Auf der Suche nach der perfekten Beleuchtung

Nanokristalle könnten dafür sorgen, dass die stromsparende LED-Technologie künftig auch ganz gewöhnliche Glühbirnen ersetzen kann. Dafür müssen die Forscher noch die Toxizität des Materials in den Griff bekommen.

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Von
  • Neil Savage

Thomas Edisons Glühbirne erhellt die Welt nun schon seit mehr als 100 Jahren. An möglichen Ersatzkandidaten für die angestaubte Technik mangelt es nicht – zahlreiche Forscher arbeiten beispielsweise an besonders energieeffizienten "Solid State"-Leuchtmitteln. Das Problem dabei war bislang allerdings die Erzeugung des gewohnten, hellweißen Lichts. D.D. Sarma, Materialwissenschaftler am Indian Institute of Science in Bangalore, hat nun kleine Kristalle aus Halbleitermaterial geschaffen, die sich als Überzug für Leuchtdioden (LEDs) eignen. Das Ergebnis ist ein weißer Lichtton, der sich besonders gut für die Raumbeleuchtung eignen soll. Noch ist diese LED allerdings nicht besonders stark, doch Sarma arbeitet bereits an Techniken, die Helligkeit deutlich zu steigern.

Vorteil des Verfahrens ist eine bessere Kontrolle über den Weißfaktor, außerdem sei es einfacherer als andere Ansätze, aus Nanokristallen weißes Licht abgebende LEDs zu machen, meint der Forscher. Sarma lässt dazu kleine Kristalle aus Kadmium-Sulfid wachsen. Damit werden dann LEDs beschichtet, die eigentlich ultraviolette Wellenlängen emittieren. Die Kristalle produzieren schließlich eine Mischung aus Farben, die wir als weißes Licht wahrnehmen. Grund für diese Eigenschaft ist die geringe Größe der einzelnen Nanokristalle, die einen Durchmesser von nur fünf Nanometern pro Stück haben.

Einfarbige LEDs werden inzwischen längst als Glühbirnenersatz verwendet, etwa bei Verkehrssignalen. Auch im Bereich der normalen Beleuchtung soll die alte Technik ersetzt werden. Eine Studie des Sandia National Laboratory schätzt, dass die Welt 120 Gigawatt weniger an elektrischer Leistung benötigen würde, wenn die Hälfte der Beleuchtung bis 2025 aus LEDs bestünde. 100 Milliarden Dollar im Jahr ließe sich so sparen – und 350 Megatonnen CO2 aus den Kraftwerken.

Doch um einen Raum zu erleuchten, reichen einfarbige LEDs nicht. Normalerweise wird deshalb eine Phosphormischung aufgetragen – der gleiche Effekt wie bei Leuchtstofflampen. Die Moleküle im Phosphor sind aber so groß, dass sie das Licht in unvorhersehbare Richtungen verteilen. Es wird dann auch auf sich selbst zurückgeworfen und leuchtet so nicht stark genug. Dieses Problem existiert bei Nanokristallen nicht, weil ihre Fläche kaum Raum bietet, um die Photonen umzulenken: "Nanomaterialien sind normalerweise so klein, dass sie das Licht nicht streuen. Genau aus diesem Grund sind wir von ihnen so begeistert", sagt Sarma.

Ein weiterer potenzieller Vorteil von Nanokristallen gegenüber anderen Materialien ist der Weißton, den sie erzeugen. Phosphor liefert normalerweise rotes, grünes und blaues Licht und muss in der richtigen Mischung vorliegen, um echt weißes Licht zu bilden. Doch ein Phosphor, das rotes Licht abgibt, absorbiert auch grünes und blaues Licht, was die Mischung komplexer macht. Das heißt: Verschiedene LEDs produzieren auch unterschiedliche Weißtöne. Außerdem altern Phosphorelemente unterschiedlich schnell, was die Lichtfarbe auf Dauer verändert. Auch hier bieten die Nanokristalle Abhilfe.

Einige weitere Forscher entwickeln Nanokristalle zur Produktion von weißen LEDs. James McBride beispielsweise, ein Juniorprofessor an der Vanderbilt University, hatte bereits als Masterstudent eine Methode entwickelt, um sie herzustellen. Statt Kadmium-Sulfid wie Sarma setzt er auf ein Kadmium-Selenid und nutzt auch keine Dotiersubstanz wie Mangan zur Erhöhung des Rotanteils, wie das sein Kollege tut. Sarma ist allerdings davon überzeugt, das sein Ansatz eine bessere Kontrolle über den Weißton erlaubt und weniger gleichgroße Nanokristalle benötigt.

Weder Sarma noch McBride können bereits vermarktbare LED-Beschichtungen herstellen. Derzeit erreicht Sarma nur eine Weißlicht-Ausbeute von 2 Prozent – 98 Prozent der Energie verpufft. McBride ist hingegen bereits bei 8 Prozent, wie er sagt. Doch erst mit Raten von 40 bis 50 Prozent lohnt es sich, das derzeit verwendete Phosphor gegen Nanokristalle auszutauschen.

Und auch das Kadmium ist ein Problem. Es ist hochgiftig, und die Lichtindustrie würde es wohl gerne vermeiden. McBride glaubt, dass die Produzenten aber schnell sicherere Prozesse entwickeln würden, sollten sich die Nanokristalle durchsetzen. Außerdem könne es Alternativen geben: Beide Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie ihre Erkenntnisse aus der Forschung mit Kadmium-basierten Medien auch auf weniger toxische Materialien übertragen könnten.

Steven DenBaars, Co-Direktor des Bereiches Solid State-Beleuchtung und Bildschirme an der University of California in Santa Barbara, sieht Vorteile in der Verwendung der Nanokristalle gegenüber Phosphor, sobald die Forscher das Lichtausbeuteproblem und die Toxizität in den Griff bekommen. Aktuell habe die Wissenschaft jedoch noch "einen langen Weg vor sich".

"Das ist nur ein Proof of Concept", gibt Sarma zu. Es werde noch mindestens zwei oder drei Monate dauern, bis er und seine Kollegen herausgefunden hätten, ob ihre Grundannahme korrekt sei. Eine hohe Effizienz sei dann in weiteren sechs Monaten erreichbar. Falls man daneben liege, müsse man eben von neuem beginnen. Und Edison, der einmal sagte, jeder Geniestreich bestünde aus 99 Prozent Schweiß, dürfte sich im Himmel darüber freuen. (bsc)