Gewachsene Werkstoffe: Wie Forscher Brückenteile aus Bakterien bauen wollen

Das Leben für menschliche Zwecke zu optimieren, ist Ziel der Synthetischen Biologie. Doch gehen Forschende einen Schritt weiter: Sie bauen mit lebenden Zellen.

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Mit lebendigem Baumaterial lässt sich nahezu jede beliebige Form herstellen – hier hat der Bauingenieur Wil Srubar einen kleinen Brückenbogen wachsen lassen.

(Bild: University of Colorado, Boulder College of Engineering and Applied Science)

Lesezeit: 13 Min.
Von
  • Susanne Donner
Inhaltsverzeichnis

"Schauen Sie sich den Aufbau eines Koniferen-Zapfens an", sagt Cordt Zollfrank, Chemiker und Materialwissenschaftler an der Technischen Universität München. "Die Pflanzenzellen sind darin so angeordnet, dass die Cellulose, die sie produzieren, sich so verhält, dass die Zapfen sich schließen, wenn es heiß und trocken ist, und sich von selbst öffnen, wenn es regnet." Energie brauchen die lebenden Systeme dafür nicht. "Oder zerlegen Sie Ihren Rattansessel und schauen Sie den Querschnitt der Zweige an. Darin sind winzige, mikrometergroße Hohlräume für die Gefäße. Solch feine Strukturen können wir mit einem Bohrer nicht erzeugen." Werkstoff-Wunderwerke von Korallenriffen bis zu Baumstämmen können bis dato nur lebende Zellen erschaffen.

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Während Forscherteams der Synthetischen Biologie in den letzten Jahren weltweit neue synthetische Mikroben erschufen, Zellen umbauten oder Impfstoffe entwickelten, erweitern andere derzeit das Konzept fundamental. Sie wollen nun Größeres aus lebenden Zellen errichten und sie, ob synthetisch oder natürlich, als Baumaterial nutzen. Sie designen lebende Materialien – Zelle für Zelle wächst das Baumaterial. Diese "gewachsenen Werkstoffe" unterscheiden sich grundlegend von bisher verfügbaren Materialien. Im Englischen werden sie als Engineered Living Materials, kurz: ELM, bezeichnet. Anders als bisherige Werkstoffe sind sie dazu imstande, sich selbst zu vervielfältigen, sich zu regenerieren – indem sie etwa Risse und Sprünge im Material- und damit Zellverband heilen – und auf Umgebungseinflüsse zu reagieren.

Ehe sich Forscher beim Bauen mit Bakterien an große Gebilde wie Korallenstrukturen wagen, müssen sie allerdings klein anfangen, sehr klein. Seraphine Wegner, Chemikerin an der Universität Münster, nähert sich der Vision von der einzelnen Zelle her. "Wir müssen Zellen erst einmal dazu bringen, dass sie sich zwei- und dreidimensional anordnen." In der Natur sind es Reize wie Licht, die dazu führen, dass sich Pflanzenzellen in einer bestimmten Weise anordnen, auch mechanische Reize. Wind etwa bedingt, dass Stängel und Stämme kräftiger werden.

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