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Das öffentliche Automobil

Gregor Honsel

Das Auto steht am Scheideweg: Seine technische Weiterentwicklung allein ist noch kein Rezept gegen Klimawandel und überfüllte Städte – es muss Teil eines integrierten Verkehrssystems werden.

Das Auto steht am Scheideweg: Seine technische Weiterentwicklung allein ist noch kein Rezept gegen Klimawandel und überfüllte Städte – es muss Teil eines integrierten Verkehrssystems werden.

Um zu verdeutlichen, wie es heute um das Auto steht, erzählt der Verkehrsforscher Andreas Knie gern eine Anekdote. Wenn er versuche, junge Menschen im Rahmen des Carsharing-Projekts BeMobility für elektrische Autos zu begeistern, ernte er meist erst mal nur freundliches Desinteresse. Lautlos und emissionsfrei fahren? Schulterzucken. Auswahl der neuesten E-Modelle? Hm. Ökostrom-Paket inklusive? Na ja. Hellhörig werden die Umworbenen erst, wenn Knie seinen letzten Trumpf zieht: "Dazu gibt's noch ein iPhone." Oh, ein iPhone? Okay, wo kann ich mich anmelden?

Staus, Parkplatznot, steigende Spritpreise – all diese Probleme konnten den Autoherstellern bisher wenig anhaben, ihre Fahrzeuge wurden trotzdem gekauft. Und nun dies: Immer mehr Leuten ist das neueste Smartphone wichtiger als ein eigener Wagen. Eine Studie der FH der Wirtschaft (FHDW) Bergisch Gladbach hat die Erfahrungen von Andreas Knie empirisch bestätigt: Von knapp 1300 Befragten im Alter zwischen 18 und 25 Jahren konnten sich 75 Prozent nicht vorstellen, einen Monat lang auf Handy und Internet zu verzichten. Das Auto hingegen könnten sechs von zehn Befragten so lange gut missen. Das schlägt sich auch in den Zulassungszahlen nieder: Laut FHDW hatten im Jahr 2010 nur 34 Prozent der 18- bis 29-jährigen deutschen Männer einen eigenen Wagen, 2000 waren es noch 52 Prozent. Und nicht nur unter jungen Leuten bröckelt die Bedeutung des Autos: Eine Umfrage der Unternehmensberatung Progenium unter 1000 Autofahrern hat herausgefunden, dass ein iPhone oder ein Urlaub auf den Seychellen einen höheren Status genießt als die meisten Automarken. Und besonders gravierend ist dieser Bedeutungsverlust laut Progenium bei konservativen Gutverdienern.

Für die Autoindustrie kommt dieser Wertewechsel zur Unzeit: Sie hat so schon genug offene Baustellen. Strengere Umweltauflagen etwa erfordern einen immer größeren Entwicklungsaufwand. In ihrem Plan für ein einheitliches europäisches Verkehrskonzept vom März 2011 hat die EU-Kommission angekündigt, die Daumenschrauben künftig noch stärker anziehen zu wollen: 2030 sollen in den Städten nur noch halb so viele konventionell angetriebene Autos unterwegs sein wie heute und 2050 sogar ganz aus den Ballungsräumen verschwunden sein.

Bisher haben es die Autobauer noch jedes Mal geschafft, solche Probleme einfach wegzuingenieuren. Als in den sechziger Jahren die Zahl der Verkehrstoten ständig neue Höchststände erreichte, entwickelten sie Sicherheitsgurt und später Knautschzone, Airbag und ABS. Nach der Ölkrise in den siebziger Jahren begannen die Hersteller, dem sparsamen, aber trägen Diesel die Peitsche zu geben. Und als in den achtziger Jahren die Luftverschmutzung Thema wurde, kam der Katalysator. Vieles spricht aber dafür, dass die aktuellen Herausforderungen nicht mehr allein durch technischen Aufwand und Ingenieurskunst gemeistert werden können.

Denn mehrere Trends – die Klimadebatte, überfüllte Straßen sowie die nachlassende Autobegeisterung – stellen die Daseinsberechtigung des Pkws an sich infrage. Die Autohersteller reagieren darauf zweigleisig: Zum einen optimieren sie, wie gehabt, das einzelne Fahrzeug, zum anderen aber positionieren sie sich zunehmend auch als Mobilitätsdienstleister – nach dem Motto: Wir verkaufen Ihnen kein Auto, sondern den komfortablen Transport von A nach B. Die bisher weitgehend getrennten Sphären des öffentlichen und des privaten Verkehrs sollen stärker zusammenwachsen, und der Pkw soll dabei eine neue, integrierte Rolle zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln finden.

Die Autowelt wird dadurch deutlich komplizierter. Schon bei der Entwicklung des einzelnen Fahrzeugs müssen die Hersteller eine Vielzahl von Konzepten parallel verfolgen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart hat für verschiedene Szenarien simuliert, wie sich Treibstoffkosten und umweltpolitische Rahmenbedingungen auf den Automarkt auswirken werden. Praktisch alle Szenarien führen zu einer verwirrenden Vielfalt von Antriebskonzepten – Benzin, Diesel, Erdgas, verschiedene Hybrid-Varianten von Verbrennungs- plus Elektromotor, reiner Batterieantrieb und Brennstoffzellen. Da sich heute aber kaum absehen lässt, welches der Szenarien das wahrscheinlichste ist, müssen Autobauer weiterhin auf mehrere Pferde setzen.

Doch bis mindestens 2020 werden laut DLR weiterhin Diesel- und Benzinfahrzeuge die Mehrheit der Neuzulassungen stellen. Entsprechend viel Aufwand und Fantasie investieren die Konzerne, um noch ein paar Prozent mehr Wirkungsgrad aus den bewährten Wärmekraftmaschinen herauszuholen. In der Tat bietet der Verbrennungsmotor noch reichlich Potenzial für weitere Optimierungen – vom Feintuning des Viertakters bis zu völlig neuen, exotischen Motorkonzepten. Auch die Reibungsvermeidung innerhalb des Motors ist immer noch für einige Überraschungen und Effizienzverbesserungen gut. In der Sicherheit gibt es ebenfalls Neues aus den Entwicklungsschmieden: In sogenannten "Car-to-X"-Projekten zum Beispiel lernen Autos, sich gegenseitig vor Staus, Unfällen oder Glatteis zu warnen.

Flankiert werden diese Maßnahmen durch die Ausweitung der Modellpalette nach unten: Laut der Unternehmensberatung Frost & Sullivan werden in den nächsten drei Jahren 60 neue Miniwägelchen von insgesamt 30 Herstellern auf den Markt kommen, mehr als 75 Prozent davon als Elektroautos. "Das Marktsegment dürfte sich zu einem der stärksten Umsatzgeneratoren entwickeln", prophezeit Frost & Sullivan, die Verkaufszahlen würden sich allein in Europa in den nächsten Jahren versiebenfachen. Unter den Anbietern befinden sich nicht nur Exoten wie Mega oder Ligier, sondern auch sieben der zehn größten Automobilkonzerne der Welt. Renault etwa geht 2012 mit seinem Twizy an den Start – eine Art überdachter elektrischer Motorroller, bei dem die beiden Insassen hintereinander sitzen und Türen nur als Zubehör zu haben sind.

Verglichen mit den Umwälzungen, die durch Elektromobilität auf Kunden und Hersteller zurollen, ist die Wegrationalisierung von Türen noch eine vergleichsweise oberflächliche Maßnahme. Denn der E-Antrieb ist nicht einfach eine technische Verbesserung wie Turbo-Diesel und Drei-Wege-Katalysator. Die Autoindustrie hat sich plötzlich mit ganz neuen Paradigmen auseinanderzusetzen – und zwar sowohl auf technischer als auch auf wirtschaftlicher Ebene. Technisch gesehen muss das gesamte Fahrzeug komplett neu gedacht und konstruiert werden. Der klassische Aufbau – vorn Motor und Getriebe, hinten Tank und Kofferraum – steht genauso zur Disposition wie die Kutschendeichsel bei der Erfindung des Kraftfahrzeugs vor mehr als 120 Jahren. Für Autodesigner bedeutet das neue Freiheiten, aber auch neue Beschränkungen: Batterien etwa brauchen mehr Platz als ein Tank und gegebenenfalls sogar eine eigene Klimatisierung. Dafür benötigen Elektromotoren kein eigenes Abteil mehr, sondern können notfalls auch direkt in den Radnaben unterkommen. Und in den Autokonzernen ist keine Expertise mehr für die Feinheiten eines doppelt aufgeladenen Benzin-Direkteinspritzers gefragt, sondern Know-how in Sachen Batterietechnik und Elektrochemie.

Noch gravierender aber sind die wirtschaftlichen Folgen: Elektroautos werden Teil eines Systems sein, in dem plötzlich völlig neue Akteure mitspielen. Wie so etwas aussehen könnten, lässt sich am Projekt Better Place des israelischen Unternehmers Shai Agassi beobachten. In Kopenhagen hat Better Place im Juni die erste europäische Wechselstation eröffnet, in der leere Akkus in wenigen Minuten gegen volle getauscht werden können. Die langen Ladezeiten bei fest eingebauten Batterien entfallen dadurch. Better Place tritt als Provider auf, der seinen Kunden keine Hardware verkauft, sondern Mobilität – die Batterien bleiben in Besitz der Firma, abgerechnet wird nach gefahrenen Kilometern.

Denkbar ist auch, dass sich etwa Telekommunikationskonzerne oder Energieversorger mit ähnlichen Geschäftsmodellen vorwagen, also alle Mobilitätsbedürfnisse aus einer Hand befriedigen. Autoherstellern bliebe dabei nur die Rolle als Zulieferer, sie hätten keinen direkten Zugang zum Endkunden mehr. Um sich nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen, trachten deshalb auch die Autokonzerne danach, möglichst umfassende Angebote über das reine Fahrzeug hinaus zu machen. Opel etwa offeriert zu seinem Plug-in-Hybrid Ampera gemeinsam mit 28 Ökostrom-Anbietern einen Stromvertrag, der mindestens fünf Prozent günstiger sein soll als der Normaltarif des jeweiligen Lieferanten. Und Audi investiert gleich selbst in die Bereitstellung von Energie: Gemeinsam mit der SolarFuel GmbH errichtet die Volkswagen-Tochter eine Anlage, die aus überschüssigem Ökostrom Methan erzeugt. Das Synthesegas wird dann ins Erdgasnetz eingespeist und kann von entsprechend ausgerüsteten Autos getankt werden. Die Beispiele zeigen: Die Grenzen zwischen Energie- und Verkehrsbranche verschwimmen, und die Wertschöpfungskette wird neu aufgeteilt.

Auch für Kunden wird durch das Elektroauto einiges anders werden. Wer mit der Abschaffung seiner Benzinkutsche liebäugelt, sollte nicht darauf vertrauen, dass E-Mobile früher oder später diese Lücke eins zu eins füllen können. Ob es in absehbarer Zeit ein erschwingliches Elektroauto geben wird, das mit der gleichen Selbstverständlichkeit für eine Urlaubsreise mit Kind und Kegel genutzt werden kann wie für den täglichen Weg zur Arbeit, ist fraglich – trotz aller Fortschritte bei der Batterietechnik.

Doch vielleicht ist dieses elektrische Universalauto auch gar nicht nötig. Verkehrsforscher sehen die Beschränkung der Reichweite auch als Chance, den privaten mit dem öffentlichen Verkehr stärker zu vernetzen: "Das elektrische Auto ist für uns ein Werbemedium, um mehr Menschen in den öffentlichen Verkehr zu bringen", sagt Knie. Eine typische Autonutzung könnte dann so aussehen: Ein Angestellter pendelt mit einem geleasten Elektrowagen zum Arbeitsplatz, mietet sich für Familienausflüge ein Auto mit Verbrennungsmotor, nimmt für Geschäftsreisen die Bahn und leiht sich am Ziel wiederum ein E-Mobil eines Carsharing-Anbieters. Der Pkw wird so vom Besitzgegenstand zum Service, den man je nach Bedarf in Anspruch nimmt – und der öffentliche Verkehr zur Reichweitenverlängerung der E-Autos.

Für die Automobilindustrie bedeutet die Entwicklung weg vom Privat-Pkw und hin zur vernetzten Mobilität sowohl Risiko als auch Chance. Die oft als "Dinosaurier" gescholtenen Großserienhersteller haben diesen Trend erkannt und treiben ihn aktiv voran. Daimler etwa hat unter dem Namen Car2go in mehreren Städten in Deutschland und den USA eine Flotte von Smarts bereitgestellt, die ohne Reservierung ausgeliehen und überall im Stadtgebiet wieder abgestellt werden können. Abgerechnet wird nach Minuten und Kilometern. Außerdem unterhält Daimler in Ulm und Aachen eine eigene Online-Mitfahrzentrale namens Car2gether, die per Smartphone Fahrten vermittelt. "Wir sehen uns als Teil der Mobilitätskette", sagt Projektleiter Michael Kuhn. Man arbeite eng mit den örtlichen Verkehrsbetrieben zusammen: Wer in Aachen keine Mitfahrgelegenheit findet, bekommt von der App die Abfahrtszeiten der nächsten Busse und Bahnen angezeigt. Das ist zwar noch weit entfernt von der kompletten Integration aller Verkehrsmittel, aber das Beispiel zeigt: Privater und öffentlicher Verkehr gehen aufeinander zu.

Auch andere große Hersteller springen auf den Carsharing-Zug auf: BMW hat sich dazu mit dem Autovermieter Sixt zusammengetan; Peugeot verleiht neben Autos und Transportern auch Elektro-Fahrräder und -Scooter; VW startet gerade ein entsprechendes Pilotprojekt in Hannover. Die Zahl der deutschen Carsharing-Nutzer werde von aktuell 165.000 bis 2016 auf 1,1 Millionen ansteigen, prophezeit Frost & Sullivan. Zudem biete Carsharing eine solide Ausgangsbasis für das Wachstum und die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen. Ab 2012, schätzt Frost & Sullivan, dürfte in Europa jeder dritte Carsharing-Neuwagen batteriebetrieben sein. Damit wären 2016 bereits 20 Prozent des gesamten Sharing-Fuhrparks elektrisch unterwegs. Erste Ansätze sind schon zu beobachten. Ende 2011 will Car2go je 300 Elektro-Smarts in San Diego und Amsterdam stationieren. Auch die Deutsche Bahn bietet mit dem Projekt BeMobility in Berlin 50 E-Fahrzeuge verschiedener Hersteller zur Ausleihe an.

Groß angelegtes Carsharing ist keine Fortsetzung des privaten Autoverkehrs mit anderen Mitteln mehr, sondern ein neues Zwischending aus öffentlicher und individueller Fortbewegung – Public-Private-Verkehr im Branchenjargon. Welchen Einfluss hat das auf die Technik des einzelnen Autos? Entsteht hier bald eine ganz neue Fahrzeugklasse, die Public-Private-Vehicles (PPV)? Die ersten Experten machen sich schon Gedanken über deren Aussehen: Anfang des Jahres stellte der Autozulieferer EDAG mit Sitz in Fulda auf dem Autosalon Genf ein robustes, knubbeliges Leihfahrzeug vor. Es ist 1,90 Meter hoch, um einen bequemen Einstieg zu ermöglichen; der damit verbundene höhere Luftwiderstand spiele bei einem reinen Stadtauto keine Rolle, ebenso wenig wie die auf 100 km/h begrenzte Höchstgeschwindigkeit, argumentiert EDAG. Rundherum sind Kunststoff-Pads angebracht, die sich nach einem Parkrempler automatisch wieder ausbeulen. Alle Verschleiß-teile im Inneren sind pflegeleicht und einfach auszutauschen. Das Fahrzeug existiert allerdings nur im Computer und wird wohl nie in Serie gehen – es war von vornherein nur als Konzeptstudie geplant.

Konkreter sind die Pläne des Projekts Ec2go, Mitte 2011 von der FH Aachen gemeinsam mit Partnern gestartet und mit rund 2,6 Millionen Euro vom Land Nordrhein-Westfalen und der EU gefördert. An die 20 Ingenieure arbeiten bereits an einem eigens für den Zweck des Carsharings entwickelten E-Auto nebst den dazu passenden Ladestationen. "Das Auto hat nur eine Aufgabe, und die muss es perfekt erfüllen", so das Credo von Ec2go. Aus Umfragen und Statistiken haben die Aachener ermittelt, dass ein Sharing-Wagen am Tag rund 2,5 Stunden oder 80 Kilometer gefahren wird. Den Rest der Zeit kann er geladen werden. "Damit kann man sich die Reichweitenfrage sparen", sagt Mitinitiator Thilo Röth, Professor an der FH Aachen. Das bedeutet: Die Entwickler können an den Batterien sparen und das Fahrzeug so leichter und billiger machen.

Das Ec2go soll kleiner sein als ein Smart, aber trotzdem drei Sitzplätze haben. Die Sitze werden deshalb zwar keinen Langstreckenkomfort bieten, dafür äußerst platz- und gewichtssparend sein. Zum Ausgleich soll der Wagen einen kleinen Wendekreis und ein großes Drehmoment bekommen, damit auch der Spaß nicht zu kurz kommt. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Kommunikation zwischen Nutzer, Betreiber, Fahrzeug und Ladestation: "Es wird ein Web-Auto", verspricht Röth.

Einen fahrbereiten Prototyp gibt es allerdings noch nicht. Der Wagen könnte frühestens 2013 marktreif sein, wenn sich die richtigen Industriepartner finden. Und noch ein weiterer Mitspieler muss an Bord: die Kommunen. "E-Autos werden immer etwas teurer sein als solche mit Verbrennungsmotor", sagt Röth. "Deshalb müssen wir Mehrwert schaffen – etwa durch bevorrechtigtes Parken oder die Freigabe von Busspuren." Und hier seien die Kommunen gefragt. Zumindest Städte würden von intelligentem Carsharing umgekehrt ja auch profitieren, weil es die urbanen Zentren entlaste.

In seiner Abschlussarbeit an der TU Hamburg-Harburg hat Christoph Rudolph untersucht, wie Kommunen mit dem Thema Elektromobilität umgehen. Dazu interviewte er Hersteller, Energieversorger und Vertreter deutscher Großstädte. Seine Ergebnisse sind ernüchternd: Viele Kommunen fühlten sich durch Energieversorger, die Ladesäulen im öffentlichen Raum aufstellen möchten, "instrumentalisiert"; die Genehmigung solcher Ladestationen werde in den meisten Städten willkürlich und ohne klaren Kriterienkatalog erteilt; für Sonderparkflächen an Ladestationen fehle die Rechtsgrundlage; und überhaupt halten die Kommunen wegen ihrer klammen Finanzen nicht viel von der Idee, kostenloses Parken an Ladesäulen zu erlauben – ebenso wenig wie von der Forderung, Busspuren für E-Autos freizugeben.

Doch wenn auch viele solcher Fragen noch offen sind: Das Auto wird seinen Platz in der Mobilitätskette wohl verteidigen. Aber dafür wird es sich wandeln müssen. Das betrifft nicht nur die verschiedenen Antriebskonzepte – Verbrennungs-, Elektro- und Hybridfahrzeuge – die noch lange nebeneinander existieren werden. Sondern auch das Verhältnis des Pkws zum Nutzer und zu anderen Verkehrsmitteln wird bunter und vielfältiger. Neben dem Privatbesitz wird sich ein ganzer Zoo aus halb öffentlichen Miet- und Sharing-Konzepten etablieren. Und für immer weniger Menschen wird das Auto das Universalwerkzeug zur Mobilität sein, sondern nur eine Ergänzung zu Fahrrad, Fußweg, Bus, Bahn oder Flugzeug. Wann und in welchem Umfang es gelingt, die einzelnen Fortbewegungsarten zu einem harmonischen Netz zu verweben, ist nur in zweiter Linie eine technische Frage. Die angeblich mangelnde Reichweite des Elektroautos, dieses ewige Killerargument, stellt jedenfalls kein ernsthaftes Hindernis dar. Viel entscheidender ist es, dass Branchen und Organisationen, die bisher neben- oder gegeneinander gearbeitet haben, über ihren Schatten springen und kooperieren. (grh [1])


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