Kernel-Log: Devtmpfs in 2.6.32, DRBD erneut diskutiert, neue Stable-Kernel

Die Entwicklung von Linux 2.6.32 läuft auf vollen Touren und sorgt für heiße Debatten rund um Devtmpfs und DRBD . Die Entwicklung von X.org 7.5 schreitet derweil mit der Veröffentlichung des ersten RC und einiger neuer Treiber voran.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Nicht ganz 5500 Commits hat Linus Torvalds seit der Veröffentlichung von Linux 2.6.31 im Hauptentwicklungszweig vorgenommen. Unter diesen finden sich bereits einige der wohl größten Neuerungen für die in zirka zehn bis zwölf Wochen erwartete Linux-Version 2.6.32 – etwa eine den Durchsatz in SMP-Systemen steigernde Überarbeitung der Writeback-Infrastruktur oder die Unterstützung für Intels früher als LaGrande Technology bekannte Trusted Execution Technology (TXT).

Neu dabei sind zudem zahlreiche mISDN-Treiber für Chips verschiedener Hersteller sowie einige frische WLAN-Treiber für den Staging-Bereich. Dort zogen auch wie erwartet die Hyper-V-Treiber von Microsoft ein. Dass diese bald schon wieder rausfliegen, wie zwischendurch vom Verwalter des Staging-Zweigs angedroht, ist unwahrscheinlicher geworden: Die Microsoft-Entwickler sind wieder aktiv und Sam Ramji betonte in einem Interview, dass Microsoft hart an den Treibern arbeite.

Der kürzlich veröffentlichte und unabhängig vom Kernel entwickelte BFS (Brain Fuck Scheduler) von Con Kolivas hatte kleinere Auswirkungen auf Linux 2.6.32: Einige Tester stießen bei Vergleichen auf ein Problem in einem noch recht jungem Codeabschnitt des derzeitigen Kernel-Schedulers, den die Entwickler daher zunächst deaktivierten. Darüber hinaus gab es zahlreiche andere Änderungen, durch die der aktuelle Scheduler besser arbeiten soll (1, 2).

Mit dem kürzlich von Ingo Molnar vorgestellten Programm "perf sched" soll sich das Verhalten des Scheduler in Zukunft einfacher und besser auswerten lassen. Etwas weiter gefasst ist das kürzlich von Arjan van de Ven vorgestellte und bislang Timechart genannte grafische Analyse-Programm, denn es soll sich ganz allgemein zum Aufspüren von Leistungsengpässen eines Linux-Systems eignen – Timechart braucht für seinen vollen Funktionsumfang jedoch einige Patches, die bislang noch nicht den Weg in den Hauptentwicklungszweig von Linux gefunden haben.

Torvalds hat für 2.6.32 auch das gelegentlich als "Devfs 2.0" bezeichnete devtmpfs eingepflegt, mit dessen Hilfe der Kernel das normalerweise unter /dev zu findende Device-Dateisystem selbst anlegt und so Udev einiges an Arbeit beim Systemstart abnimmt – letzterer soll dadurch schneller erfolgen, was aber nur einer der Vorteile von devtmpfs sei. Einige Entwickler hatten einige Eigenschaften von devtmpfs allerdings schon vor Monaten bemängelt und ihre Kritik nun wiederholt oder sogar die Entfernung gefordert. Torvalds ist in die Diskussionen um die einzelnen Kritikpunkte nicht sonderlich weit eingestiegen – zwei seiner Diskussionsbeiträge lassen aber erkennen, dass er Devtmpfs nicht abgeneigt zu sein scheint (1, 2).

Auch um die erwartete Aufnahme von DRBD (Distributed Replicated Block Device) streiten die Entwickler, denn einer der Kritiker von devtmpfs sperrt sich auch gegen die Aufnahme von DRBD. Einige Suse-Entwickler wie der für den MD-Code des Kernels und das zugehörige Tool mdadm zuständige Neil Brown sprechen sich aber nachhaltig für eine Aufnahme aus. Ob DRBD die Aufnahme für 2.6.32 schafft dürfte sich in den nächsten Tagen entscheiden, denn das Merge Window, in dem Torvalds das Gros der Änderungen für die jeweils nächste Version in den Hauptentwicklungszweig einpflegt, dürfte in ungefähr einer Woche geschlossen werden.

Die Betreuer der Linux-Stable-Series haben kürzlich die Versionen 2.6.27.34 und 2.6.30.7 freigegeben – wie so häufig mit einer unspezifischen und nicht für Anwender von Distributionskerneln gedachten Aufforderung, unbedingt auf die neuen Versionen zu wechseln ("All users of the 2.6.xx kernel series are very strongly encouraged to upgrade.").

Wie üblich korrigieren die zwei neuen Version einige Fehler und bringen zahlreiche, vorwiegend kleinere Verbesserungen. In Kürze werden sie aber schon wieder abgelöst, denn die zwei Nachfolger und 2.6.31.1 sind bereits in Vorbereitung (1, 2, 3). Die Zeit zum Einreichen von Kommentaren läuft in der Nacht von Freitag auf Samstag ab, sodass diese Version am Wochenende oder kurz danach veröffentlicht werden dürften. Greg Kroah-Hartman deutet indes an, die Pflege der 2.6.30-Serie in Kürze einzustellen.

Auch Willy Tarreau, der die 2.4er-Serie betreut, war nicht untätig und hat die einige Sicherheitslücken beseitigende Linux-Version 2.4.37.6 veröffentlicht. Thomas Gleixner hat derweil Version 2.6.31-rt10 freigegeben – die erste auf Linux 2.6.31 beruhende Kernel-Version mit den Realtime-Patches aus dem Rt-Tree.

Peter Hutterer hat den ersten RC des für X.org 7.5 vorgesehen X-Servers 1.7 veröffentlicht. Zudem gab er eine zum neuen X-Server passende Version des für Nvidia-Hardware geeigneten Treibers "nv" heraus. Unterdessen veröffentlichte Dave Airlie zwei neue Versionen des für Radeon-Hardware zuständigen Open-Source-Treibers xf86-video-ati (1, 2). Die erste der beiden bringt eine Reihe von Verbesserungen, darunter Unterstützung für neuere Radeon-Modelle wie die HD 4770.

Auch AMD selbst war aktiv und hat kürzlich die Version 9.9 der proprietären Linux-Grafiktreiber für veröffentlicht. Zu den Neuerungen gehört laut den Release Notes die volle Unterstützung für OpenSuse 11.1 und erste Teile ("Early Look") der Unterstützung für SLED/SLES 10 SP3. Mit der Linux-Version 2.6.31 kommt der Treiber allerdings nicht zurecht – diese Unterstützung soll laut Berichten die für den nächsten Monat geplante Version 9.10 des Treibers mitbringen.

  • Intel-Entwickler Eric Anholt gibt in seinem Blog einen Überblick über einige jüngst vorgenommene Verbesserungen im Code der Intel-Grafiktreiber für Linux.
  • Nvidia-Entwickler Aaron Plattner hat die Open-Source-Software vdpauinfo 0.0.6 und libvdpau 0.2 freigegeben. Bei letzterem handelt es sich um eine nun separat statt zusammen mit dem proprietären Grafiktreiber vertriebene Software-Bibliothek des Ende letzten Jahres vorgestellten Video Decode and Presentation API for Unix (VDPAU), mit dessen Hilfe sich die HD-Video-Fähigkeiten moderner GeForce-GPUs unter Linux nutzen lassen.

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise open. (thl/heise open) (thl)