50 Jahre später: Das ewige Hin und Her der NASA auf dem Weg zurück zum Mond

Die erste bemannte Mondlandung ist 50 Jahre her, die letzte 47 Jahre. Wann die nächsten folgen, ist unklar – auch wegen den Umwegen der NASA.

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Wie weiter? Auf dem Weg, erneut zum Mond und zum Mars

Konzept für die Rückkehr der NASA zum Mond

(Bild: NASA)

Lesezeit: 20 Min.
Von
  • Alderamin
Inhaltsverzeichnis

Am 16. Juli 1969 war es soweit: Apollo 11 brach zur ersten Mondlandung auf – und am 20. Juli landete die Mondfähre Eagle mit Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf dem Mond, während Michael Collins in der Apollo-Kapsel den Mond umkreiste. Am 21. Juli setzte dann Neil Armstrong als erster Mensch seinen Fuß auf den Mond. In einem Schwerpunkt zur Mondlandung beleuchtet heise online die Ereignisse rund um die Apollo-Missionen.

"...I believe that this nation should commit itself to achieving the goal, before this decade is out, of landing a man on the Moon and returning him safely to the Earth." Mit diesen Worten setzte Präsident John F. Kennedy am 25. Mai 1961 sechs Wochen nach der erfolgreichen Erdumkreisung durch Juri Gagarin und knapp drei Wochen nach dem ersten amerikanischen suborbitalen Hopser in 187 km Höhe durch Alan Shepard der NASA das Ziel, einen Menschen bis zum Ende des Jahrzehnts auf dem Mond zu landen und heil wieder zurück auf die Erde zu bringen. Auf den Tag genau 8 Jahre und 8 Wochen danach standen trotz eines fürchterlichen Rückschlags während des Apollo-Programms tatsächlich Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf dem Mond, und noch 10 weitere Männer sollten ihnen folgen.

"Ein großer Schritt für die Menschheit": 50 Jahre Mondlandung

Zur Zeit von Kennedys Rede hatte die NASA gerade eine seit Juli 1960 laufende Machbarkeitsstudie abgeschlossen und dem US-Präsidenten diese Zeitvorgabe vorgeschlagen. Zwar stattete man die NASA im Rennen um die Vorherrschaft im Weltraum mit riesigem Budget aus, in den Spitzenjahren 1967/68 mit mehr als 4 Prozent des Bundeshaushalts (gegenüber ca. einem halben Prozent heute), aber dennoch war es eine unglaubliche Leistung, in so kurzer Zeit ein so komplexes Programm erfolgreich umzusetzen. Gebäude mussten errichtet werden, Trainingszentren, Montagehallen, Startrampen, Transportfahrzeuge, Simulatoren, Computer, Triebwerksteststände, der Startturm und natürlich die Raketen (nicht nur die Saturn V, auch die kleineren Varianten I und Ib sowie den Little Joe II), die Kapseln (Gemini und Apollo) und die Landefähre.

Und bei alledem konnte man kaum auf frühere Erfahrungen zurückgreifen (anders als beispielsweise beim Bau eines Flughafens...). Es ging hier um nationales Prestige einer von Sputnik angeknacksten amerikanischen Seele, für deren Heilung kein Geld zu teuer war.

Weitere Präsidenten imitierten Kennedys Aufruf: Ronald Reagan verkündete 1984 den Bau einer großen amerikanischen Raumstation, die schließlich in Kooperation mit Russland, ESA und JAXA zur Internationalen Raumstation ISS wurde, was den Kostendruck auf den amerikanischen Steuerzahler erheblich senkte. Nachdem die ISS 2004 planerisch durch war und man über 30 Jahre lang bemannte Raumfahrt ausschließlich unterhalb von 500 km Höhe betrieben hatte, wollte George W. Bush einen Paukenschlag setzen und kündigte an den Erdorbit wieder verlassen zu wollen, erst zum Mond und dann zum Mars – seine "Vision for Space Exploration".

Er beauftragte die NASA mit diesem Ziel, und der neue NASA-Administrator Michael Griffin plante unter dem Projektnamen "Constellation" (Sternbild) den Bau gleich zweier Raketen, der kleinen Ares I, um das Raumschiff "Orion" in die Erdumlaufbahn zu bringen und der gigantischen Ares V, um die Mondlandefähre "Altair" und die "Earth Departure Stage" in den Erdorbit zu befördern, um nach Andocken der Orion an die Altair beide zum Mond zu schießen. Die Ares V hätte mit 188 Tonnen eine 50 Prozent höhere Nutzlast als die Saturn V in den Orbit tragen sollen. Mit "Apollo auf Steroiden" bewarb Griffin sein Projekt Für den Marsflug hätte man weitere Komponenten wie Wohnmodule für den Flug und den Aufenthalt, sowie Geräte zur Produktion von Treibstoff aus auf dem Mars verfügbaren Rohstoffen entwickelt, die man auf dem Mond erproben wollte. 2020 wollte man auf dem Mond landen und 2037 auf dem Mars.

Das klang alles ganz toll, sollte aber eine Menge mehr Geld kosten, als der NASA zugestanden wurde. Ab 2015 sollte die Ares I mit der Orion daher die Space-Shuttle-Flüge zur ISS ersetzen, um sich die immensen Kosten des Shuttle-Betriebs zu sparen, eine knappe halbe Milliarde Dollar pro Flug. Von denen fanden pro Jahr im Schnitt 5 statt. Deswegen sollte das Shuttle-Programm 2010 eingestellt werden. Das Personal, das am Shuttle mitgewirkt hatte, sollte größtenteils an den Ares-Raketen weiter arbeiten. Zu diesem Zweck sollten Komponenten wie Haupttriebwerke, Tank und Feststoffbooster in modifizierter Form weiterverwendet werden. Das sollte gegenüber einer Neuentwicklung auch Kosten sparen. Präsident Bush sah zwar wohlwollend auf das Projekt, aber er erhöhte das Budget der NASA nicht der vorgelegten Projektplanung entsprechend, und die technischen Hürden erwiesen sich als zunehmend größer, es kam zu jahrelangen Verzögerungen. Die Kosten explodierten.

Als Barack Obama 2008 die Präsidentschaft übernahm, zog er Constellation umgehend den Stecker. Eigentlich wollte er das Projekt ersatzlos streichen und die NASA damit beauftragen, während einer fünfjährigen Forschungsphase neue Antriebsmethoden für den Marsflug zu entwickeln, was einen Aufschrei des Senats auslöste, der sich quer stellte, denn durch das Ende des Raketenbaus würden zahlreiche Mitarbeiter der NASA und der Zulieferfirmen ihre Jobs verlieren. Und diese über fast alle Bundesstaaten verteilten Standorte bilden eine wichtige Wählergruppe der Senatoren, denn an jedem NASA-Job hängen 7 andere in der Privatwirtschaft. Der Senat ist zufrieden, wenn die NASA arbeitet und Geld ausgibt. Ob sie damit auch irgendwann irgendwo ankommt, ist für den Senat verhältnismäßig belanglos.

Nicht so für den Präsidenten, der das Geld aus dem Bundeshaushalt bereitstellt. So berief Obama eine Kommission von Fachleuten unter der Leitung des ehemaligen Lockheed-Martin-Direktors Norman Augustine ein, die Vorschläge unterbreiten sollte, wie man die NASA wieder auf Kurs bringen könnte. Diese entwarf mehrere Szenarien, darunter den "flexiblen Pfad", der vorsah, die Ares I zu streichen und eine abgespeckte Variante der Ares V, genannt "Space Launch System" SLS, zu entwickeln. Man solle auf die Mondlandung verzichten, so dass die Kosten der Mondlandefähre Altair eingespart werden könnten, und statt dessen Flüge um den Mond, zu Asteroiden und langfristig zu den kleinen Marsmonden durchführen, für deren Besuch keine Landefähre benötigt würde.

Space Launch System (SLS) der NASA (9 Bilder)

Weit hinaus

Die ambitionierten Pläne der NASA für das SLS
(Bild: NASA/MSFC)

Auf diese Weise solle der Marsflug schrittweise entwickelt werden. Die ISS solle mit Rücksicht auf internationale Partner noch bis 2020 weiter betrieben werden, aber möglichst durch private Raumfahrtanbieter beliefert und das Shuttle 2011 eingemottet werden. Obama folgte weitgehend dieser Empfehlung und stockte das NASA-Budget sogar um eine Milliarde Dollar pro Jahr auf. Die Shuttles wurden stillgelegt und private Firmen wie Boeing, SpaceX und Orbital ATK wurden beauftragt, die ISS mit Fracht zu beliefern und langfristig auch Crew dorthin zu befördern, planmäßig ab 2017.

Orbital und SpaceX beliefern die ISS seit 2013 mit Fracht, aber die Crew-Kapseln von SpaceX und Boeing sind mehr zwei Jahre hinter dem Plan, so dass die NASA dem Monopolisten Roskosmos mittlerweile 82 Millionen Dollar pro Sitzplatz in der Sojus zahlt, um Astronauten zur ISS zu bringen (zu Shuttle-Zeiten waren es noch 21 Millionen). Das Projekt, Asteroiden irgendwo auf dem Weg zum Mars mit Astronauten zu besuchen wurde von der NASA zu einer bei wenigen beliebten Variante pervertiert, von einem erdnahen Asteroiden mittels einer vollautomatischen Sonde einen großen Felsen ablösen zu lassen und ihn in den Mondorbit zu schleppen, wo ihn Astronauten hätten besuchen sollen (Asteroid Redirect Mission).

Das SLS sollte seinen ersten Testflug um den Mond (Exploration Mission 1) mit der unbemannten Orion auf einer provisorischen Oberstufe, der Interim Cryogenic Propulsion Stage ICPS, die auf einer vorhandenen, für die Beförderung von Menschen nicht zugelassenen Oberstufe der Delta-Raketen beruht, ursprünglich schon 2017 absolvieren, aber dieser verschob sich beständig weiter bis zuletzt Ende 2020. Astronautische Flüge wären nur mit der an Boeing beauftragten neuen Oberstufe Exploration Upper Stage (EUS) möglich, die frühestens 2023 für die astronautische Exploration Mission 2 zur Verfügung stehen könnte. Die ursprünglich veranschlagten 18 Milliarden US-Dollar für das gesamte Projekt beliefen sich Ende 2018 bereits auf 22,5 Milliarden (ohne die EUS, die rund 6 Milliarden kosten soll, und die für Constellation vor 2011 angefallenen Kosten), und jedes Jahr verbrennen Orion und SLS zusammen weitere 3,5 Milliarden. Obamas Mars rückte in weite Ferne.

Im Januar 2017 kam dann Donald Trump ins Amt und der bisherige NASA-Administrator Charles Bolden nahm umgehend seinen Hut. Sein Nachfolger unter Trump, Jim Bridenstine, wurde erst im April 2018 eingesetzt. Ziemlich überraschend kam daher im März 2017 die Ankündigung, dass die NASA, Roskosmos, die europäische Raumfahrtorganisation ESA, die japanische JAXA, und die kanadische CSA gemeinsam eine Raumstation, genannt "Deep Space Gateway", in der Nähe des Mondes planten, die von bis zu 4 Astro- bzw. Kosmonauten temporär über 1-3 Monate bewohnt sein würde und den Mond in einem großen Abstand auf einer elliptischen Bahn senkrecht zur Ebene der Mondbahn umkreisen solle ("Cislunarer Orbit", zwischen 1.500 km und 70.000 km Mondentfernung bei ca. 6 Tagen Umlaufzeit).

Dort könne man Langzeitaufenthalte außerhalb des schützenden Erdmagnetfelds erproben, Robotermissionen auf dem Mond fernsteuern, die Russen könnten von dort aus irgendwann Kosmonauten auf dem Mond landen und die Amerikaner gegen Ende der 2020er ein "Deep Space Transport" genanntes, noch zu entwickelndes Raumschiff mit sparsamem Ionenantrieb testen, das in den 2030ern vom Gateway aus zum Mars aufbrechen und diesen passieren oder seine Monde besuchen könne, um danach zum Gateway zurückzukehren. Einige namhafte Fachleute, unter anderem Buzz Aldrin und Ex-NASA Administrator Griffin, hielten wenig vom Gateway, weil es keinerlei Treibstoff auf dem Weg zu Mond oder Mars spare und einfach nur riesige Finanzmittel binde, die man besser in Hardware für das Erreichen der Oberfläche oder wissenschaftliche Geräte gesteckt hätte. Aber: es hält die an der Entwicklung der ISS-Komponenten beteiligten NASA-Standorte und Firmen in verschiedenen Bundesstaaten beschäftigt, was den Senat freut.

Mittlerweile wurde das Deep Space Gateway in "Lunar Orbital Platform -Gateway" (LOP-G) umgetauft. Nach letzten Plänen (März 2019) soll die Station wie folgt aussehen:

  • Ein US-Wohnmodul der NASA, basierend auf der ISS-Hardware.
  • Ein internationales Wohnmodul von ESA und JAXA mit einem Roboterarm von der CSA.
  • Ein Vielzweckmodul mit Andockstellen für Raumschiffe von Roskosmos.
  • Ein ähnliches Vielzweckmodul der NASA.
  • Ein Antriebs- und Versorgungsmodul der NASA mit Solarzellen, chemischen Triebwerken und von der ESA gelieferten Ionentriebwerken.
  • Ein Versorgungsmodul "ESPRIT" ("European System Providing Refuelling, Infrastructure and Telecommunications"), das einen wieder befüllbaren Treibstoffvorrat für den Antrieb bereit stellt, sowie Antennen für die Kommunikation mit Geräten auf der Mondoberfläche, mit anderen Raumschiffen und der Erde und eine Luftschleuse für das Be- und Entladen von wissenschaftlichen Experimenten.

Vorgeschlagener Aufbau des Gateways

(Bild: NASA)

Im Hintergrund hatten die Partner schon mehrere Jahre an dem Konzept gearbeitet. Durch die Beteiligung der ESA, die bereits das Service-Modul des Orion-Raumschiffs stellt, können sich auch deutsche Astronauten die Hoffnung machen, den Mond einmal aus der Nähe zu sehen. Die Asteroidenrückholmission war damit endgültig tot, aber ein paar Komponenten davon würde man in das neue Konzept hinüber retten, zum Beispiel entstammt das bereits in der Entwicklung befindliche Antriebsmodul der Asteroidensonde. Die Station soll nun zwischen 2022 und 2028 schrittweise aufgebaut werden, ähnlich dem Aufbau der ISS, wobei russische (Angara-, Proton) und amerikanische kommerzielle Raketen (Falcon Heavy, Delta Heavy) zum Einsatz kommen könnten. Mit dem LOP-G wäre astronautischen Flügen des SLS und Orion ein Ziel gesetzt und ein Hafen für spätere Marsflüge gegeben. Da zunächst keine Mondlandefähre vorgesehen oder budgetiert war, wäre in den 2020ern auch keine amerikanische Mondlandung vorgesehen gewesen. Geschweige denn eine auf dem Mars im folgenden Jahrzehnt.

Das änderte sich im Dezember 2017, als Trump die "Weltraumpolitik-Direktive 1" ausrief, welche die NASA anwies, unter Zuhilfenahme industrieller Partner Landegeräte entwickeln zu lassen, die mittelfristig die Rückkehr von Astronauten auf den Mond ermöglichen sollten. Der Zeitrahmen sah ca. 2028 für eine solche Landung vor, und dies entsprach der NASA-Planung. Bis Trump Ende März über seinen Vizepräsidenten Mike Pence auf der 5. Sitzung des Nationalen Weltraumrats verkünden ließ, dass die astronautische Mondlandung gefälligst schon im Jahre 2024 zu erfolgen habe – also ganz nebenbei noch innerhalb Trumps potenzieller zweiter Amtszeit. Man befinde sich in einem neuen Wettstreit mit Russland und China. Und man wolle auf dem Mond eine permanente Basis in der Nähe des Südpols des Mondes errichten – dort gibt es im ewigen Schatten einiger Krater größere Mengen gefrorenen Wassers –, um die Technologien für den Aufenthalt auf dem Mars zu entwickeln.

Fachleute kommentierten, die Aufgabe sei schwierig, aber machbar – es dürfe nur zu keinen weiteren Verzögerungen beim SLS kommen. Dessen auf Ende 2020 gerutschter Erstflug mit einem unbemannten Orion-Raumschiff um den Mond herum soll nun auf den kommenden Juni vorgezogen werden – unter anderem, indem man sich den Integrationstest der Triebwerke in Saint Louis nach ihrem Einbau in die Rakete spart, denn sind diese bereits einzeln getestet worden, und es handelt sich um Triebwerke, die schon in Space Shuttles geflogen sind. Um der Entwicklung des SLS mehr Druck zu machen, brachte Bridenstine im März gar die Option ins Gespräch, falls das SLS den Juni-Termin nicht halten könne (wonach es jüngsten Meldungen zu Folge überhaupt nicht aussieht), notfalls das Orion-Raumschiff und die ICPS-Oberstufe mit zwei kommerziellen Raketen getrennt in den Erdorbit bringen zu lassen und dort zu koppeln – wofür die diese gar nicht vorbereitet sind.

Trump will einen Mann und die erste Frau der Geschichte ihre Stiefel in den Mondstaub setzen sehen: "Boots on the Moon" ist sein Slogan. Das Programm trägt mittlerweile den Namen "Artemis", in der Tradition des Apollo-Programms. Die bisher geplanten Flüge Exploration Mission 1 und 2 (erst ohne Crew um den Mond, dann mit Crew) wurden in Artemis 1 und 2 umgetauft. Artemis 2 soll mit 4 Astronauten zuerst die Erde umkreisen, dann soll die ICPS den fernsten Punkt der Bahn auf 2500 km anheben und beim folgenden Umlauf das Orion-Raumschiff auf eine schleifenförmige freie Rückkehrbahn um den Mond befördern, ähnlich der Apollo-8-Mission, jedoch ohne wie diese in den Mondorbit einzuschwenken.

Artemis 2

(Bild: NASA)

Artemis 3 hätte nach ursprünglicher Planung das ESPRIT- und das US-Vielzweckmodul zum LOP-G geflogen, was nun auf Artemis 4 verschoben werden soll. Artemis 3 soll statt dessen zu einem rudimentären, nur aus Antriebsmodul und einer kleinen Wohneinheit mit Andockstellen bestehenden LOP-G fliegen, und die Crew soll dort in eine zuvor von einer kommerziellen Rakete deponierte kommerzielle Mondlandefähre umsteigen. Die Fähre soll aus drei Elementen bestehen, einem Transfer-Element für den Flug zum niedrigen Mondorbit, einem Abstiegselement für die Landung und einem Aufstiegselement für die Rückkehr zum Gateway. Nach dieser ersten Mission sollen die Elemente zukünftig wiederbetankbar (zum Beispiel mit aus Mondeis hergestelltem Wasserstoff und Sauerstoff) und somit wiederverwendbar sein.

Aufträge über Studien zu den Elementen der Fähre wurden im Mai an 11 Bieterfirmen ausgeschrieben, darunter Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos, der im Mai mit viel Tamtam einen geplanten robotischen Lander namens Blue Moon der Öffentlichkeit präsentierte, welcher 6,5 Tonnen Nutzlast auf dem Mond landen können soll. Das wären 40 Prozent mehr als die Masse der vollgetankten Aufstiegsstufe der Apollo-Mondfähre und somit potenziell geeignet, das Aufstiegselement für das Artemis-Projekt zu tragen. Blue Origin verfügt dank ihrer New-Shepard-Rakete, die bereits zehn Mal erfolgreich geflogen ist und noch in diesem Jahr Touristen auf über 100 Kilometer Höhe tragen soll, über hinreichende Erfahrung im Senkrechtlanden von Raumfahrzeugen. 3 robotische Lander wurden bereits in Auftrag gegeben.

Bei Apollo führte man vor der Mondlandung vier astronautische Missionen durch, um nacheinander das Raumschiff, den Flug zum Mondorbit, die Mondlandefähre im Erdorbit und ihren Landeanflug auf den Mond zu testen – bei Artemis sind nur zwei Testflüge vor der Landung geplant, davon einer ohne Crew. Das Risiko ist groß, wenn man bei vermeintlich verzichtbaren Tests Zeit zu sparen versucht. Flöge die Artemis-1-Mission im kommenden Juni mit Hilfe von privaten Raketen zum Mond, dann wären beim ersten gemeinsamen Flug von SLS und Orion bereits Menschen an Bord – es wäre der zweite Flug des SLS, das 2022 eine Sonde zum Jupitermond Europa starten soll.

Um 2022 bereits den Artemis-2-Flug durchzuführen, müsste nun statt der dann noch nicht bereit stehenden EUS- die ICPS-Oberstufe verwendet werden. Diese müsste zu diesem Zweck erst für den astronautischen Flug qualifiziert werden, zum Beispiel durch den Einbau zusätzlicher Sensoren und Sicherheitssysteme, die es den Astronauten erlauben, den Zustand der Stufe besser zu überwachen und gegebenenfalls rechtzeitig eingreifen zu können. Die Landemission würde dann mit der vorher nicht im Verbund mit den anderen Komponenten getesteten EUS erfolgen. Das klingt alles überhastet und nicht besonders vertrauenerweckend – und alles nur, damit Trump als Präsident in die Geschichte eingeht, der die Amerikaner auf den Mond zurückgebracht hat. "Wollen Sie Astronauten töten? Denn so tötet man Astronauten!" empörte sich Holly Griffith, eine Ingenieurin der Orion-Kapsel, gegenüber der Presse.

Mond und Mars, Asteroiden, Mars, Mondumlaufbahn und dann Mars, Mondoberfläche und irgendwann Mars – nichts ist mehr übrig von der zielstrebigen Effizienz der Apollo-Jahre. Seit fast 20 Jahren irrt die NASA von verschiedenen Präsidenten gestellten beweglichen Zielen mit vom Senat und Kongress dazu inkompatiblen gesetzten Vorgaben hinterher und ist nur noch darin effizient, große Mengen Geld zu verbrennen. Dass sie es ohne viel Einmischung der Politik auch anders kann, beweist sie mit ihren sehr erfolgreichen Raumsondenmissionen. Derweil rüsten sich private Firmen wie SpaceX oder Blue Origin befreit von politischen Zwängen die Raumfahrt zu revolutionieren. Blue Origin baut nicht nur einen Mondlander, sondern auch eine teilweise wiederverwendbare Schwerlastrakete, die 2021 zum ersten Male fliegen soll, und SpaceX arbeitet an der voll wiederverwendbaren Starship- und Superheavy-Kombination, die ebenfalls 2021 starten und 2023 den japanischen Milliardär Yusaku Maezawa mit einer Gruppe von Künstlern um den Mond fliegen soll.

Die größtenteils wiederverwendbare SpaceX Falcon Heavy hievt heute schon für 150 Millionen Dollar die Hälfte der Nutzlast ins All, welche die Wegwerfrakete SLS mit ICPS für geschätzte eine Milliarde pro Flug in den Orbit befördern soll, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass der nächste US-Präsident die derzeitigen NASA-Pläne auf Eis legt. Es war noch nie so schwer zu sagen, wer wann und mit welchem Vehikel als nächstes seinen Fuß auf welchen Himmelskörper setzen wird. Aber die Chance besteht weiter, dass es keine zehn Jahre mehr dauern wird.

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(jk)