Falschen Followern auf der Fährte

Fans in sozialen Netzwerken kann man sich mittlerweile für wenig Geld kaufen. Mit neuen Algorithmen sollen sie sich aber schnell aussieben lassen.

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Von
  • Suzanne Jacobs

Fans in sozialen Netzwerken kann man sich mittlerweile für wenig Geld kaufen. Mit neuen Algorithmen sollen sie sich aber schnell aussieben lassen.

Die Zahl der Freunde auf Twitter und Facebook gilt heutzutage ebenso als Maßstab für Popularität wie die Anzahl von "Likes" oder "Favorites". Dabei ist es nicht schwer, diese Daten zu manipulieren. Mittlerweile kann man sich ohne Probleme mit etwas Geld falsche Follower kaufen – von Firmen, die keine Schwierigkeiten darin sehen, Kunden eine vermeintlich positive Online-Reputation aufzubauen.

Eine Untersuchung von Ben Zhao vom Institut für Informatik an der University of California in Santa Barbara zeigt nun, wie dieses dunkle Geschäft funktioniert – und wie man es potenziell austrocknen kann.

Das Phänomen hat mittlerweile unter Experten bereits einen Namen: "Crowdturfing", womit die Kombination aus "Crowdsourcing", also dem Einsatz ganzer Heerscharen billiger Online-Arbeiter, sowie "Astroturfing" für das Manipulieren der öffentlichen Meinung (durch falsche Kommentare und Kritiken) gemeint ist.

Zhao zeigte bereits vor drei Jahren, dass mehr als 80 Prozent der Aktivitäten zweier großer chinesischer Crowdsourcing-Websites mit diesem Thema zusammenhängen – geschätzter Umsatz: mehrere Millionen Dollar. Crowdturfing wird aber auch als Beschäftigung auf US-Crowdsourcing-Angeboten offeriert, so waren damals wie teilweise noch heute entsprechende Jobs bei mindestens vier Diensten zu finden, wie der Forscher sagt.

Angebote aus dem vergangenen Monat von einer dieser Websites verlangen von den Jobsuchenden beispielsweise, bestimmten Personen auf Twitter zu folgen, während andere Arbeitgeber sich wünschen, dass man doch ein ausgewähltes YouTube-Video betrachten möge.

Doch Betreiber sozialer Netzwerke müssen gegen Crowdturfing nicht machtlos sein, so Zhao in einer neuen Studie. Er hat dazu Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens so trainiert, dass sie aus 35 Account-Charakteristika schließen können, ob es sich um Crowdturfing handelt – darunter Daten wie Alter und Ortsangabe. Bei einem chinesischen Microblogging-Dienst funktionierte das mit einer Genauigkeit von 95 bis 99 Prozent.

Zhao ist nicht der einzige Forscher, der sich mit Crowdturfing beschäftigt. Anfang Juni zeigte eine Gruppe um Kyumin Lee von der Utah State University, dass auf einer weiteren großen Crowdsourcing-Website ähnliche Angebote gemacht werden. Dort bieten sich User an, für fünf Dollar aktiv zu werden und beispielsweise ein Porträt zu malen, eine Pressemitteilung zu schreiben oder andere Tätigkeiten zu erledigen.

Dabei ergab sich, dass neun von zehn Topseller Crowdturfing-relevante Angebote unterbreiteten – unter anderem wurden Twitter-Follower und Website-Zugriffe verkauft, aber auch Likes bei Facebook. Der fleißigste Nutzer soll in zwei Jahren insgesamt 600.000 Jobs übernommen und dabei mindestens 3 Millionen Dollar erwirtschaftet haben. Die Gruppe um Lee entwickelte daraufhin eine Software, die in der Lage ist, Crowdturfing-Angebote aus den Jobbeschreibungen zu ermitteln – mit einer Genauigkeit von 97 Prozent. Nun müssten solche Programme nur noch flächendeckend eingesetzt werden. (bsc)