
mal so dahingestellt.
Ăbrigens auch umgekehrt. Hat sich schon mal jemand gedacht, womit man
in LĂ€ndern, die zuvor keine eigene WĂ€hrung hatten, sondern sich an
Mark, Lire, Francs oder Pesos hielten, nun bezahlt? LĂ€nder wie San
Marino, Monaco oder der Vatikan haben gemein, dass sie alle keine
EU-Mitglieder sind, aber trotzdem eigene EuromĂŒnzen ausgeben dĂŒrfen.
Mit Andorra wird derzeit noch verhandelt.
Nun ja, ich freue mich heute abend auf ein schönes KÀsefondue, und
hoffe, dass der Taxifahrer wenigstens den Weg durch die Löcher im
KĂ€se findet. Denn den schweren KĂ€se spĂŒlt man am besten mit einem
schwerer Burgunder hinunter.
Viele GrĂŒĂe aus der EuropĂ€ischen Hauptstadt
Brux Elles
Wer es schafft, ohne allzu viele Dellen im Auto durch die BrĂŒsseler
Innenstadt zu kommen, ist deswegen noch lange nicht da angekommen, wo
er hinwollte. Die BrĂŒsseler haben eine eigene Methode entwickelt,
âihreâ Stadt gegen den Einfall der Barbaren â pardon, der Fremden
jedenfalls â zu schĂŒtzen: Es gibt ein unterirdisches Labyrinth, in
dem sich die Urtsunkundigen verirren sollen, bis sie ihre
schÀndlichen Versuche, zu ihrem Hotel zu gelangen, endlich aufgeben.
Genau, es geht um die BrĂŒsseler Tunnels.
Unter der Erde sieht BrĂŒssel nĂ€mlich eher aus wie ein Schweizer KĂ€se
â SchĂ€chte und Tunnels allerorten. Nicht nur fĂŒr Metro, U-Bahn und
Kanalisation â auch den StraĂenverkehr hat man auf diese Weise
buchstĂ€blich âunter die Erdeâ gebracht.
Abgesehen davon, dass ganz Belgien ohnehin sehr schlecht (und dazu
noch abwechselnd Französisch und NiederlÀndisch) ausgeschildert ist,
haben die BrĂŒsseler Tunnels noch die unangenehme Eigenschaft, dass
sie eigentlich nie einfach nur gerade weiterfĂŒhren, sondern sich
krĂŒmmen und winden; dass sie sich verzweigen und der Ausgang dann
irgendwo wieder anâs Tageslicht fĂŒhrt, nur nicht da, wo es der
Ortsunkundige vielleicht erwarten wĂŒrde.
Wem das nicht reicht, dem haben die BrĂŒsseler noch besondere
Komplikationen eingebaut: Tunnelzweige, die normalerweise gesperrt
sind, weil sie direkt in den Königspalast oder zur EuropÀischen
Kommision fĂŒhren.
Das hÀlt abenteuerlustige Autofahrer freilich nicht davon ab,
gelegentlich mal zu probieren, ob man so nicht vielleicht mal eben
den Stau (=Dauerzustand in BrĂŒssel!) umfahren könnte. Wie schon
zuvor erwĂ€hnt: Verkehrsregeln gelten in BrĂŒssel bestenfalls als
unverbindliche Empfehlungen.
Beliebt ist z.B. die linke Fahrspur im Belliard-Tunnel, die auch bei
Stau fast immer frei ist. Nun, an der roten Ampel darĂŒber kann es
nicht liegen, so etwas kĂŒmmert hier sonst keinen. Die meisten
BrĂŒsseler ahnen jedoch, dass diese Abzweigung keine AbkĂŒrzung sein
kann. Wer sich auskennt, weis sogar, dass am Ende dieses Tunnels ein
Heer an Polizisten und SicherheitskrÀften nur darauf wartet, dass ein
SelbstmordattentÀter versucht, auf diesem Weg eine Autobombe in den
Keller der Kommision zu fahren.
Na ja, vielleicht auch nicht. Das Flugverbot ĂŒber dem EU-Viertel
scheint ja auch niemanden zu interessieren. Ich wĂŒrde es jedenfalls
lieber nicht ausprobieren. Aber ich wĂŒrde ja auch die Tunnels
ĂŒberhaupt lieber vermeiden, zu mindest diejenigen, ĂŒber deren Verlauf
ich mir nicht 100%-ig sicher bin.
Wenn schon Schweizer KĂ€se, dann lieber in einem der entsprechenden
SpezialitĂ€tenrestaurants. Als internationale Kapitale hat BrĂŒssel
natĂŒrlich auch KĂŒche aus aller Herren LĂ€nder aufzubieten. Ein schöner
Fondueabend mit Freunden kann wirklich nett sein, vor allem, wenn der
Wirt sich zu unseren Gunsten bei der Abrechnung verrechnet (was hier
seltsamerweise recht hÀufig vorkommt! Muss wohl am Bier liegen :-)
Schade nur, dass in BrĂŒssel ganz eindeutig die Eidgenossen sehr
schwach repĂ€sentiert sind. Genauso wie die Norweger ĂŒbrigens, aber
darĂŒber schreibe ich ein anderes Mal.
Nun haben die Schweizer ja den Beitritt zum EuropÀischen
Wirtschaftsraum abgelehnt, und obwohl sie offiziell einen
Beitrittsgesuch bei der EU eingereicht haben, gilt dieser im
EU-Jargon als âeingefrorenâ (der Schweizer Ausdruck dafĂŒr ist
âschubladisiertâ)
Bis auf weiteres bleibt es daher bei den sog. âBilateralen
VertrĂ€genâ, die alles und nichts bedeuten können. Auf jeden Fall sind
sie drauĂen â und wen Ă€rgertâs am meisten? Richtig: die Schweizer
selbst.
Dem KĂ€sebauern in der Schwyz wird vielleicht nur der Zugang zu seinem
zweitwichtigsten Absatzmarkt etwas schwerer gemacht, aber schon auf
dem Flughafen sieht der reiselustige Eidgenosse etwas, was ihm im
Herzen wehtun muss: EU und Non-EU steht da ĂŒber den zwei AusgĂ€ngen.
WĂ€hrend nun also die polnischen Klempner und tschechischen
Fliesenleger munter durch den âEUâ Ausgang strömen, stehen Berner
GeschÀftsleute in einer Schlange mit Asylbewerbern aus Ghana und
Mosambique.
Das Spiel wiederholt sich, wenn man sich im Ausland niederlassen
will. In den AuslÀnderÀmtern aller EU LÀnder gibt es die gleichen
zwei Warteschlangen: EU und Nicht-EU. Ratet mal, in welcher es
schneller vorwÀrts geht. Ratet mal, an wem die Beamten ihre
Frustrationen auslassen.
Kein Wunder also, dass so ziemlich alle Schweizer, die man so im
Ausland trifft, sehr wenig VerstĂ€ndnis fĂŒr den Isolationismus der
Daheimgebliebenen haben.
Vor allem, wenn man bedenkt, dass die allergröĂte Angst jedes
Schweizers â ihr FrĂ€nkli gegen den groĂen bösen Euro einzutauschen â
mittlerweile den Schrecken verloren haben dĂŒrfte. Kein Mensch will
mehr Franken haben. Selbst Sadam Hussein hatte in seinem Versteck
Pfund und Euros gehortet, keine FrÀnkli. Das schmerzt schon!
AuĂerdem haben zahlreiche andere LĂ€nder bewiesen, man kann in der EU
sein, ohne den Euro einzufĂŒhren. Ob es auf Dauer klug ist, sei hier
mal so dahingestellt.
Ăbrigens auch umgekehrt. Hat sich schon mal jemand gedacht, womit man
in LĂ€ndern, die zuvor keine eigene WĂ€hrung hatten, sondern sich an
Mark, Lire, Francs oder Pesos hielten, nun bezahlt? LĂ€nder wie San
Marino, Monaco oder der Vatikan haben gemein, dass sie alle keine
EU-Mitglieder sind, aber trotzdem eigene EuromĂŒnzen ausgeben dĂŒrfen.
Mit Andorra wird derzeit noch verhandelt.
Nun ja, ich freue mich heute abend auf ein schönes KÀsefondue, und
hoffe, dass der Taxifahrer wenigstens den Weg durch die Löcher im
KĂ€se findet. Denn den schweren KĂ€se spĂŒlt man am besten mit einem
schwerer Burgunder hinunter.
Viele GrĂŒĂe aus der EuropĂ€ischen Hauptstadt
Brux Elles