Nikons Kameraumsätze stark gesunken

Nikons Kameraumsätze sind gegenüber dem Vorjahr um 32 Prozent gesunken. Das Unternehmen will jetzt Kosten senken und erwägt, sich von 10 Prozent seiner japanischen Beschäftigten zu trennen. Umstrukturierungen im Konzern sollen die Effizienz steigern.

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Nikons Kameraumsätze stark gesunken
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Von
  • Dr. Christoph Jehle

Nach Canon meldet auch die Nikon Corporation Absatzrückgänge im Kamerasegment: Im ersten Halbjahr des aktuellen Geschäftsjahres, das Ende März 2017 endet, erlebte Nikons größter Bereich Imaging Products einen Umsatzeinbruch von 32 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Im gesamten Konzern haben sich die Umsätze um 14 Prozent auf 344 Milliarden Yen (knapp 3 Milliarden Euro) reduziert.

Als Grund für die Umsatz- und Ertragsrückgänge im Fotobereich nennt Nikon den schrumpfenden Markt, die für japanische Hersteller nachteilige Entwicklung der Yen-Wechselkurse sowie das Erdbeben von Kumamoto. Hier unterscheidet sich Nikons Begründung nicht vom Wettberwerb. Hinzu kommt bei Nikon noch der Aufwand, der durch die Anstrengungen zur Reduzierung der Betriebskosten entstanden ist.

Insgesamt ist das Konzernergebnis aber trotzdem positiv. Weil die Nachfrage nach Lithografie-Anlagen für die Herstellung von (Smartphone-)Displays nochmals gestiegen war, konnte Nikon aktuell mit 23 Milliarden Yen (200 Millionen Euro) einen gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 8 Milliarden Yen (70 Millionen Euro) höheren Gewinn ausweisen. Unter Druck ist Nikon in diesem Bereich aber trotzdem: Das mit dem deutschen Hersteller Carl Zeiss SMT verbundene niederländische Unternehmen ASML hat den einstigen Marktführer Nikon in den vergangenen 15 Jahren überholt. Heute besitzt ASML einen Marktanteil von 80 Prozent.

Als Konsequenz aus den Ergebnissen will Nikon die Zuständigkeiten in den japanischen Konzerngesellschaften neu ordnen. Zur Diskussion steht eine Umgliederung durch Abspaltung und Fusion. Das Unternehmen verspricht sich davon eine höhere Effizienz. Zudem will es sich möglicherweise von 1000 Mitarbeitern in Japan trennen. Dies entspräche etwa 10 Prozent der Belegschaft im Heimatland. Ihnen soll eine Vorruhestandsregelung angeboten werden.

Die Personaleinsparungen sollen sowohl im Maschinenbau als auch im Kamerasektor vorgenommen werden. Ob diese Vorschläge umgesetzt werden, scheint derzeit konzernintern jedoch noch umstritten zu sein. Hoffnungen setzt man bei Nikon vor allem auf die Bereiche Microscope Solutions, Industrial Metrology und Medical Businesses. Auf den Bereich Medizintechnik setzen jedoch auch Canon und Sony mit dem Sony-Olympus-Joint Venture.

Immer wieder Kumamoto. Immer wieder der starke Yen. Die Begründungen für das enttäuschende Abschneiden der japanischen Kamerahersteller hören sich alle irgendwie ähnlich an. Dabei haben beide Elemente – das Erdbeben von Kumamoto und die Wechselkursentwicklung – die grundlegenden Probleme der japanischen Kamerahersteller nicht verursacht, sondern höchstens verstärkt.

Wer sich die jetzt vorgeschlagenen Lösungen für die aufgelaufenen Probleme anschaut muss feststellen, dass sie sich lesen, als wären sie aus einem Lehrbuch für BWL-Studenten kopiert. Man will bessere Zahlen durch höhere Effizienz erzielen. Mit welchen Produktideen man neue Kunden gewinnen könnte, wird in den vorliegenden Präsentationen nicht einmal ansatzweise erwähnt. Die Vorstellungen der letzten photokina mögen für Nikon innovativ gewesen sein. Im Fotomarkt war der Hersteller mit seinen ActionCams allerdings Nachzügler in einem Segment, das mit dem Niedergang von GoPro schon Verfallserscheinungen zeigt.

Bei Nikon liegen die Gründe für den schleichenden Niedergang damit auch in der Firmenkultur begründet. Im Gegensatz zum Konkurrenten Canon, der seit Jahrzehnten (Beginn mit der AE-1) in die Automatisierung der Fertigung investiert, war man bei Nikon immer auf der Suche nach Standorten mit möglichst niedrigen Lohnkosten. So wurde das heutige Werk in Sendai, wo die Oberklasse der Nikon-Kameras produziert wird, in einem landwirtschaftlich geprägten Umfeld mit niedrigen Löhnen gebaut. Mit dem Aufkommen der Pronea-APS-Kameras hat man später die Fertigung nach Ayudhaya in Thailand verlegt und dort in Spitzenzeiten bis zu 8.000 Mitarbeiter in vier Werken beschäftigt. Die Hälfte dieser Mitarbeiter kamen von Leiharbeitsfirmen. Damit konnte Nikon bei schlechter Auftragslage große Teile des Risikos auf die Beschäftigten abwälzen.

Als in Thailand ein regional unterschiedlicher Mindestlohn eingeführt werden sollte, sah Nikon seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet und machte sich auf den Sprung über den Mekong ins Nachbarland Laos, wo die Löhne noch niedriger waren. Die Produktion der Objektivbajonette verlegte das Unternehmen nach Malaysia, wo sich Nikon mit 10 Prozent an einem Metallverarbeiter beteiligte, der auch für den Wettbewerb produziert. (keh)