Alternative Wasserstoff-Quelle

Ein US-Forscher will mit Hilfe eines chemischen Prozesses auf Basis einer Aluminium-Legierung das bislang Unmögliche schaffen: Brennstoffzellen-Autos endlich praktikabel zu machen.

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Von
  • Kevin Bullis

Jerry Woodall, Professor für Elektrotechnik an der amerikanischen Purdue University, hat ein neues Verfahren entwickelt, mit dem Wasserstoff aus Wasser bald kostengünstig produziert werden soll.

Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf Wasserstoff-Basis gelten bekanntlich schon lange als interessant, weil sie keine schädlichen Emissionen produzieren. Das noch immer ungelöste Problem: Der neue Treibstoff lässt sich nur mit großem Aufwand transportieren und speichern. Die verfügbaren Prototyp-Fahrzeuge bieten denn auch nur eine vergleichsweise geringe Reichweite. Zahlreiche Wissenschaftler auf der ganzen Welt suchen daher nach Methoden, den Treibstoff in größeren Mengen zu speichern – etwa mit Hilfe von Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder einer Art "Zwischenlagerung" mit Hilfe anderer chemischer Stoffe. Woodall speichert den Wasserstoff dagegen in der einfachsten Form: Wasser. Der Treibstoff wird erst dann vom Sauerstoff abgespalten, wenn er für den Antrieb tatsächlich benötigt wird.

Das klingt simpel, ist aber ein komplexes Problem. Anfang des Jahres berichtete Woodall dann, er habe erfolgreich größere Mengen Wasserstoff mit Hilfe einer Kombination aus Aluminium und Gallium erzeugt. In diesen Experimenten enthielt die Legierung aber hauptsächlich Gallium, was die Wasserstoff-Generierung erstens einschränkte und die Kosten zweitens hoch hielt. In einer neuen Versuchsanordnung hat der Forscher den Prozess nun laut eigenen Angaben mit einer veränderten Legierung durchführen können, die zu 80 Prozent aus Aluminium bestand. Dies würde einen möglichen Einbau in Fahrzeuge preiswerter machen und den aktiven Bestandteil des Materials erhöhen.

Woodalls Prozess funktioniert, weil Aluminium eine starke Affinität zu Sauerstoff hat, was dann wiederum zum Aufbrechen der Wassermoleküle führt – es ergibt sich also Aluminium-Oxid und der gewünschte Wasserstoff. Dieser grundlegende chemische Prozess ist der Forschung wohl bekannt – das Problem war bislang allerdings, dass Aluminium, wenn es mit Luft in Kontakt kommt, sofort eine dünne Schicht Aluminium-Oxid bildet, die den Großteil des Materials versiegelt und eine Reaktion mit Wasser verhindert. Woodalls Neuerung sei nun, dass er Gallium dazu verwendet, die vollständige Versiegelung des Aluminiums zu verhindern, erläutert Sunita Satyapal vom dem Wasserstoff-Storage-Programm des US-Energieministeriums. Obwohl der Mechanismus auf molekularer Ebene noch nicht verstanden wurde, ist schon länger bekannt, dass Gallium Lücken in der Oxid-Schicht generiert, die es dem Aluminium ermöglichen, mit dem im Wasser enthaltenen Sauerstoff, aber nicht mit dem in der Luft zu reagieren.

Woodall stellt sich nun ein Fahrzeugsystem vor, in dem Alu-Pellets und Wasser über Tankstellen verteilt werden. Der Fahrer würde dann etwa 50 Kilogramm Pellets und 20 Kilogramm Wasser in separate Tanks füllen. Beide Bestandteile vermischen sich im Fahrzeug und produzierten dann auf Wunsch Wasserstoff und Aluminium-Oxid. (Der Energiegehalt soll in diesem Beispiel dem von 60 Kilogramm Benzin entsprechen.) Das Aluminium-Oxid kann später recycelt werden – mit einem ähnlichen Prozess wie dem bei Alu-Dosen. Auch das Gallium lässt sich laut Woodall leicht abscheiden und wieder verwenden.

Problematisch bliebe allerdings im Alu-Aufbereitungsprozess notwendige Elektrizität. Kommt die nicht aus sauberen Quellen wie Sonne oder Wind, hätte sich die CO2-Generierung einmal mehr nur verschoben. Laut Satyapal vom US-Energieministerium liegt auch die Energieeffizienz des Verfahrens im jetzigen Stadium noch unter den Zielen der Regierung.

Die aktuellen Benchmarks wurden zusammen mit Öl- und Autofirmen erstellt und legen etwa fest, wie viel Wasserstoff an Bord sein muss, um die gleiche Reichweite wie bei Benzinfahrzeugen zu erzielen – ohne große Veränderungen im Fahrzeugdesign und ohne Reduktion von Gepäck- und Fahrgastraum. Woodall meint, er könne diese Standards für Autos und andere leichtere Fahrzeuge erreichen – unter anderem will er das Wasser recyceln, das aus den Brennstoffzellen kommt. Beim US-Energieministerium ist man davon allerdings nicht überzeugt – es gäbe Platzprobleme und außerdem sei ein echtes Wasserrecycling kaum praktikabel, sagt Satyapal.

Professor Woodall will sich davon nicht einschüchtern lassen. Er arbeitet aktuell mit dem Start-up AlGalCo zusammen, das vom US-Bundesstaat Indiana aus seinen Prozess kommerzialisieren will. Erstes Produkt soll ein Brennstoffzellen-basierter Generator sein. Er läuft mit Wasserstoff, der mit einer Variante von Woodalls Legierung erzeugt wird. (bsc)