Der Malaria-Magnet

Die Tropenkrankheit bedroht die Hälfte der Weltbevölkerung. Ein 24-jähriger Amerikaner hat einen zuverlässigen und billigen Test entwickelt.

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Von
  • Hedwig Unterhitzenberger

Die Tropenkrankheit bedroht die Hälfte der Weltbevölkerung. Ein 24-jähriger Amerikaner hat einen zuverlässigen und billigen Test entwickelt.

Jede Minute stirbt in Afrika nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation ein Kind an Malaria. Die meisten davon sind noch nicht einmal fünf Jahre alt. Dabei ist die Krankheit gut behandelbar und mit Kosten zwischen 40 Cent und 5 Dollar auch bezahlbar. Wenn die Infektion rechtzeitig erkannt wird. Genau das war bisher das Problem. Doch John Lewandowski hat eine Lösung. Mit seinen 24 Jahren ist der US-Amerikaner nicht gerade der klassische Kandidat, um die Malariatherapie zu revolutionieren. Auch seine Studien in Maschinenbau und Wirtschaft an der Case Western Reserve University in Cleveland und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) deuten nicht darauf hin.

Und doch könnte sein "Rapid Assessment of Malaria", kurz RAM (zu Deutsch "Schnelle Malaria-Einschätzung"), das Leben von einer Milliarde Menschen verbessern. Das Herzstück ist ein unscheinbarer beigefarbener Kasten. Er beruht auf einer genialen Idee: Malariaerreger ernähren sich vom Hämoglobin der roten Blutkörperchen, können aber das Eisen darin weder verdauen noch ausscheiden. Es reichert sich in ihrem Inneren in Form von Hämozoin an und macht die Parasiten magnetisierbar.

Um festzustellen, ob jemand infiziert ist, träufelt man einfach einen Tropfen Blut und etwas Wasser in den Detektor. Ein Magnetfeld durchdringt die Probe, während ein schwacher Laser sie durchleuchtet. Befindet sich Hämozoin im Blut, richten sich die eisenhaltigen Kristalle aus und lenken den Laserstrahl ab. Ein Sensor fängt das Licht ein und berechnet anhand der Intensität einen Wert. Je weniger Licht durchkommt, desto weiter fortgeschritten ist die Infektion. "Die Punktzahl macht einen Arzt unnötig. Sie zeigt an, ob und wie lange jemand Medizin einnehmen soll", erklärt Lewandowski.

"Der Test ist einfach und schnell, während Alternativen teuer sind und viel Zeit in Anspruch nehmen", lobt Thomas Teuscher, stellvertretender Direktor des Roll Back Malaria Partnership. Seine Organisation koordiniert weltweit Anstren- gungen gegen Malaria. Das RAM erkennt die Infektion bereits früh und zeigt das Ergebnis nach einer Minute an – und zwar mit 94- bis 97-prozentiger Sicherheit. 

Das zeigen laufende Studien mit mehreren Hundert Patienten in Peru und Indien jetzt schon. Finale Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Bisherige Bluttests mit dem Lichtmikroskop sind nur zu 50 Prozent genau, da sie von der Qualität der Reagenzien, des Mikroskops und der Erfahrung des Laboranten abhängen. Alternativ gibt es zu 87 Prozent genaue Schnelltests, die wie Schwangerschaftstests das Ergebnis per Farbcode anzeigen. Nur sind sie in den Tropen nicht lange haltbar und prüfen nicht, in welchem Stadium jemand erkrankt ist. So verabreichen viele Kliniken Malaria-Medikamente vorsorglich und provozieren Resistenzen.

Das Messgerät kostet derzeit 250 Dollar und die Tests 25 Cent. Damit unterbietet es selbst die Schnelltests für einen Dollar. Den Entwicklern ist das aber noch nicht genug: Sie wollen den Apparat auf die Größe einer Armbanduhr für 50 Dollar bringen. Um das Gerät zu vermarkten, hat Lewandowski das Unternehmen Disease Diagnostic Group gegründet.

Im Mai entschied es den "MIT $100K Entrepreneurship"-Wettbewerb für sich. Mit dem Preisgeld will es weitere hundert Geräte bauen und weltweit testen. Nur so könne er größere Investoren an Bord holen, sagt der junge Gründer. Sein Ziel ist, jede Klinik weltweit mit mindestens einem der robust und wärmeunempfindlich konstruierten Geräten auszustatten. "Entweder lassen sich die Menschen dort testen, oder die Mitarbeiter bringen sie in die Dörfer."

Unklar ist noch, ob ein RAM die anvisierten 100.000 Tests durchführen kann, bevor es ersetzt werden muss. Sollte das der Fall sein, könnte Lewandowskis Hoffnung wahr werden: "Wenn die Diagnose zuverlässiger wird, können wir Patienten effektiver behandeln, die Prävention besser umsetzen und Malaria in den Griff bekommen." (bsc)