Erdbebenopfer finden per fliegendem Radar

Fraunhofer-Forscher arbeitet an einer neuen Technik, die großflächig Lebenszeichen ortet. So sollen unter anderem Verschüttete präziser gefunden werden.

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(Bild: Photo by Yves Moret on Unsplash)

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Laut einer Untersuchung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) kamen zwischen 1900 und 2015 weltweit allein durch Erdbeben rund 2,32 Millionen Menschen weltweit ums Leben. Andere Katastrophen, die beispielsweise Häuser einstürzen lassen, sind hier noch nicht berücksichtigt.

Viele dieser Menschen hätten wohl gerettet werden können – doch dafür müssten Einsatzkräfte wissen, wo genau Lebende zu finden sind, also unter welchen Erdaufschüttungen und Trümmern sie suchen müssen. Das Fraunhofer Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) in Wachtberg arbeitet an einer neuen mobilen Technik, bei der elektromagnetische Radarwellen Verschüttete präzise orten sollen.

Die Wellen können teilweise Trümmerteile durchdringen, sodass Signale der Verschütteten zurück an den Detektor des Radargeräts geschickt werden. Die Art der Rückmeldung informiert darüber, wie weit die begrabene Person entfernt liegt. Sogenannte MIMO-Radare (Multiple Input Multiple Output-Antennen) verfügen über mehrere Sender und Empfänger. Dadurch können mosaikartig verschiedene Perspektiven zusammengeführt werden, die Aufschluss über den genauen Verschüttungsort geben.

Schon jetzt kommt ähnliche Technik zum Einsatz, allerdings stationär und nur mit einer Reichweite von maximal 30 Metern. Mit dem neuen Ansatz sollen künftig hektargroße Flächen abgesucht werden können, die den Anforderungen einer realen Katastrophe entsprechen. "Wir haben ein mobiles Radargerät entwickelt, das Puls und Atmung verschütteter Personen bestimmen und sie auf diese Weise orten kann", sagt der FHR-Teamleiter Reinhold Herschel. "Langfristig könnte eine Drohne, ausgerüstet mit dem Radargerät, die Unglücksstelle abfliegen."

Die Technik soll nicht nur dazu dienen, mit mobilen Drohnen Verschüttete zu finden. Sie ist auch in der Lage, die genauen Lebenszeichen von Verletzten aufzuzeichnen, die sich im Einsatzgebiet befinden. Das kann bei der Priorisierung der Erstversorgung hilfreich sein, wenn zahlreiche Verletzte gleichzeitig Hilfe benötigen. Dank maschinellem Lernen können kritische Zustände schneller von stabilen unterschieden werden. Aufgrund unterschiedlicher rhythmischer Frequenzen sollen sie gut in der Lage sein, Vitalzeichen auseinander zu halten. So weiß man den regulären Herzschlag und die Atmung. Sind sie verändert, kann man eingreifen. Dass genaue Vitalzeichen auf bis zu 15 Meter Abstand erfolgreich gemessen werden können, haben Testläufe bereits gezeigt. Um erfasst zu werden, müssen Menschen sich nur minimal bewegen, da reicht schon atmen.

Etwas aufwändiger wird es mit der Erkennung selbst: Weitere zwei Jahre soll daran geforscht werden, wie Verschüttete im Erdreich und Beton zuverlässig ermittelt werden und wie Drohnen diese Messung übernehmen können. Auch eine Kommerzialisierung ist denkbar.

Redaktionsassistenz: Ramona Raabe

(bsc)