Eins, 2, III

Das kleine Einmaleins lernen Kinder in der Grundschule. Die Zahlen des Dezimalsystems, die allen von klein auf vertraut sind, gelten in der westlichen Welt fast als Naturgesetz. Dabei kann man auch ganz anders zählen.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Kai König

Stoff für Ausflüge in das Reich der Mathematik gibt es genug - siehe beispielsweise den Internet-Infos-Beitrag aus dem Jahr 2006. Im heutigen Artikel geht es um Zahlen- und Stellenwertsysteme.

Zunächst der Versuch einer Definition und Abgrenzung beider Begriffe. Ein Zahlensystem dient der Darstellung abstrakter mathematischer Objekte, die zum Zählen, Ordnen und Messen verwendet werden, und beschreibt Regeln für Ziffern sowie deren Verwendung zur Bildung von Zahlen. Den Begriff Stellenwertystem verwenden Mathematiker, wenn sie von einem bestimmten Typ Zahlensystem sprechen, der die Wertigkeit einer Ziffer anhand ihrer Stelle in der Notation der Zahl definiert. Ein anderer Begriff für Stellenwertsystem ist Positionssystem. Dessen bekanntester Vertreter ist sicherlich das im Alltag vielfach verwendete Dezimalsystem mit den Ziffern 0 bis 9. In der Informatik sind Stellenwertsysteme mit anderen Basen als das Binärsystem (Basis 2 mit den Ziffern 0 und 1), das Oktalsystem zur Basis 8 sowie das Hexadezimalsystem zur Basis 16 (mit den Ziffern 0 bis 9 sowie A bis F) gebräuchlich.

Als anderen Haupttyp von Zahlensystemen versteht man die Additionssysteme. Sie beschreiben den Wert einer Zahl durch Addieren der Werte ihrer Ziffern. Ein bekanntes Beispiel sind die römischen Zahlen mit den sieben Ziffern I (1), V (5), X (10), L (50), C (100), D (500) und M (1000). In diesem System gibt es allerdings die Besonderheit der subtraktiven Schreibweise: Die Ziffern I, X und C dürfen einer der beiden jeweils nächsthöheren Ziffern vorangestellt und vom Wert der höheren Ziffern abgezogen werden, etwa IV für vier oder XC für 90. Die subtraktive Schreibweise ist erstaunlicherweise erst seit dem späten Mittelalter regelmäßig in Erscheinung getreten und belegt somit, dass sich auch Zahlensysteme im Laufe der Zeit verändern können. Der Wikipedia-Artikel zu den römischen Zahlen geht auf Rechenregeln und verschiedene Schreibweisen für sehr große Zahlen im römischen Additionssystem ein. Eine praktische Anwendung, nachzulesen in einer Abhandlung, geht der Frage der korrekten Verwendung der römischen Schreibweise der Zahl Vier auf analogen Zifferblättern von Uhren nach.

Ebenfalls einen Blick wert sind On- und Offline-Werkzeuge zur Umrechnung zwischen den römischen Zahlen und dem Dezimalsystem. Netzreport stellt neben einem solchen Javascript-basierten Umrechner diverse Werkzeuge für die Konvertierung zwischen verschiedenen Stellenwertsystemem bereit. Die Offline-Alternative für Mac-Benutzer ist ein Dashboard Widget namens NumericRoman.

Wer sich ein wenig für die mathematischen Hintergründe der Umrechnung interessiert, ist bei Arndt Brünner gut aufgehoben. Neben Informationen und Erläuterungen zur Sekundarstufen-Mathematik findet man dort Instruktionen zur schrittweisen Umrechnung anderer Stellenwertsysteme ins Dezimalsystem mit dem Hornerschema.

Heutzutage ist es nahezu selbstverständlich, Ziffern und Zahlen in verschiedenen Systemen zur Verfügung zu haben. Aber wie rechenhilfsmittel.de zeigt, war dies noch vor nicht allzu langer Zeit keine Selbstverständlichkeit. Das Kapitel „Entwicklung der Zahlensysteme“ erläutert den Ursprung der Zahlensysteme, indem es untersucht, wie sich das abstrakte Konzept entwickelt hat und es zur Trennung von der Zahl und den zu zählenden Dingen kam.

Viele Zahlensysteme beruhen auf einer natürlichen Gliederung (5 Finger einer Hand, 10 Finger beider Hände oder 20 Finger und Zehen). Das erste System der griechischen Zahlendarstellung basierte beispielsweise auf dem sogenannten akrophonen Prinzip, das heißt, der erste phonetische Buchstabe einer Ziffer diente als deren Symbol.

Eine Ausnahme von der natürlichen Gliederung waren die auf der Zahl 60 basierenden Zahlensysteme der Sumerer und Babylonier. Erklärt wird dies mit der vergleichsweise hoch entwickelten Astronomie dieser Kulturen - letztlich hat ein Nachfahre dieser 60er-Einteilung in Form der Unterteilung einer Stunde in 60 Minuten beziehungsweise 60 x 60 Sekunden überlebt.

Der Artikel „Mathematik durch die Jahrtausende“ liefert einen guten Überblick über die Anfänge der Mathematik und die Besonderheiten der Lehre von den Zahlen in verschiedenen Kulturkreisen. Hier erfährt man beispielsweise, dass die frühe chinesische Mathematik auf Zähltafeln beruhte und somit bereits circa 400 v. Chr. praktische Aufgaben wie die Landvermessung et cetera in einem Dezimalsystem gelöst wurden. Wer hingegen demnächst privat oder beruflich nach China muss, ist vielleicht eher an der Kurzeinführung in das Zählen mit der Hand interessiert. Als Abschluss des Ausflugs in die Geschichte noch ein weiteres Umrechnungs-Tool von der Dezimalschreibweise ins Zahlensystem der Maya.

Die heute so geläufigen Symbole, oftmals arabische Zahlen genannt, stammen eigentlich aus Indien und haben ihren Weg über Asien und Spanien in die westliche Welt gefunden. Mit dem Dezimalsystem ist die Entwicklung aber noch nicht abgeschlossen. Auf seiner Homepage stellt Leonhard Heinzmann alternative Zahlensysteme vor und führt in das Rechnen mit ihnen ein. Interessant ist sein Konzept der sogenannten Plus-Zahlensysteme, das speziell in Form des 3+1-Systems relativ detailliert ausgearbeitet ist. Herr Heinzmann widmet sich auch der Frage, welches Zahlensystem für den Menschen am besten nutzbar ist, und kommt zu dem Schluss, dass es sich dabei um das Vierersystem handele (also einem Stellenwertsystem mit der Basis 4 und den Ziffern 0 bis 3). Eine ähnliche Untersuchung führt Werner Brefeld durch, kommt allerdings zu einem abweichenden Ergebnis und hält das 6er-, das 10er- und das 16er-System für am geeignetsten. Grundlage dieser Untersuchung sind im Wesentlichen einfache Regeln für die Teilbarkeit. Wie so oft gibt es keine eindeutige Antwort - angesichts der tiefen Verwurzelung des Dezimalsystems im westlichen Kulturkreis hat diese Diskussion aber ohnehin eher akademischen Charakter. (ka)