CO2 wird Super

Forscher und Start-ups wollen Kohlendioxid auffangen und daraus klimafreundlichen Brennstoff herstellen. Der Wettlauf um die beste Technologie ist in vollem Gange.

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Lesezeit: 18 Min.
Von
  • Rainer Kurlemann
  • Peter Fairley
  • James Temple
Inhaltsverzeichnis

Die blaue Beleuchtung verleiht der Anlage einen besonderen Zauber. Es spiegelt sich in den Glasbehältern und Edelstahltanks und lässt selbst das Gewirr von Plastikschläuchen futuristisch aussehen – selbst den Ansaugstutzen für Luft, der bei ungefärbter Betrachtung eher an das Heizungsrohr eines Kaminofens erinnert. Die Anlage besitzt nur die Dimension eines größeren Kühlschranks, aber sie hat es in sich: Mit ihr möchte die Firma Gensoric Kohlendioxid aus der Luft in Energie verwandeln. Aus dem Klimagas soll der Treibstoff der Zukunft werden.

"Unsere Anlage filtert Kohlendioxid aus der Umgebungsluft und verwandelt es in den Energieträger Methanol", sagt Geschäftsführer Lars Krüger. Wenn das System ausgereift ist, möchte er die neue Technologie namens Willpower an Hausbesitzer und Wohnungsbaugenossenschaften verkaufen, die das Methanol in der Heizung oder in Blockheizkraftwerken verbrennen. "Wir wollen Privatleute befähigen, sich selbst CO2-neutral mit Wärme und Warmwasser zu versorgen."

Das sind große Worte – aber nicht nur. Erstens steht seit Kurzem eine erste Pilotanlage in einem Container im Schatten eines Wasserkraftwerks am Baldeneysee nahe Essen. Das Stauwehr betreibt der Energieversorger Innogy, und die ehemalige RWE-Tochter hat Gensoric angeboten, dort ihre Technologie auszuprobieren. Zweitens ist Lars Krüger nicht der einzige Unternehmer, der Kohlendioxid als Rohstoff entdeckt hat. Viele Entwickler – junge Ingenieure in Start-ups, aber auch alteingesessene Unternehmen – träumen von einem zweiten, klimafreundlichen Leben des Treibhausgases. Chemiefirmen wie Covestro (siehe TR 5/2017) wollen daraus Kunststoffe und Schäume herstellen oder es als Basis für Kosmetikprodukte verwenden.

Der mit Abstand größte Traum ist jedoch, mit CO2 Erdöl und Erdgas zu ersetzen, Heizungen zu befeuern und Autos anzutreiben. Was hinten aus dem Auspuff oder oben aus dem Schornstein rauskommt, soll nach seiner chemischen Verwandlung vorn wieder hineinlaufen. Es wäre der perfekte Kreislauf, angepasst an das Prinzip der Natur: Tiere oder Menschen atmen CO2 aus, Pflanzen nehmen das Gas auf und verwandeln es in Biomasse, die wiederum Energie liefert. Die Energie der Sonne hält den Kreislauf in Gang. Beim menschlichen System nähme Strom aus Solaranlagen, Windrädern oder Wasserkraftwerken diese Rolle ein. Stammt der Strom vollständig aus erneuerbaren Energien, wäre das klimaneutrale Heizwerk – und vor allem der CO2-freie Verbrennungsmotor – erschaffen.

Knapp 70 Milliarden Liter Sprit werden jedes Jahr allein in Deutschland verfahren. "Wir könnten die Mobilität dazu nutzen, das unvermeidliche CO2 weiterzuverwenden", erklärt Robert Schlögl, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion. Die deutsche Autoindustrie springt gern darauf an, könnte sie mit dieser Technologie doch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen Kohlendioxid aus der Luft entfernen und den Klimawandel bremsen. Und zum anderen den Verbrennungsmotor und damit zumindest einen Teil ihrer Milliardengewinne retten. Der Automobilzulieferer Bosch etwa wirbt dafür, dass die Beimischung synthetischer Treibstoffe zum herkömmlichen Diesel die Klimabilanz des Verkehrs sofort verbessern könne. "Anders als beim großflächigen Umstieg auf Batterieantrieb können die bestehende Infrastruktur und bewährte Technologie weitergenutzt werden", sagt auch Schlögl.

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Deshalb ist um die Produktion von synthetischen Brennstoffen ein Wettstreit entbrannt. Gensoric setzt auf Methanol als lagerfähiges Zwischenprodukt. Kleine, autarke Einheiten sollen in Hauskellern stehen, die Energie für das CO2-Recycling sollen Photovoltaik-Anlagen liefern. Das zu Sonnenzeiten produzierte Methanol könnte in einem 1000-Liter-Tank gelagert werden, bis die Heizung es anfordert. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat für Gensoric verschiedene Szenarien mit Realdaten berechnet. "In einem Niedrigenergiehaus ist es möglich, mit einer Kombination aus Photovoltaik und unserer Anlage über das gesamte Jahr bei Wärme und Warmwasser autark zu werden", sagt Krüger. Bei der Planung von neuen Wohnquartieren oder im ländlichen Raum gebe es genug Platz für Photovoltaik. Anfang 2018 will Gensoric mit dem Bau der ersten Pilotanlagen beginnen.

Andere Start-ups verwandeln Kohlendioxid aus der Luft direkt in Kraftstoff. In Finnland haben Ingenieure der Ineratec aus Karlsruhe mit ihren Partnern eine Pilotanlage gebaut, die täglich 80 Liter Treibstoffersatz aus Kohlendioxid, Wasser und Strom produzieren kann. An einer Tanksäule auf dem Gelände der Firma Sunfire in Dresden können Besucher bereits den alternativen Sprit für ihre Dieselfahrzeuge zapfen. Demnächst soll eine 20-Megawatt-Anlage eines Kooperationspartners in Norwegen jährlich 8000 Tonnen des strombasierten Kraftstoffs Blue Crude herstellen (siehe TR 9/2017). Fast jeden Monat gibt es neue Nachrichten dieser Art. Zuletzt stellten Forscher der Technischen Universität Delft ihre Anlage vor. Die Niederländer experimentieren mit Katalysatoren, um eine breitere Produktpalette zu erhalten. In Kooperation mit der niederländischen Fluggesellschaft KLM arbeiten die Uni-Forscher an der Herstellung von Flugbenzin auf CO2-Basis.

Alle Gesprächspartner berichten, dass durch die aktuelle Diskussion um Schadstoffe beim Diesel die Anfragen gestiegen sind. Wer sich durchsetzen wird, ist allerdings noch völlig offen. "Alle Verfahren haben ihre Chance", sagt Nicolaus Dahmen, Professor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). "Niemand kann derzeit einschätzen, welche Technologie am Ende gebraucht werden wird."

Doch bevor sich die Frage nach dem besten Verfahren stellt, muss eine andere, viel grundlegendere Frage beantwortet werden: Ergibt die Methode überhaupt Sinn? Denn bevor sich Kohlendioxid in andere Produkte umwandeln lässt, stehen alle Entwickler vor gleich zwei Problemen. Sie müssen das Kohlendioxid erst einmal aus den Abgasen oder der Atmosphäre filtern. Selbst wenn das klappt, kämpfen die Ingenieure und Chemiker gegen die Thermodynamik. CO2 ist ein sehr stabiles Molekül. Viel Energie ist nötig, um das Gas zu einer chemischen Reaktion zu bewegen. Doch neuere Entwicklungen legen nahe, dass beides keineswegs mehr Utopie ist.

Auf 1,5 Hektar im texanischen La Porte nimmt ein Kraftwerk Formen an, das die Energiewelt verändern soll: Zum ersten Mal will ein Betreiber zeigen, dass sich Kohlendioxid auf wirtschaftliche Weise aus den Emissionen zurückgewinnen lässt. Der Trick der US-Firma Net Power ist, dass sie das CO2 nicht einfach nur abscheidet und speichert, sondern damit den Wasserdampf im Kraftwerksbetrieb ersetzt. Als Brennstoff dienen Erdgas und Sauerstoff. Das entstehende heiße Kohlendioxid wird mit Pumpen unter hohen Druck gesetzt, bis es zu einer Art flüssi-gem Gas wird.

Dieses überkritische CO2 treibt die Turbine zur Stromerzeugung an. Über ein Gewirr aus Tanks, Kompressoren, Röhren und Wärmetauschern wird ein Teil des Kohlendioxids abgekühlt und wieder in die Brennkammer geleitet. Als Rest bleiben Wasser und relativ reines Kohlendioxid, das verkauft oder für chemische Prozesse genutzt werden soll. Ende November oder Anfang Dezember soll das Kraftwerk anlaufen. "Funktioniert es wie angepriesen, würde die Technologie einen riesigen Impuls setzen", kommentiert Jesse Jenkins von der Energy Initiative des Massachusetts Institute of Technology.

Allerdings verlangt dieses Verfahren, dass die Kraftwerke von Grund auf anders konstruiert werden. Eine Nachrüstung bestehender Meiler ist unmöglich. Mittelfristig vielversprechender dürfte daher eine Technologie vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) sein. Dort haben Wissenschaftler Membranen aus Keramik und Kunststoff entwickelt, die Kohlendioxid leichter passieren lassen als andere Gase. Die Forscher am Institut für Polymertechnik testen 15 Quadratmeter große Membranen bereits seit Frühjahr 2016 bei Kohlekraftwerken in Niederaußem (NRW) und in Karlsruhe. Die Ergebnisse seien ermutigend, heißt es im HZG.

Für die Visionäre des CO2-Recyclings wäre damit allerdings nur der halbe Weg geschafft. Sie wollen schließlich nicht nur verhindern, dass noch mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt. Sie wollen den Gehalt in der Luft senken. Je mehr Treibhausgas aus der Atmosphäre verschwindet, desto besser im Kampf gegen den Klimawandel.

Die Aufgabe ist jedoch ungleich schwerer als die Filterung von Kraftwerksabgasen. Denn trotz steigender CO2-Gehalte beträgt der Anteil des Klimagases nur 0,04 Volumenprozent an der Atmosphäre. Wer eine Tonne Kohlendioxid aus der Luft gewinnen will, muss 2500 Tonnen Luft filtern.

Will man die jährlichen Emissionen des Straßenverkehrs in Deutschland zurückgewinnen, müsste man etwa 160 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus der Luft gewinnen. Um diese Aufgabe mit natürlichen Mitteln zu lösen, müssten auf mehr als drei Viertel der Fläche Deutschlands Bäume wachsen. Heute nimmt die Waldfläche ein Drittel ein.

David Keith, Physik-Professor an der Harvard-Universität, wagt sich dennoch daran. In der kanadischen Provinz British Columbia hat er eine Pilotanlage errichtet, die täglich eine Tonne des Treibhausgases bindet. Sie wäscht das Kohlendioxid aus der Luft, indem es durch eine alkalische Lösung strömt. Als Ergebnis entstehen feine Pellets aus Calciumcarbonat, die sich für eine Endlagerung eignen. Weniger als 100 Dollar die Tonne soll das Verfahren kosten. Das CO2 lässt sich auch wieder freisetzen, das allerdings würde die Kosten in die Höhe treiben.

Lars Krüger setzt mit Willpower auf einen anderen Weg: Er verwendet ein Filtersystem, das auf einer Entwicklung für die Internationale Weltraumstation ISS basiert. Das niederländische Unternehmen Skytree hat es entworfen, um das Kohlendioxid aus der Atmung der Astronauten aus der Luft zu fischen. Auch andere Anbieter haben solche CO2-Fänger entwickelt. Die Luft strömt dabei durch ein Filtersystem aus modifizierter Zellulose. Das Material ist beschichtet mit Aminen, die Kohlendioxid an der Oberfläche binden. Wenn die Filter voll sind, werden sie erhitzt und geben das CO2 bei etwa 80 Grad wieder frei.

Das Schweizer Unternehmen Climeworks, ein Spin-off der ETH Zürich, will dieses Prinzip in gigantischer Skalierung einsetzen. Bis 2025 wollen die Gründer Christoph Gebald und Jan Wurzbacher ein Prozent der globalen CO2-Emissionen, die Menschen erzeugen, wieder aus der Luft entfernen. Das entspricht 225 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Ein kleiner Anfang ist gemacht: Climeworks hat in diesem Jahr seine erste größere Anlage in der Nähe von Zürich gebaut. 18 große Kollektoren saugen die Luft an. 900 Tonnen Kohlendioxid soll die Pilotanlage in der Größe von drei Schiffscontainern jährlich aus der Luft entfernen. Die Energie für die Kollektoren und das Erhitzen der Filter stammt zu 80 Prozent aus der Abwärme einer Müllverbrennungsanlage. Climeworks liefert sein Gas zu marktüblichen Preisen an eine nahe gelegene Gärtnerei, die damit das Wachstum von Gemüse fördert.

Sollen es irgendwann die angestrebten 225 Millionen Tonnen sein, müsste Climeworks weltweit 750.000 Filteranlagen errichten. Nach Berechnungen der Firma fressen die Filtersysteme 675 Terawattstunden Elektrizität, etwa so viel wie jährlich in Deutschland verbraucht wird. Und in diesen Zahlen sind Verbesserungen bei der Effizienz schon einkalkuliert.

Climeworks-Gründer Gebald nennt für seine Pilotanlage 600 Euro als Preis pro Tonne Kohlendioxid und gibt offen zu, dass der Erlös die laufenden Kosten nicht annähernd deckt. "In zwei, drei Jahren erreichen wir 200 Euro pro Tonne", kündigt er jedoch an. Kostentreibend sei dann weniger die Technologie selbst, sondern der Aufbau der Anlagen. Gebald ist sicher, dass der Preis für kohlenstoffbasierte Treibstoffe auf lange Sicht nicht mehr vom Erdöl bestimmt werden, sondern durch die Carbon-Capture-Technologie.

Damit steht die zweite Frage im Raum: Wie wirtschaftlich ist die Herstellung der Treibstoffe? Die meisten Anbieter nutzen elektrischen Strom, um das träge Kohlendioxid zu aktivieren. So auch die Willpower-Entwickler. 2009 hat das Unternehmen in einfachen Kellerräumen angefangen. Die erste Anlage sollte eigentlich erst im kommenden Jahr fertig sein. Aber als der Essener Energieversorger Innogy den prominenten Platz zur Präsentation anbot, beeilte sich Krügers Team. Nun läuft die Pilotanlage fast ein Jahr früher als gedacht.

Drei rote Elektrolysekammern bilden ihr Herzstück. Das Unternehmen hat Platinelektroden entwickelt, auf denen eine sehr dünne Schicht mit drei Enzymen liegt. In wässrigem Milieu verwandeln diese Kohlendioxid direkt in Methanol. Die Anlage am Baldeneysee soll täglich fünf Kilogramm des Brennstoffs liefern. Doch ein Blick auf die Energiebilanz zeigt das grundlegende Problem: Sie benötigt 20 bis 25 Kilowattstunden zur Produktion von einem Kilogramm Methanol. Die chemisch gebundene Energie im Methanol entspricht dagegen nur 6,3 Kilowattstunden. "Ein entscheidender Faktor für die Effizienzsteigerung und Kostensenkung ist es, die Biokatalysatoren kontinuierlich zu verbessern", gibt Lars Krüger zu. Aber nicht nur das: Denn nur 15 Kilowattstunden gehen in die Elektrolyse, die restlichen fünf bis zehn Kilowattstunden fressen die CO2-Filterung und die Heizung der Elektroden.

Vom Wirkungsgrad bessergestellt ist ein Verfahren, das den Treibstoff nicht direkt herstellt, sondern einen Umweg nutzt. Per Elektrolyse entstehen aus Wasser und CO2 zunächst Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Dieses sogenannte Synthesegas wird in einem zweiten Schritt zu Treibstoff weiterverarbeitet. Der typische Prozess dafür ist die Fischer-Tropsch-Synthese. Das Verfahren ist fast 100 Jahre alt, aber wirtschaftlich erfolgreich war es nie. Mit Kohlendioxid als Ausgangsprodukt erlebt es nun vielleicht eine Renaissance. "Aus einer Kilowattstunde Strom entsteht Treibstoff mit einem Brennwert von 0,7 Kilowattstunden", behauptet Rolf Aldag, der eine solche Anlage bei Sunfire nutzt.

Diesen Weg hat daher auch die deutsch-finnische Kooperation mit Ineratec gewählt. Den Karlsruhern gelang vielleicht sogar der entscheidende Fortschritt: Sie schrumpften den Reaktor für die Fischer-Tropsch-Synthese von zwölf Metern Höhe und zwei Metern Durchmesser auf einen Würfel mit 50 Zentimetern Kantenlänge. Wo bisher eine kleine chemische Fabrik gebaut werden musste, liefert Ineratec jetzt einen Container mit dem fertigen Equipment. Der neuartige Reaktor besteht in seinem Inneren aus vielen Lagen dünner Bleche, die die Ingenieure mit Mikrostrukturen versehen und zu einem Block verschweißt haben. So entsteht eine sehr große Oberfläche, an der die Reaktion des Katalysators mit dem Synthesegas stattfinden kann.

Die Technologie ist bereits serienreif, im Herbst bezieht das Spin-off des KIT eine eigene Produktionshalle. Dort werden für Industriekunden die ersten Anlagen in Containergröße gebaut. Ab 2018 strebt Ineratec die Kleinserienreife an.

Wer die Kunden sind, will der Geschäftsführer aber noch nicht verraten. Mit ihrem aktuell größten Modul können die Karlsruher 1600 Liter Sprit am Tag herstellen, zehn Kompaktreaktoren arbeiten dann in einem Container. Geschäftsführer Tim Böltken schweben unzählige kleine, dezentrale Anlagen für die Treibstoffherstellung vor.

"Wir müssen die Energie dort umwandeln, wo sie entsteht", sagt er. "Es gibt viele industrielle Prozesse, bei denen als Abfallprodukt Synthesegas entsteht, das oft einfach abgefackelt wird." Auf nächtlichen Satellitenbildern haben Forscher der Weltbank etwa 16000 solcher Fackeln entdeckt. Deshalb hat die Organisation eine Initiative gestartet, um diese Energievergeudung bis 2030 einzustellen. Statt klimaschädlichem Kohlendioxid könnte dort wertvoller Treibstoff entstehen.

Dennoch bleibt ein Problem: Selbst der beste Wirkungsgrad dieser Verfahren ist im Vergleich zu Batterien noch gering. "Für die Gesamtbetrachtung muss noch der Wirkungsgrad des Benzinmotors berücksichtigt werden, der bei etwa 35 Prozent liegt", sagt Bruno Burger, Spezialist für Energiedaten am Fraunhofer-Institut in Freiburg. Dann sinke der Gesamtwirkungsgrad auf nur 25 Prozent. "Elektroautos mit Lithiumbatterien erreichen über 80 Prozent." Deshalb werde sich diese Technik auch am Markt etablieren. "Der Verbrennungsmotor sollte nicht mehr als Basis für zukünftige Antriebskonzepte dienen", sagt Burger.

Auch wirtschaftspolitisch sind Akkus derzeit im Vorteil: Großbritannien und Frankreich wollen ab 2040 aus dem Verbrennungsmotor aussteigen, in Norwegen sollen sie sogar schon 2025 von den Straßen verschwinden. China hat die Gebühren für die Zulassung von Fahrzeugen mit Benzinmotoren drastisch erhöht.

In der Diskussion wird allerdings oft vergessen, dass nicht nur Pkw einen klimafreundlichen Antrieb benötigen. Etwa ein Drittel des jährlichen Spritbedarfs verbraucht der Güterverkehr. Und Lkw werden noch lange auf Verbrennungsmotoren angewiesen sein. Hinzu kommen Flugzeuge und Schiffe, auch für private Heizungen fehlen noch massentaugliche Alternativen. Ineratec-Geschäftsführer Böltken wirbt zudem damit, dass synthetischer Treibstoff viel hochwertiger sei als fossiler Diesel. "Er ist aromatenfrei, enthält keinen Schwefel, und bei der Verbrennung entstehen weniger Stickoxide und Feinstaub", erklärt er. Robert Schlögl kann das bestätigen: "Synthetische Kraftstoffe könnten die Abgasbehandlung erheblich vereinfachen."

Bei den derzeitigen Rahmenbedingungen bleibt den Unternehmen allerdings nicht mehr viel Zeit, um ihre Versprechungen einzulösen. Sie müssen nicht nur schnell beweisen, dass ihre Verfahren im großen Maßstab funktionieren. Sie müssen auch alles daransetzen, den Preis schnell zu senken. Derzeit kostet ein Liter fossil gewonnener Diesel nach Abzug aller Steuern und Abgaben im Großhandel etwa 35 Cent. Selbst wenn er bei politischen Krisen auf 80 Cent oder mehr steigt, bleibt nicht viel Spielraum für die alternativen Methoden.

Jede Kilowattstunde, die die Elektrolyse zur Herstellung von einem Liter Treibstoff verschlingt, kostet bei optimistischen Annahmen vier Cent. Hinzu kommen Kosten für die CO2-Gewinnung und weitere Prozesskosten. Keinem der Anbieter des Kohlendioxid-Recyclings gelingt es derzeit, synthetischen Treibstoff zum Preis der fossilen Variante anzubieten.

Einige haben jedoch einen vielversprechenden Ausweg gefunden. Sie setzen auf eine Mischkalkulation: Sunfire etwa will nicht nur Sprit verkaufen, sondern gleichzeitig auch hochwertige Wachse für die chemische Industrie. Denn deren Preis kann bis zu dreimal höher liegen als der Marktwert des Treibstoffs. Bei der Fischer-Tropsch-Synthese kann dieses Nebenprodukt bis zu 40 Prozent der Produktion ausmachen. Es subventioniert damit die Treibstoffherstellung. So hält Sunfire einen Spritpreis unterhalb von 1,50 Euro pro Liter für machbar. Wenn dann noch der Staat mitmacht und die Abgaben entsprechend senkt, könnte CO2 bald wirklich Super werden.

(bsc)