Drahtlos mit 100 Watt

Die Energieübertragung ohne Kabel wird besser. Inzwischen gelingt es Forschern, Flachbildfernseher mit der Technik zu betreiben.

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Die Energieübertragung ohne Kabel wird besser. Inzwischen gelingt es Forschern, Flachbildfernseher mit der Technik zu betreiben.

Dass Daten in hoher Geschwindigkeit drahtlos übertragen werden, gilt vielen Menschen heute als Selbstverständlichkeit. Die kabellose Freiheit beruht allerdings nicht auf aktueller Funktechnologien wie WLAN, UMTS oder WiMAX ab, sondern sie hängt mindestens genauso stark von moderner Batterietechnik ab: Ist der Akku von Laptop, Tablet-Rechner oder Smartphone leer, war's das mit dem Komfort ohne Stolperfallen, der Nutzer muss zurück ans Netz.

Forscher arbeiten aus diesem Grund seit längerem an Methoden, auch Energie drahtlos zu übertragen. Die Ursprungsideen zu diesem Ansatz stammen noch von dem Elektropionier Nikola Tesla, dem bereits 1914 ein entsprechendes Patent erteilt wurde: Ein elektromagnetisches Feld, dessen Stärke oder Richtung sich ändert, kann in einem auch etwas entfern positionierten elektrischen Leiter eine Spannung erzeugen und damit Strom zum Fließen bringen.

Diese sogenannte induktive Kopplung funktionierte bislang allerdings nur über sehr kurze Distanzen, bei größeren litt sofort der Wirkungsgrad. Aus diesem Grund musste man ein Gerät zum Laden beispielsweise auf eine spezielle Matte oder einen magnetischen Ladestein legen. Geräte wie die Smartphone Palm Pre und Pixie nutzen diese Technik, dort auch "Touchstone" genannt, schon seit längerem, was Kabelverbindungen für Handy-Nutzer einspart.

Die Physiker Andre Kurs und Marin Soljacic vom Massachusetts Institut of Technology (MIT), die zu den modernen Pionieren der drahtlosen Stromübertragung gehören, haben die Idee nun nochmals deutlich verbessert. Ihre "Witricity" genannte Technik kann mittlerweile im Labor über Meterdistanzen hinweg eine Leistung von 100 Watt übertragen. Damit konnten sie bereits einen Flachbildfernseher völlig kabellos betreiben.

Die Effizienzsteigerung gelang durch die Kombination mehrerer Empfänger. Während bei einem Gerät nur 20 Prozent der Ursprungsenergie ankamen, stieg dies bei zwei Geräten auf 30. Dabei soll es nicht bleiben: Kurs ist zuversichtlich, dass sich die Übertragungseffizienz auf 100 Prozent verbessern und später auch ein Kilowatt übertragen lässt.

Historisch sei es schon immer wesentlich schwerer gewesen, statt Informationen Energie drahtlos zu übertragen, sagt der Physik-Professor Soljacic. An seiner Idee einer Art Basisstation für Strom, die passende Mobilgeräte im Umkreis von einigen Metern kontaktlos aufladen soll, arbeitet er schon seit Oktober 2006. Damals wurde das Projekt erstmals auf dem "Industrial Physics Forum" des amerikanischen Physik-Instituts in San Francisco öffentlich vorgestellt.

Ziel des Vorhabens ist es, Heimelektronik und Computer in einem Raum eines Tages gänzlich ohne Kabel betreiben zu können. Entsprechende Sende- und Empfangsmodule, an deren Miniaturisierung Kurs und Soljacic arbeiten, werden gerade im Rahmen der Industrieinitiative "Qi" standardisiert. Die Forscher haben für die Kommerzialisierung ihrer Ideen bereits ein Spinoff gegründet, das wie ihre Technik "Witricity" heißt. (bsc)