Die militärische Industrierevolution

Die Pentagon-Forschungsbehörde DARPA will die Herstellung von Kampffahrzeugen revolutionieren. Das erste Projekt ist ein amphibischer Panzer.

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Von
  • David Talbot

Die Pentagon-Forschungsbehörde DARPA will die Herstellung von Kampffahrzeugen revolutionieren. Das erste Projekt ist ein amphibischer Panzer.

Die zum amerikanischen Verteidigungsministerium gehörende Wissensagentur DARPA hat ein 300 Millionen Dollar schweres Forschungsprojekt aufgelegt, das die Art, wie das Militär seine Kampffahrzeuge der nächsten Generation plant und herstellt, revolutionieren soll. Das Programm wird zunächst einen neuen amphibischen Panzer hervorbringen – in einem kollaborativen Prozess, der es den Designern schon vor der Herstellung der allerersten Schraube erlauben soll, zu simulieren, wie die einzelnen Komponenten miteinander interagieren.

Nur wenige Länder sind in der Lage, Militärjets oder Kriegsschiffe aus einem Guss herzustellen, bei denen neueste Elektronik, Baumaterialien und Antriebssysteme kombiniert werden. Die Probleme beginnen oft schon, wenn ein großes Projekt in Unterprojekte unterteilt und anschließend an verschiedene Firmen vergeben wird. Ein Team gestaltet dann den Motor, ein anderes die Aufbauten und ein drittes die Elektronik. Schwierigkeiten wie stressbedingte Risse im Rumpf eines Schiffes tauchen dann erst auf, wenn die Systeme miteinander interagieren müssen. Doch das wird oft erst sichtbar, wenn ein vollständiger Prototyp gebaut wurde. Die dann notwendigen Änderungen werden schnell sehr teuer.

Ein gutes Beispiel ist das Pentagon-Projekt F-35 Joint Strike Fighter. Der Kampfjet sollte in vielen Bereichen des Militärs zum Einsatz kommen. Das Programm verzögerte sich enorm, weil es unerwartete Probleme gab – von überhitzten Computerbauteilen in der Avionik bis zur Kommunikationstechnik und Bewaffnung. Der F-35 soll nun pro Flugzeug 135 Millionen Dollar kosten und als Gesamtprojekt 1,5 Billionen Dollar verschlingen. So teuer war noch kein Militärprojekt zuvor.

Das neue DARPA-Forschungsvorhaben soll nun zeigen, dass es auch anders gehen kann: Es soll getestet werden, wie sich diese Probleme in Zukunft vermeiden lassen. Ziel ist es, bis 2016 immerhin zwei der neuen Panzerfahrzeuge pro Woche zu bauen – ein Entwicklungsprozess, der bis zu fünfmal schneller wäre als mit aktuellen Procurement-Methoden.

Die erste Phase des Projekts ist ein öffentlicher Design-Wettbewerb, der im Januar begann und eine Million Dollar für denjenigen verspricht, der das beste Antriebssystem entwickelt. Der Wettbewerb stehe "jedem Interessierten mit einem Laptop" offen, heißt es von der DARPA – solange sie oder er in den USA lebt. Die Siegertechnologie soll noch im kommenden Sommer im Rock Island Arsenal, einer Militärbasis auf einer Insel im Mississippi, aufgebaut werden. Ähnliche Wettbewerbe sollen auch für Karosserie und Panzerung folgen.

Um sicherzustellen, dass die verschiedenen Systeme zueinander kompatibel sind, setzt die DARPA eine Software ein, die visualisieren kann, wie die Bauteile im Panzer interagieren. Die Forschungsbehörde hofft außerdem, Geld einsparen zu können, indem neue Produktionsverfahren wie Laserzuschnitt und 3-D-Druck eingesetzt werden. So sollen komplexe Komponenten direkt aus den Designdateien entstehen.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der neuen DARPA-Strategie ist die frühzeitige Involvierung von Experten aus der Fertigung, die wissen, was sich im industriellen Maßstab mit aktuellen Maschinen produzieren lassen lässt und was nicht. "Design bleibt der König, aber die Designer verstehen oft nicht, was Materialauswahl, Toleranzen oder die direkte Interaktion zwischen technischen Systemen bedeuten", sagt Mark Traband, Chef der Abteilung Produktionssysteme am Applied Research Laboratory der Hochschule Penn State. Sie konnte sich im letzten Sommer einen 48 Millionen Dollar teuren Forschungs- und Beratungsvertrag sichern.

Nach der Auswahl des besten Karosseriedesigns haben die Penn-State-Experten sieben Tage Zeit, um prüfen, wie viel es in der Produktion kosten wird. Das Labor wird es dann auch bauen. "Produktionsingenieure kommen im Designprozess oft erst ganz zum Schluss vor", meint Traband. "Typischerweise bekommen sie einfach die Pläne und müssen sie dann so umarbeiten, dass die Herstellung funktioniert." Bei dem DARPA-Projekt sei das endlich anders. (bsc)