Kernel-Log: Linux 3.1 rückt näher

Die Kernel-Version 3.1 dürfte vermutlich in Kürze erscheinen. Nach über vier Wochen Pause hat Greg Kroah-Hartman neue Stable-Kernel veröffentlicht. Die X.org-Entwickler denken darüber nach, die wichtigsten Grafiktreiber mit dem X-Server zu verschmelzen.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
Inhaltsverzeichnis

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch vergangener Woche hat Linus Torvalds die neunte Vorabversion von Linux 3.1 veröffentlicht. Seitdem flossen noch einige Korrekturen in den Hauptentwicklungszweig ein; Indizien auf einen Freigabezeitpunkt von Linux 3.1 gab in den letzten Tagen allerdings keine. Vermutlich dürfte die Version noch in dieser oder spätestens in der nächsten Woche erscheinen, wie Torvalds es bereits beim RC7 angedeutet hatte.

Beim RC9 nutzte Torvalds erstmals einen neuen GPG-Schlüssel zum Signieren der Git-Tags, wie er in der Freigabe-Mail erläutert. Er ist stärker als der alte und schon jetzt von mehr ihm bekannten Entwicklern signiert; er hat das Tag aber auch mit dem alten Schlüssel signiert.

Seit der Wiederinbetriebnahme einiger Kernel.org-Dienste vor einigen Tagen ist der dortige Git-Zweig wieder die erste Anlaufstelle zum Bezug der Linux-Quellen. Torvalds aktualisiert derzeit aber weiterhin sein Git-Depot bei Github, das er während der Kernel.org-Auszeit zur Weiterentwicklung von Linux eingerichtet hatte. Willy Tarreau hat unterdessen Checksummen der Tar-Archive von Linux seit Version 2.6.12 veröffentlicht, mit denen Anwender prüfen können, ob die ihnen vorliegenden Archive unmodifizierten Quellcode enthalten.

Greg Kroah-Hartman hat derweil den Stable-Kernel 3.0.5 freigegeben, der – über vier Wochen nach Erscheinen von 3.0.4 – mehr als zweihundert Änderungen bringt; kurz darauf hat er die Version 3.0.6 nachgeschoben, um einen Fehler bei 3.0.5 zu korrigieren. Beide Versionen sind derzeit nur via Git erhältlich, da Kernel.org bislang weder alte noch neue Archive mit Linux-Quellen anbietet.

Kernel

  • Thomas Gleixner hat den Realtime-Kernel 3.0.6-rt17 freigegeben, der ein seit längerem bekanntes Problem dieser RT-Reihe beseitigt, dessen Ursache schwer zu finden war.
  • Btrfs-Hauptentwickler Chris Mason hat für Linux 3.2 einige größere Änderungen an dem experimentellen Dateisystem in Aussicht gestellt und angekündigt, die Veröffentlichung des lang erwarteten Dateisystemcheck-Tool für Btrfs voranzutreiben; er plant, es auf der Linuxcon Europe zu zeigen, die Ende des Monats in Prag stattfindet. Dabei erwähnte er zudem, dass Btrfs jetzt zum Standard-Dateisystem auf Linux-Servern bei Oracle wird.
  • In der Problematik um die zwei konkurrierenden Treiber für neuere WLAN-Chips von Broadcom hat der Betreuer des WLAN-Subsystems angedeutet, die von Broadcom bislang im Staging-Bereich entwickelten Treiber in den kommenden Monaten annehmen zu wollen. Einer der langjährigen Linux-WLAN-Entwickler hat allerdings eine Liste mit verbesserungswürdigen Eigenschaften erstellt.

LKML-Diskussionen

  • Der langjährige Kernel-Entwickler Dave Jones hat einen Patch zur Diskussion gestellt, durch den sich der Kernel als "Crap" markiert, wenn er das Kernel-Modul von VirtualBox erkennt. Diese Kennzeichnung als "Schrott" wird bislang beim Laden von Staging-Treibern gesetzt. Jones, der die Fedora-Kernel betreut, begründet den Vorschlag mit Berichten über Fehler, an denen der unter der GPL stehende Treiber vermutlich Schuld sei.
  • Kay Sievers, Lennart Poettering und Harald Hoyer haben eine "Plumber’s Wish List for Linux" an die LKML gesandt. In der haben die drei Funktionen aufgeführt, die sie sich für Software wünschen, die den Kernel mit der Desktop-Umgebung und Anwendungen verbindet; dazu zählen etwa die von den drei entwickelten Werkzeuge Udev, Systemd und Dracut. Einige dieser Tools waren auf der Linux Plumbers Conference 2011 Schwerpunkt einer Sitzung rund um den Systemstart, über die LWN.net berichtet hat.

Unterstützung für Grafikhardware

  • Ben Skeggs, einer der Hauptentwickler des Nouveau-Treibers, bittet Besitzer von Notebooks mit Nvidia-Grafikchip um das Auslesen und Einsenden einiger Hardware-Informationen. Damit möchte er die Unterstützung für MXM (Mobile PCI Express Module) verbessern, was langfristig auch zu einer besseren Unterstützung von Nvidias-Grafikchip-Umschalttechnik Optimus beitragen sollte.
  • Der X.org-Entwickler Adam Jackson erläutert auf der Fedora-Entwicklerliste einige der Probleme bei der Festlegung des DPI-Wertes mit Hilfe der EDID-Informationen, die moderne Bildschirme den Betriebssystemen liefern. Aufgrund solcher Probleme ignorieren aktuelle Gnome-Versionen die DPI-Informationen und verwenden stattdessen einen festen Vorgabewert.
  • Für bessere Linux-Unterstützung reicht es manchmal, dass Hardware in die Hände der richtigen Leute gelangt: X-Urgestein Keith Packard hat eine Patch-Sammlung veröffentlicht, durch sie das von ihm erworbene MacBook Air besser mit Linux arbeitet; die Änderungen ziehen möglicherweise noch in einen Stable-Kernel ein. In zwei Blog-Eintragen liefert er Hintergründe zu den Linux-Versuchen auf dem mit einem Sandybridge-Prozessor von Intel ausgestatteten Gerät sowie Tipps zur Linux-Installation (1, 2).
  • Dave Airlie entwickelt einen überarbeiteten Modesetting-Treiber für X.org, der zwar nur einen geringen Funktionsumfang bietet, aber auf das KMS-Interface des Kernels aufsetzt und so den Betrieb des X-Servers auf jeder Grafikhardware unterstützt, für die der Kernel einen Treiber mitbringt.
  • Auf einer Entwicklerkonferenz haben einige X.org-Entwickler abermals überlegt, die wichtigsten X.org-Grafiktreiber wieder mit dem Code des X-Servers zusammenzuführen. Eine Entscheidung scheint bislang nicht gefallen; Hintergründe liefert LWN.net im Artikel "Non-modular X?". In "Toward a unified display driver framework" berichtet die Website zudem von dem Vorschlag eines TI-Entwicklers, auf ein einheitliches Kernel-Framework zum Zugriff auf Grafik-Hardware hinzuarbeiten. Mehrere Entwickler sprachen sich dort dafür aus, das DRM-Subsystem zu einem solchen auszubauen.
  • AMD hat die Version 11.9 seiner Catalyst-Grafiktreiber für Linux freigegeben; wieder einmal gibt es keine Release Notes. Laut Berichten soll die neue Version Probleme beim Zusammenspiel mit Gnome 3 beseitigen – das scheint anderen Berichten zufolge aber wohl nicht immer der Fall zu sein.
  • Nvidia hat die Version 285.05.09 seiner Treiber für x86-32/x86- und x86-64/x64-Systeme freigegeben. Sie beseitigen einige Fehler und bringen Unterstützung für die GeForce GT 520MX. Bereits im September hat das Unternehmen die Version 275.28 freigegeben, mit der Nvidia die "Long-Lived Branch" einführt – ähnlich wie bei einer LTS-Version von Ubuntu soll diese Versionsreihe eine Zeitlang eine stabile Basis für Anwender bilden, bei der es keine größeren Änderungen gibt.

Kernel-Umland ("Plumbing layer"), Userland-Treiber, Entwicklertools, ...

  • Libguestfs-Entwickler Richard W.M. Jones weist in seinem Blog auf das neue Kommandozeilenprogramm virt-sparsify bei libguestfs 1.13.17 hin. Es kann unter anderem von Gastsystemen genutzte Image-Dateien oder LVM-Volumes auf dem Host nach Bereichen absuchen, die etwa nach dem Löschen von Dateien im Gast Daten enthalten, die nicht mehr relevant sind; diese Bereiche kann es freigeben, wodurch als Sparse-Datei angelegte Images wieder schrumpfen.
  • Michael Kerrisk hat die Man-Pages 3.33, 3.34 und 3.35 freigegeben. Die jüngste Version enthält erstmals Dokumentation für die Syscalls Recvmmsg und Setns.
  • Die Entwickler des Projekts Hplip (Hewlett-Packard's Linux Imaging and Printing Software) haben die Version 3.11.10 ihres Treiberframeworks für Drucker und Multifunktionsgeräte von HP veröffentlicht. Unter den Neuerungen ist laut den Release Notes Unterstützung für die folgenden Geräte: HP DeskJet 3070 B611 series, HP Envy 110 e-All-in-One, HP LaserJet Enterprise 500 Color M551, HP OfficeJet Pro 8100, HP Officejet Pro 8600, HP PhotoSmart 5510 e-All-in-One, HP PhotoSmart 6510 e-All-in-one und HP PhotoSmart 7510 e-All-in-On.
  • Junio C Hamano hat Git 1.7.7 veröffentlicht.
  • Lennart Poettering hat seine Blog-Serie "Systemd for Administrators" mit den Teilen 10 und 11 fortgeführt.
  • In dem Blog-Eintrag "Getting started with LXC using libvirt" liefert Daniel Berrange einige Tips zum Ausprobieren und Aufsetzen von Linux Containern (LXC) über die Libvirt.
  • Security-Subsystem-Maintainer James Morris liefert in einem Blog-Eintrag einige Informationen zum Linux Security Summit 2011, der im Umfeld der Linux Plumbers Conference stattfand. Er verlinkt dort auf Vortragsfolien sowie einen LWN.net-Bericht vom "Kernel Hardening Roundtable".

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich in den vorangegangenen Kernel-Logs auf heise open und in c't. Neue Ausgaben des Kernel-Logs werden auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog" erwähnt; die englischen, bei den Kollegen von "The H" erscheinenden Übersetzungen auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog2". Gelegentlich zwitschert der Autor des Kernel-Logs unabhängig davon über einige Kernel-Log-Themen bei Identi.ca und Twitter als "@kernellogauthor". (thl). (thl)