3D-Druck ohne Treppen und Schichten

Schnellen und präzisen 3D-Druck verspricht ein neues Verfahren, das vom Berliner Start-up Xolo GmbH entwickelt wurde.

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(Bild: Xolo GmbH)

Lesezeit: 5 Min.

Das Verfahren nennt sich "Xolographie" und ist eine Variante der "volumetrischen" Stereolithografie. Herkömmliche Harzdrucker projizieren mit Lasern (SLA-Verfahren) oder Projektoren (DLP-Verfahren) Lichtmuster auf ein Becken mit flüssigem Kunstharz. Die belichteten Bereiche härten aus. Daraufhin wird die Bauplattform ein Stück abgesenkt, eine neue Lage frisches Harzes schwappt über das Bauteil und wird ebenfalls belichtet – und so weiter, Schicht für Schicht.

Beim volumetrischen Drucken wird das Harz hingegen aus mehreren Richtungen gleichzeitig belichtet. Bei Xolo besteht die erste Lichtquelle aus einem Laser mit einer Wellenlänge von 405 Nanometern, dessen Strahl zu einem dünnen Lichtvorhang aufgefächert wird, der sich quer durch den Bauraum zieht. Die zweite Lichtquelle ist ein Projektor, der Licht einer anderen Wellenlänge rechtwinklig auf diesen Vorhang wirft. Nur dort, wo sich beide Strahlen kreuzen, härtet das Harz aus. Der transparente Harzbehälter wird auf einer Schiene vom Projektor wegbewegt, sodass der Lichtvorhang kontinuierlich durch den gesamten Bauraum wandert und ein dreidimensionales Muster aus belichteten Stellen entsteht.

Die maximale Auflösung beträgt 30 µm (x- und y-Achse) beziehungsweise 50 µm (z-Achse). Zum Vergleich: High-End-Geräte für höchste Präzision wie die von Nanoscribe haben in der z-Achse eine Auflösung von 1 µm. SLA-Drucker für Consumerprodukte wie der M2 von Carbon 3D schaffen rund 100 µm.

In einem Beitrag für Nature wird die Baugeschwindigkeit auf „vier bis fünf Größenordnungen höher“ als bei klassischer Zwei-Photonen-Polymerisation beziffert, wie sie beispielsweise Nanoscribe verwendet. Die typische Bauzeit beträgt damit laut Xolo – je nach Größe des Bauteils – 20 Sekunden bis 5 Minuten. Mit 50 x 70 x 90 Millimetern ist der Bauraum allerdings nur etwa so groß wie zwei Zigarettenschachteln.

Vergleicht man Bauraum und Auflösung mit dem der Wettbewerber, scheint es, als habe sich Xolo da in eine sehr spezielle Nische begeben. „Geschwindigkeit ist nicht alles, wenn man auch mit deutlich höherer Präzision beispielsweise Mikrodüsen oder Mikrolinsen in wenigen Minuten drucken kann“, sagt etwa Johannes Lang von Nanoscribe. In x-y-Ausrichtung erreiche Nanoscribe gegenüber Xolo eine etwa 200-fach höhere Auflösung.

Und Anbieter wie Carbon 3D haben nur eine geringfügig schlechtere Auflösung, können aber sogar faustgroße Objekte in wenigen Minuten ausdrucken und haben einen weitaus größeren Bauraum. Wird die Nische da nicht sehr eng?

Die Xolographie (5 Bilder)

(Bild: Xolo GmbH )

„Wir haben unseren ersten Drucker exakt in die Lücke platziert – hohe Auflösung und sehr schneller Druck“, erwidert Xolo-Chef Dirk Radzinski. „Wir werden die Möglichkeiten nach unten und oben ausloten.“ Die Xolographie habe das Potenzial, ähnlich präzise wie Nanoscribe und ähnlich schnell wie Carbon 3D zu werden. „Die Beschränkung liegt allerdings im Volumen des Bauraums“, so Radzinski. "Man kann nicht unendlich groß werden. Daher denken wir nicht, dass diese Technik für den Hochdurchsatz von Standardteilen die erste Wahl sein wird. Aber sobald die Teile nicht mehr ganz so einfach sind, zum Beispiel Freiformlinsen oder ganze gedruckte Maschinen, da eröffnet die Xolography neue Möglichkeiten."

Ein zentraler Unterschied liege auch im Material. Das Grundmaterial sei vergleichbar mit den üblichen SLA-Harzen, wenn auch deutlich zähflüssiger. Der entscheidende Bestandteil sei aber der „Initiator“, der die Polymerisation anstößt. "Das ist unser Kern-Know-how", erklärt Radzinski. Auf diese Weise lassen sich Materialien drucken, die sich mit anderen SLA- und DLP-Verfahren nicht verarbeiten ließen – von zähen Urethanen bis zu weichen Hydrogelen für den Biodruck. "Das hilft hoffentlich, die Photopolymere auf ein neues Level zu heben“, sagte Radzinski gegenüber Technology Review. Anwendungen sieht er etwa in der Zahntechnik, bei Hörgeräten oder beim von Stützstrukturen für Gewebe.

Weitere Vorteile des volumetrischen 3D-Drucks gegenüber klassischer Stereolithografie: Durch das zähe Material kann jedes einzelne "Voxel" gewissermaßen frei im Raum platziert werden – ohne Stützstrukturen. Und es gibt weder Schichten noch Stufenbildung auf gekrümmten Oberflächen. Das erspart Nachbearbeitungen, und die Belastbarkeit ist in allen Richtungen gleich. Das spezielle Material bedeutet aber auch: Es kann nur vom Hersteller selber bezogen werden.

Entwickelt wurde der volumetrische 3D-Druck 2017. Seitdem hat er sich in mehrere Varianten aufgespalten, auch aus patentrechtlichen Gründen. Es gibt bereits Ansätze, damit Perowskit-Solarzellen oder Gewebestützstrukturen auszudrucken. Xolo hat die Technik nun in ein hübsches Gehäuse gebracht und marktreif gemacht. "Wir wollen dieses Jahr 20 Drucker an Forschungseinrichtungen verkaufen", sagt Dirk Radzinski. "Idealerweise an Wissenschaftler, die eigene Ideen mithilfe des volumetrischen Druckes umsetzen wollen, die sie sonst nicht mit herkömmlichen Druckern verwirklichen können." Der Preis werde bei 50.000 Euro liegen, allerdings abhängig von den Wünschen der Kunden. "Jeder Drucker ist ein Unikat und genau abgestimmt auf das jeweilige Forschungsgebiet." (grh)