Facebook-Zwischenspeicher für die Dritte Welt

In Afrika ist die Internet-Infrastruktur oft so schlecht, dass das Hochladen von Multimediadaten daneben geht. Informatiker sehen ein verteiltes Rechnersystem als Lösung.

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Von
  • David Talbot

In Afrika ist die Internet-Infrastruktur oft so schlecht, dass das Hochladen von Multimediadaten daneben geht. Informatiker sehen ein verteiltes Rechnersystem als Lösung.

In vielen Ländern auf dem schwarzen Kontinent lässt die Online-Versorgung stark zu wünschen übrig. Das sambische Dorf Macha beispielsweise verfügt zwar über eine Satelliten-Internet-Verbindung, doch ist diese wenig stabil – so scheitert etwa der Upload von Fotos und anderen Inhalten zum sozialen Netzwerk Facebook mit großer Regelmäßigkeit.

Ein neues System zum Dateiaustausch, das Forscher aus Sambia und Kalifornien entwickelt haben, soll das Problem nun lösen – mit Hilfe lokaler Zwischenspeicher. Dabei laden Nutzer ihre Inhalte auf eine separate Website hoch, die auf einem Rechner liegt, der sich im gleichen Dorf befindet. Dabei wird die Tatsache ausgenutzt, dass die meisten Menschen, die diese spezifischen Inhalte betrachten wollen, sowieso normalerweise vor Ort sind.

Das Angebot der Forschergruppe nennt sich Kwaabana. Nach der Anmeldung teilt der Nutzer dem System zunächst mit, wo er sich gerade befindet. So weiß es, wo beispielsweise ein Facebook-Foto später angefordert werden soll – entweder vom lokalen Rechner (wenn es sich um einen Dorfbewohner handelt) oder von einem Server in den Vereinigten Staaten (für alle anderen Personen).

"Die Leute teilen Fotos und Videos erstaunlich häufig mit Menschen, die in der Nähe wohnen", sagt Elizabeth Belding, Professorin für Computerwissenschaften an der University of California in Santa Barbara, die das Projekt zusammen mit Kollegen in Sambia durchführt. "Auf dem Land hier werden typischerweise Satellitenverbindungen verwendet und eine einzige Datei wird sinnloserweise dann viele Male über diese Leitung befördert – hoch und wieder herunter."

In Macha müssen sich 300 Menschen eine Internet-Anbindung teilen, die die Geschwindigkeit einer Modemverbindung hat. Das populärste Angebot ist Facebook, wo 15 Prozent des Datenverkehrs landen.

Einmal bei Kwaabana angemeldet, soll sich die Nutzung des sozialen Netzwerks zumindest für lokale Inhalte stark beschleunigen. Das System importiert dazu die Freundesliste aus dem Facebook-Account. Will man nun ein Bild mit anderen teilen, selektiert man vor dem Hochladen, für wen es gedacht ist. Ein Klick auf "Teilen" speichert das Bild dann auf dem lokalen Zwischenspeicher. Sobald genügend Bandbreite vorhanden ist, beispielsweise am frühen Morgen oder in der Nacht, lädt das System das Bild dann automatisch auch auf einen Server in den USA hoch.

Die Bildempfänger werden anschließend direkt informiert. Befinden sie sich in der gleichen Region, erhalten sie die Internet-Adresse der lokalen Kopie zugestellt. Freunde von außerhalb bekommen die URL der Kopie auf dem amerikanischen Server, sobald diese dort nach einigen Stunden vorhanden ist. In allen Fällen wird die Satellitenverbindung nur einmal verwendet – für den Upload zu Niedriglastzeiten.

Kwaabana ist als eigene Website ausgeführt, obwohl sie sich besonders an Facebook-Nutzer richtet. Eine frühere Version des Systems versuchte noch, als lokal abgelegte Anwendung innerhalb des sozialen Netzwerks selbst zu operieren. Das erwies sich aufgrund der schlechten Online-Anbindung aber als Illusion. Allein das Einloggen bei Facebook könne schon ein Problem darstellen, sagt Belding. Aus diesem Grund importiert das Forscherteam einfach die Facebook-Freunde zu Kwaabana und bildet das Netzwerk lokal nach. Das machte das Teilen von Inhalten schneller und effizienter.

Vivek Pai, Computerwissenschaftler an der Princeton University, der ebenfalls an effizienten Systemen zum Verteilen von Inhalten bei schlechter Internet-Anbindung arbeitet, meint, dass Beldings Verfahren das Problem bei Fotos und Videos auf eine interessante neue Art löse. "Bandbreiten- und Verfügbarkeitsprobleme, die in der Dritten Welt häufig vorkommen, lassen sich so lokal lösen." Besonders den minimierten Bandbreitenverbrauch hält er für wichtig.

Belding zufolge ging es aber nicht nur darum. "Viele Leute arbeiten daran, der Dritten Welt schnellere Internet-Zuänge zu verschaffen. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, wie das Netz in diesen Ländern eingesetzt wird und welche Probleme es hier noch gibt." Ihr Team arbeite derzeit an einer Methode, das Grundkonzept von Kwaabana auf ein Peer-to-Peer-Netzwerk zu übertragen. So könnte das Zwischenspeichern direkt auf den Endgeräten der Nutzer, etwa Handys, erfolgen. (bsc)