Auf der Suche nach dem mobilen Web

Website-Betreiber, Mobilfunker und Werbefirmen hoffen seit langem, dass die Bedienung mobiler Suchmaschinen endlich besser wird.

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Moderne Suchtechnologien haben die Art verändert, wie die Menschen das Internet nutzen – und gleichzeitig Netzkonzernen wie Google große Reichtümer eingebracht. Auf der Mobile Internet World 2008 in Boston trafen sich im Oktober Industrievertreter, um über neue Ansätze zu sprechen, wie die auf dem Desktop so erfolgreiche Web-Suche endlich auch auf mobile Geräte verankert werden kann. Denn vielen Ländern zeigen die Zahlen, dass es inzwischen mehr Handys als Menschen gibt. An der Bedienbarkeit des mobilen Internet-Zugangs hat das allerdings wenig verbessert, egal wie groß die technische Leistungsfähigkeit heutiger Geräte ist. Dieses ungenutzte Potenzial war ein Hauptthema in Boston.

Einig waren sich die meisten Experten, dass das Problem vor allem die mobilen Schnittstellen seien. "Die Zahlen sagen uns ganz klar, dass eine bessere Nutzerführung sofort auch zu einer stärkeren Nutzung führt", sagt Hadley Harris, Direktor für Geschäftsentwicklung und Finanzen beim US-Start-up Vlingo, das Spracherkennungstechnologien für Handys entwickelt. Harris meint, dass der bereits deutlich besser funktionierende Browser in Apples iPhone diesen Unterschied gut sichtbar macht: Im Schnitt führen Besitzer dieses Handys 50 Mal mehr Web-Suchen durch als Menschen mit jedem anderen Smartphone.

Um mehr Leute zur Suchmaschinennutzung auf ihrem Mobiltelefon zu bewegen, sei es wichtig, wahrzunehmen, wie die Geräte genutzt würden, meint dagegen DeWayne Nelon, Chef von Avot Media, einem kalifornischen Mobilvideo-Start-up. "Wir tendieren als Industrie dazu, mobile Geräte als kleine Laptops zu behandeln, aber das sind sie nicht." Während Nutzer vor Desktop- oder Laptop-Rechnern viel Zeit im Web verbringen würden, um nur zu surfen, wollten Handy-Nutzer schnelle Antworten auf spezifische Fragen. Das wichtigste sei deshalb, dass die mobile Suche künftig schnell und einfach zu benutzen sein werde.

Das ist allerdings noch nicht der Fall: Die Eingabe von Suchanfragen kann mit einer Handy-Tastatur eine kleine Ewigkeit dauern. Spracherkennungssysteme sollten deshalb auch hierfür untersucht werden, meint Nelon. Andere Funktionen des Telefons könnten bei der Suche helfen – die eingebaute Kamera kann beispielsweise bildbasierte Anfragen ermöglichen. Die mobile Plattform liefere aber auch ganz neue Möglichkeiten, meint Nelon. Beispielsweise könne die Handy-Suche Navigationstechnologien nutzen, die inzwischen in vielen Geräten stecken.

Auch hier zeigt das iPhone einmal mehr, wohin die Reise geht. Google hat inzwischen einen eigenen Client für das Gerät entwickelt, der nach Eingabe des Suchbegriffs die Resultate nach vorne sortiert, die zum aktuellen Ort des Benutzers passen. (Er muss die Übertragung der Lokalisationsdaten zuvor zulassen.) Andere Programme für das Smartphone sind auf spezielle Anwendungsfälle konzentriert – die Umkreissuche nach Restaurants oder Spezialitätengeschäften, beispielsweise. Erste Beispiele für eine soziale Suche sind ebenfalls vorhanden: Hierbei sucht man nicht nach Begriffen im Netz, sondern nutzt das Handy, um Freunde in der Nähe aufzufinden.

Harris glaubt, dass in einem nächsten Schritt Technologien aus dem semantischen Web mobile Suchanfragen erleichtern könnten. "Mit dem Aufbau dieser Technik kann Software leichter spezifische Fragen beantworten und darauf achten, was der Nutzer auf dem Gerät wirklich tun will."

Handys intelligenter und intuitiver zu machen benötigt allerdings auch mehr Rechenleistung. Anand Chandrasekher, Senior Vice President und General Manager der "Ultra Mobility"-Gruppe bei Intel, demonstrierte in Boston die neueste Version des Energiespar-Handy-Chips Atom. Während der Demonstration zeigte Gunnar Evermann von der Spracherkennungsfirma Nuance, wie die Software seines Unternehmens dank mehr Power im Mobiltelefon komplexe Aufgaben erledigen konnte. Er schrieb eine E-Mail und verschickte sie – allein mit seiner Stimme.

Obwohl derzeit viele Neugründungen an eigenen Schnittstellen für die Handy-Internet-Suche arbeiten und eigene neuartige mobile Dienste entwickeln, bleiben die Marktführer aus dem "PC-Internet" am Ball. Christian Seider vom bei Intel angesiedelten "Institute for Business Value in the Electronics Industry" glaubt, dass die Nutzer auch auf dem Handy bekannten Marken treu blieben. Er glaube, dass viele Nutzer die gleichen Internet-Dienste verwenden wollen, die sie vom Desktop her kennen. "Deshalb könnte es insbesondere für junge Firmen schwierig werden, mit der Technologie gutes Geld zu verdienen." (bsc)