Bohnen gegen die Landflucht

Die Samen des Wunderbaums helfen dabei, in entlegenen Gebieten Südafrikas Jobs zu schaffen.

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Von
  • Roman Goergen
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Als Thabang Mabapa 2012 vor die Ältesten des Dorfes Muila in der südafrikanischen Limpopo-Provinz trat, hatte er nur eine Handvoll Rizinusbohnen in der Tasche. Mit den Samen wollte er bei ihnen für sein Projekt werben. "Ich nahm teil an dem althergebrachten Verfahren, bei dem über die Vergabe von kommunalem Land entschieden wird. Und doch kam ich mir vor, als ob ich eine Präsentation für eine Gruppe von Investoren abhalten müsste", erinnert sich der Jungunternehmer.

Mabapa benötigte Ackerfläche für den Anbau von Rizinusbohnen. Aus den Samen des sogenannten Wunderbaums wollte er zunächst Rizinusöl und anschließend unter anderem Biodiesel herstellen. Doch vor einer Entscheidung wollte der Gemeinderat genau wissen, wie Muila davon profitieren würde. "So erklärte ich ihnen, wie Rizinusöl einen positiven wirtschaftlichen Einfluss auf das Dorf haben würde und auch jungen Menschen sowie Frauen zu Arbeit verhelfen könnte", berichtet Mabapa. Er erhielt zunächst eine kleine Parzelle, um den Beweis anzutreten.

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Muilas Ältestenrat hat seine Zusage nicht bereut. Mabapas Rizinusfelder haben sich inzwischen auf 100 Hektar ausgedehnt. Dort pflanzt er die Bohnen an, mit denen er die Erfolgsgeschichte seiner Firma "Selokong Sa Dimelana" – übersetzt "Der Platz, auf dem die Dinge wachsen" – schreibt. Mit 15 Angestellten, mehr als 60 unbezahlten freiwilligen Helfern und in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Kleinbauern produziert Mabapa nun Rizinusöl und Biodiesel. Das naturbelassene Öl verkauft er an Großhändler. Verwendung findet es anschließend vor allem in der Medizin, der Kosmetik und als Schmiermittel. Der Biotreibstoff hingegen geht zurück an die örtlichen Farmer für ihre Traktoren.

Dafür wird das Rizinusöl als Ausgangsprodukt in sogenannten Veresterungsanlagen raffiniert. Im Vergleich zu anderen Ausgangsstoffen für Biotreibstoff wie Palm- oder Rapsöl sind Rizinusbohnen ölhaltiger und haben einen höheren Heizwert. Außerdem muss das Öl bei der Umwandlung zu Biodiesel nicht erhitzt werden. Damit setzt der Biotreibstoff nur so viel Kohlendioxid frei, wie die Bohnen zuvor beim Wachsen absorbiert haben. "Deshalb ist das Rizinusöl als Biotreibstoff klimaneutral", bekräftigt Mabapa.

Ein Nebenprodukt der Ölproduktion ist der Presskuchen – ein Rückstand, der als Stickstoffdünger verwendet werden kann. Dieses Substrat bietet Mabapa den Landwirten kostenlos an, solange diese dafür auf einem bestimmten Teil ihres Landes Rizinusbohnen anbauen. "Und die Ernte kaufen wir den Bauern dann ebenfalls ab", sagt der 25-Jährige.

Allerdings ist die Gewinnspanne recht klein, weil das Rizinusöl auf dem Weltmarkt mit anderen Biotreibstoffen konkurrieren muss – und deren Preise sind spürbar geringer. Mabapa muss den Sprit also subventioniert an die Bauern verkaufen. Für ihn ist es dennoch ein sinnvolles Geschäft. Denn er schafft damit einen Kreislauf, der sowohl einen Markt für das Öl als auch Arbeitsplätze in der Region schafft. Dieser soziale Ansatz ist Mabapa wichtig.

"Als ich nach Muila kam, hatten viele junge Leute schon die Flucht in die Stadt angetreten. Von den Verbliebenen waren rund 70 Prozent ohne Arbeit", berichtet Mabapa. Selokong Sa Dimelana soll diesen Aderlass stoppen – und zwar nicht nur in Muila. "Wir können mit Rizinusöl noch mehr Jobs in vielen Dörfern überall in Südafrika erschaffen." Unlängst wurde er für sein vorbildliches soziales Unternehmertum mit einem Zuschuss in Höhe von umgerechnet rund 6000 Euro von der Stiftung des multinationalen Versicherungskonzerns Old Mutual und dem Getränkehersteller Red Bull ausgezeichnet. Das bestärkt Mabapa darin, noch mehr Rizinusfelder in der Nordwest-Provinz und Limpopo anzulegen.

(bsc)