Intelligent oder dumm: Was haben ChatGPT und Co. wirklich drauf?

Auf den ersten Blick sind große Sprachmodelle nur Maschinen, die Texte ergänzen. Auf den zweiten Blick zeigen moderne KIs jedoch verblüffende Fähigkeiten.

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, Illustration: Midjourney/Matthias Timm

(Bild: Erstellt mi Midjourney, modifiziert durch Matthias Timm/MIT Technology Review)

Lesezeit: 17 Min.
Inhaltsverzeichnis

Wenn das Alan Turing noch erlebt hätte. In seinem Essay "Computing Machinery and Intelligence" parierte der Informatik-Pionier bereits 1950 zahlreiche Einwände gegen die Vorstellung, dass Computer jemals denken könnten. Er war fest davon überzeugt, dass es keine prinzipiellen Argumente gäbe, die gegen "denkende" und "intelligente" Maschinen sprächen.

Künstliche Intelligenz

Damals war die Zahl der weltweit verfügbaren Computer erst an zwei Händen abzählbar – und die meisten wurden vom Militär betrieben. Erst 1951 brachten der Ingenieur John Presper Eckert und der Physiker John W. Mauchly mit dem UNIVAC I in den USA den ersten kommerziell verfügbaren universellen Computer auf den Markt – ein technisches Wunderwerk mit 5.200 Röhren, 18.000 Kristall-Dioden und einem Arbeitsspeicher aus Quecksilber. Die Maschine benötigte 35 Quadratmeter Stellfläche und wog 13 Tonnen. Sie konnte damals schwindelerregende 1905 Rechenoperationen pro Sekunde durchführen – ein moderner Mehrkern-Prozessor in einem heutigen Laptop kommt inzwischen auf einige hundert Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde.

Um 1950 waren die meisten Computer noch in militärischer Hand. Eine der ersten zivilen Installationen war dieser Univac I, der im Juni 1951 im U. S. Census Bureau seinen Betrieb aufnahm.

(Bild: U.S. Census Bureau)

73 Jahre später berichten Microsoft-Mitarbeiter von Experimenten mit einer frühen Version des großen Sprachmodells GPT-4, das sich wie eine denkende Maschine verhält. Experimente, deren Ergebnisse "Funken allgemeiner Intelligenz" zeigten. In dem vorab auf der Preprint-Plattform Arxiv veröffentlichten Aufsatz listen Sébastien Bubeck, Leiter der Arbeitsgruppe Machine Learning Foundations bei Microsoft Research, und seine Kollegen zahlreiche erstaunliche Beispiele dafür auf: So ist das Sprachmodell nicht nur in der Lage, mathematische Beweise zu erstellen – und das in Form eines Theaterstücks im Stil Shakespeares ("Consider this, my doubtful peer, A clever proof that will make clear: Assume that there’s a final prime, The largest one we’ll see in time …"). Es kann in fiktiven Situationen auch die Gefühle der handelnden Personen deuten, Logik-Rätsel lösen und dabei den Lösungsweg erklären oder in einem nur durch verschiedene Texte beschriebenen Labyrinth neue Wege finden.