China-Schrittmotorsteuerung

Seite 2: Ungereimtheiten

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Die fünf LED-Vorwiderstände knapp neben dem oberen Display (plus drei in gleicher Höhe auf der Platinenrückseite) sind völlig falsch dimensioniert.

Dann aber häufen sich die Ungereimtheiten: Warum sind die Display-Segmente des angeschlossenen Weg-Anzeigers unterschiedlich hell (sofern man von "Helligkeit" überhaupt sprechen kann – sie funzeln trübe vor sich hin)? Wo ist die galvanische Trennung, die die Optokoppler bewirken sollen? Warum fiepen die Motoren im Stillstand so fürchterlich? Wozu dient die USB-Schnittstelle am Anzeige-Modul und am Bedienteil?

Die äußerst zurückhaltende und in schönstem chenglisch abgefasste Dokumentation schweigt sich zu diesen Themen leider komplett aus, der erhoffte Schaltplan fehlt. Messungen an den Anzeige-Segmenten ergaben: Der Hersteller (außer dem Aufdruck "www.hyu68.com" war hierüber nichts in Erfahrung zu bringen) hat die Vorwiderstände der Siebensegment-LEDs mit 1k bis 4k7 bunt gemischt bestückt und den Widerstandswert auch viel zu hoch gewählt. Erst als wir die sieben (bzw. acht einschließlich des Dezimalpunkts) Widerstände durch den Wert 100 Ohm ersetzt hatten, leuchtete das Display schön kräftig. Da sich die 18 Displays den Anodenstrom teilen müssen, liegen Werte von 1k oder gar 4k7 völlig neben der Spur.

Die 14 Optokoppler sind wegen durchgehender Masse auf Ein- und Ausgangsseite völlig überflüssig.

Auch mit der Optokoppler-Trennung ist es nicht weit her: Die immerhin 14 Koppler vom Typ PC817 sind völlig überflüssig. Warum? Um den LPT-Port am PC zu entlasten, hat der Schaltungsdesigner den Optokopplern treibende Schmitt-Trigger vom Typ 74HC14 vorgeschaltet. An sich eine gute Idee, allerdings beziehen die Treiberbausteine ihre Betriebsspannung und Masse – man mag es kaum glauben – direkt aus dem Leistungsteil! Weil sich auch das Dreiachsen-Display aus der Schrittmotor-Betriebsspannung bedient, werden die zwei Spannungsregler bei Versorgungsspannungen jenseits von 24V (der Toshiba-Baustein verträgt bis 36V) arg warm.

Der Schrittmotor-Anschluss erfolgt durch (nachgebaute) Phoenix-Klemmen. Die Gegenstücke liegen bei.

Überbrückt man die Optokoppler, funktioniert die Schaltung allerdings nicht mehr mit der als Demo-Version beiliegenden Mach3-CNC-Software, deren Ansteuerimpulse viel zu kurz sind, um die TB6560 zuverlässig zu triggern. Offenbar hat der Hersteller die Koppler nur deshalb in der Schaltung belassen, weil sie die Taktimpulse durch reichlich "Verschliff" auf ein aus Sicht des TB6560 brauchbares Maß verlängern. Das ginge aber auch viel eleganter, zuverlässiger und billiger!

Abhilfe: Man ändert die drei Kondensatoren C osc (jeweils direkt an Pin 7 der TB6560 auf der Platinenrückseite zu finden) auf die vom Hersteller empfohlenen 220 bis 330pF statt der eingelöteten 1nF-SMDs. Dann ist als angenehmer Nebeneffekt auch das Pfeifen der Schrittmotoren im Stillstand weg. Die Pulslänge des CNC-Programms sollte, wenn möglich, auf 50 µs eingestellt werden (wenigstens 15 µs).

So richtig ärgern darf man sich über die China-Platine angesichts des günstigen Preises nicht – man muss halt damit rechnen, dass nicht alles passt und bis ins Letzte durchdacht ist. Im vorliegenden Fall könnte der Hersteller lediglich mit geeigneter Dimensionierung aber nicht nur ein besseres Produkt abliefern, sondern auch noch 14 Optokoppler sparen. (cm)