Kernel-Log: Funktionsumfang von Linux 3.3 steht

Linux 3.3 beschleunigt das Ändern der Größe von Ext4-Dateisystemen und bringt Unterstützung für ACPI 5.0, LPAE für ARM-Prozessoren, Ethernet-Teaming und Hot Replace für Software-RAID. Linux 3.1 hat derweil sein Lebensende erreicht und die Website "Linux ate my RAM" erläutert, warum Linux den Arbeitsspeicher häufig komplett belegt.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Zwei Wochen nach der Freigabe von Linux 3.2 hat Linus Torvalds die erste Vorabversion von Linux 3.3 veröffentlicht. Damit endet wie üblich das am Anfang des Entwicklungszyklus gelegene Merge Window, in dem Linus Torvalds die größten Änderungen für eine neue Linux-Version integriert, bevor zirka zwei Monate an der Stabilisierung dieser Version gearbeitet wird. In der Freigabe-Mail schreibt Torvalds, es sei ein ziemlich arbeitsreiches Merge Window gewesen; er fahre jetzt in ein langes Wochenende zum Biertrinken, Skifahren und Pokern und sei nicht per Mail erreichbar. Der Umfang der Änderungen liegt mit knapp 9000 Commits allerdings im üblichen Umfang.

Unter den für 3.3 aufgenommene Änderungen ist ein neuer Mechanismus zum Anpassen der Größe von Ext4-Dateisystemen, der deutlich flotter arbeiten soll als der bisher verwendete Ansatz. Der Software-RAID-Code erhielt Funktionen, um Daten im Betrieb von einem Datenträger auf einen zweiten zu verschieben, um ersten anschließend entfernen zu können ("Hot Replace"). Aufgenommen wurde auch Unterstützung für die C6X-Architektur von Texas Instruments, ACPI 5.0 und die ARM-Technik LPAE (Large Physical Address Extension), mit der 32-Bit-ARM-Prozessoren mehr als 4 GByte Speicher ansprechen können.

Die Entwickler wollen die HDMI-Audio-Unterstützung in den DRM/KMS-Treibern für Grafikchips von AMD und Nvidia verbessert haben. Zum Netzwerksubsystem stießen Open vSwitch und ein Ethernet-Teaming-Treiber, der mehrere Netzwerk-Ports zu einem virtuellen verbindet. In den Staging-Bereich, in dem verbesserungsbedürftiger Code liegt, sind wie erwartet einige Android-spezifische Treiber eingezogen. Der GMA500-Grafiktreiber für Intels US15W sowie einige Hyper-V-Treiber reiften im Staging-Bereich so weit, dass sie nun in die für diese Treiber zuständigen Subsystem umziehen.

Das Tar-Archiv der erste Vorabversion von Linux 3.3 wuchs durch diese und andere Änderungen auf 38.173 Dateien mit zusammen 15.207.578 Zeilen an. Damit hat der Kernel die kürzlich überschrittene Marke von 15-Millionen-Zeilen nun deutlich hinter sich gelassen. Das Kernel-Log wird in den kommenden Wochen detailliert über die Neuerungen von Linux 3.3 berichten, noch bevor diese Version Anfang oder Mitte März erscheinen dürfte.

Greg Kroah-Hartman hat die Longterm-Kernel 2.6.32.54 und 3.0.17 sowie die Stable-Kernel Linux 3.1.9 und Linux 3.2.1 freigegeben. Wenige Tage später schob er noch 3.1.10 nach und erklärte dabei, die Pflege der 3.1-Serie mit dieser Version einzustellen; Anwender sollen auf Linux 3.2 wechseln.

Nach der Ankündigung von Greg Kroah-Hartman, den Kernel 2.6.32 nicht mehr weiterzupflegen, meldete sich Canonical-Mitarbeiter Tim Gardner: Ubuntu werde diesen Kernel bis April 2015 weiter pflegen. Kroah-Hartman erwähnte im Verlauf der Diskussion, er habe vermutlich schon jemanden, der die weitere Pflege übernimmt.

Eine amüsant gemachte Webseite erläutert, warum Linux allen verfügbaren Arbeitsspeicher nutzt.

Kernel

  • Philipp Reisner hat die DRBD 8.4.1 veröffentlicht, die Unterstützung für "Read load balancing" bringt und mit Linux 3.2 zusammenarbeiten sollte.
  • Dan Rosenberg hat libplayground freigegeben, ein einfaches Framework zum Testen von Heap-Exploit-Techniken.
  • Christoph Hellwig hat das "XFS status update for December 2011" an die LKML gesandt.
  • Greg Kroah-Hartman hat in einem G+-Post auf die Website Linux ate my RAM hingewiesen. Sie erläutert, dass Linux ungenutzten Arbeitsspeicher als Cache verwendet, statt ihn ungenutzt zu lassen; daher steht Anwendungen durchaus noch Speicher zur Verfügung, auch wenn Programme wie free melden, der Arbeitsspeicher werde komplett verwendet.

Unterstützung für Grafikhardware

  • Intel-Entwickler Eugeni Dodonov hat in seinem Blog die Einrichtung von zwei Git-Depots verkündet, die auf Linux 3.0 respektive 3.1 basieren, aber die Intel-DRM/KMS-Treiber aktueller Kernel-Version enthalten sollen. Einige Tage später gab Daniel Vetter bekannt, die Pflege des Git-Zweigs mit den Intel-DRM/KMS-Treibern zu übernehmen, die in Linux-Next eingehen – dort laufen nach dem Ende des Merge Window immer die Änderungen für die jeweils übernächste Kernel-Version (derzeit: Linux 3.4) zusammen. Daraufhin erläuterte Dodonov, in Zukunft diese noch neueren Grafiktreiber in seine Git-Zweige einbauen zu wollen; Anwender können so die neuesten DRM/KMS-Treiber testen, ohne experimentelle Kernel einsetzen zu müssen.
  • Die VMware-Entwickler haben die Versionen 11.1.0 des VMware-Grafiktreibers für X.org freigegeben; kurz legten sie mit der Version 11.99.901 noch Alpha-Treiber nach, welche die Version 12.0.0 vorbereiten.
  • Adam Jackson hat einen experimentellen Patch zur Diskussion gestellt, der den DRM-Code des Kernels um einen "virtual GEM provider" erweitert. Der soll den Verwaltungsaufwand reduzieren und so die Grafikperformance steigern, wenn nicht die Grafikhardware, sondern der Prozessor Grafikeffekte berechnet. Das ist ein weitere Baustein in Jacksons Arbeiten, durch die die Gnome-Shell auch auf Systemen flüssig laufen soll, deren Grafiktreiber keine 3D-Untersützung bieten.

Kernel-Umland ("Plumbing layer"), Userland-Treiber, Entwicklertools, ...

  • Johannes Berg hat die Version 3.3 des WLAN-Konfigurationswerkzeugs iw freigegeben.
  • Mit der kürzlich von Lucas De Marchi freigegebenen Version 4 von kmod bietet der Ersatz für die Module-Init-Tools nun den geplanten Funktionsumfang und gilt als "feature complete".
  • Lennart Poettering hat den zwölften Teil seiner Blog-Reihe "Systemd for Administrators" veröffentlicht, der sich mit Sicherheitsaspekten rund um Dienste beschäftigt.
  • Die KVM-Entwickler fordern zum Testen des neuesten Entwicklerstands von Qemu-Img auf, der dank eines Google-Summer-of-Code-Projekts bessere Unterstützung für das von VMware-Produkten verwendete Image-Format vmdk bieten soll.
  • Karel Zak hat den ersten Release Candidate der Werkzeugsammlung Util-Linux 2.21 veröffentlicht. Neu dabei ist das Programm chcpu, das unter anderem nach neuen CPUs suchen kann oder diese ein- und ausschaltet; es kann zudem weitere Prozessorkerne beim Hypervisor anfordern oder diese zurückgeben. Ebenfalls neu ist prlimit, das deutlich flexibler sein soll als das in die Shell eingebaute ulimit. Die Werkzeuge login und losetup wurden komplett neu geschrieben und bietet nun mehr Funktionen. Größere Änderungen gab es auch bei mount und umount, wipefs, partx und einigen anderen Werkzeugen.

LKML-Diskussionen

  • In Folge des Einbruchs bei Kernel.org im vergangenen Spätsommer drängt Linus Torvalds mehr und mehr zur Verwendung von signierten Git-Pull-Request, welche die aktuellen Vorabversionen des noch in Entwicklung befindlichen Git 1.7.9 ermöglichen. Einige Hintergründe dazu erläutert der leitende Git-Entwickler in einem Blog-Eintrag und einer LKML-Mail. Torvalds wies zudem darauf hin, dass durch diesen Weg zum Abrufen von Änderungen nun auch die in den Pull-Request-Mails enthaltenen Begleitinformationen im Merge-Commit landen und sich so später über die Git-History abrufen lassen; ein Beispiel ist der Merge-Commit, mit dem die von Andrew Morton für Linux 3.3 gesammelten Änderungen kürzlich in den Hauptentwicklungszweig von Linux einflossen.
  • Für eine längere, immer noch laufende Diskussion auf der LKML hat der Patch "dynamic seccomp policies (using BPF filters)" von Chromium-Entwickler Will Drewry gesorgt. Er erweitert Seccomp ("Secure Computing") um Mechanismen, mit denen sich die Funktionen einschränken lassen, die ein bestimmter Prozess aufrufen darf; mit diesem Ansatz soll der Browser Programmcode, der aus dem Internet stammt, auf sichere Weise ausführen können. LWN.net erläutert einige Hintergründe in dem Artikel "Yet another new approach to seccomp"

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich in den vorangegangenen Kernel-Logs auf heise open und in c't. Neue Ausgaben des Kernel-Logs werden auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog" erwähnt; die englischen, bei den Kollegen von "The H" erscheinenden Übersetzungen auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog2". Gelegentlich zwitschert der Autor des Kernel-Logs unabhängig davon über einige Kernel-Log-Themen bei Identi.ca und Twitter als "@kernellogauthor". (thl). (thl)