Fitness für Hacker

Der Biomediziningenieur Charalampos Doukas hat sich ein System gebastelt, das Sportmuffel mit automatisiertem Zwang antreibt.

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Der Biomediziningenieur Charalampos Doukas hat sich ein System gebastelt, das Sportmuffel mit automatisiertem Zwang antreibt.

Computerexperten sitzen den ganzen Tag vor dem Rechner und kommen nur ganz selten zum Sport – so lautet jedenfalls das allgemein verbreitete, übliche Klischee. Charalampos Doukas, Biomediziningenieur an der Universität der Ägäis in Griechenland, Buchautor ("Building Internet of Things with the Arduino") und selbst passionierter Hacker, hat nun eine Kombination aus verschiedenen Hard- und Softwarekomponenten entwickelt, die selbst den gemütlichsten IT-Menschen zu mehr Bewegung verhelfen dürfte und gleichzeitig dessen Bastellaune weckt.

Der Bewegungstracker Fitbit zählt Schritte – täglich sollen es laut Herstellerangaben mindestens 10.000 sein.

(Bild: Fitbit)

Die Idee des Projekts: Wie wäre es, wenn man einen Bewegungssensor per Internet mit anderen Geräten vernetzt, die dann je nach persönlichem Sportverhalten vollautomatisch erzieherische Maßnahmen für den Betroffenen einleiten? Doukas griff sich dazu einen Schrittzähler des Herstellers Fitbit (100 Euro), der über einen Dreiachsen-Bewegungssensor verfügt und eine Softwareschnittstelle für Drittentwickler anbietet. Über diese wird wiederum eine vernetzte Steckdose der Modellreihe WeMo des Herstellers Belkin (ab 50 Euro) angesprochen. Und was befindet sich in der extra manipulationssicher angebrachten Dose? Natürlich der Stecker von Doukas' Kühlschrank.

In der Praxis bedeutet dies, dass der Lebensmittelvorrat des Biomediziningenieurs nur dann schön kühl (und genießbar) bleibt, wenn er sich eine bestimmte Schrittzahl am Tag bewegt. Diese beträgt laut Fitbit-Empfehlung mindestens 10.000. Alternativ könnte man an das System natürlich auch andere ihrem Benutzer ganz persönlich wichtige Geräte wie einen Desktop-PC, Fernseher oder die Mikrowelle anschließen. Doukas hat seine Erfindung samt notwendiger Programme als Bauanleitung im Internet veröffentlicht, die Hardware-Kosten liegen bei rund 150 Euro. Die notwendige Software arbeitet mit der leicht zu bedienenden Skriptsprache Webscript.

Die WeMo-Steckdose von Belkin erlaubt es, Geräte per Internet an und aus zu schalten.

(Bild: Belkin)

Doukas' radikale Idee soll besonders jene Menschen ansprechen, die mit aktuellen "Quantified-Self"-Messgeräten zum Erfassen des täglichen Bewegungsverhaltens in der Praxis ihre Probleme haben. Die funktionieren zwar anfangs gut und führen zu mehr Sport, auf Dauer legt man sie aber gerne wieder weg, weil letztlich der Antrieb fehlt. Normalerweise besteht selbiger nur aus einer Website mit mehr oder minder ausgeklügeltem Motivationssystem. Beim Fitbit-Tracker ist das recht einfach gestrickt: Legt man die gewünschte Schritt- oder Stockwerkszahl zurück, kann man sich virtuelle Aufnäher ("Badges") auf die eigene Homepage packen und erhält automatische Positivbenachrichtigungen per E-Mail. Alternativ kann man seine Fortschritte auch per Facebook oder Twitter mit dem Rest der Menschheit (oder dem persönlichen Freundeskreis) teilen.

Doukas-Konzept: Wenig Hardware und etwas Software für ein gesünderes Leben.

(Bild: Charalampos Doukas)

"Das Verdienen von Online-Badges auf der [Fitbit-Website] hat bei mir nicht funktioniert. Deshalb kam ich auf die Idee, mich selbst zu bestrafen, wenn ich nicht aktiv genug bin – indem ich etwas automatisch abschalte, was mir wichtig ist." Da er selbst kein großer TV-Seher sei, habe er zuerst an das Abschalten des heimischen DSL-Routers zur Zwangstrennung seines geliebten Internet-Zugangs gedacht. Doch das klappte technisch nicht: Schließlich würde ohne Netz auch nicht mehr möglich sein, die WeMo-Steckdose nach einer erfolgreichen Bewegungseinheit zu reaktivieren. "Also dachte ich mir, verbindest Du den Kühlschrank damit."

Doukas' Entwicklung ist – zumindest anfangs – ein milder Lehrer. Jeden Abend prüft die Software zunächst, wie viele Schritte der Fitbit-Schrittsensor gezählt hat. Fällt der Wert unter ein bestimmtes Niveau, erhält der Nutzer zunächst eine Warn-E-Mail. Eine Stunde später wird dann geprüft, ob Sport getrieben wurde. Ist dem nicht der Fall, dreht das System dem Kühlschrank den Saft ab. Angeschaltet wird er nur dann, wenn innerhalb einer weiteren Stunde die notwendige Schrittzahl zusammenkommt. (bsc)