MWC 2010: Anwendungen und Plattformen im Vordergrund

Stärker als im letzten Jahr stand beim Mobile World Congress (MWC) die Entwicklung mobiler Apps im Vordergrund. Auch scheint sich die Konsolidierung mobiler Plattformen vorerst umgekehrt zu haben.

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Von
  • Kay Glahn
Inhaltsverzeichnis

Barcelona im Zeichen des Mobile World Congress

Stärker als im letzten Jahr stand beim Mobile World Congress (MWC) die Entwicklung mobiler Apps im Vordergrund. Auch scheint sich die Konsolidierung mobiler Plattformen vorerst umgekehrt zu haben.

Vom 15. bis 18. Februar fand wieder der Mobile World Congress in Barcelona statt, auf dem sich jährlich die Mobilfunkindustrie trifft, ihre neuen Produkte vorzustellen und aktuelle Trends zu diskutieren. Dieses Jahr wurden eine Reihe neuer Android-Geräte unterschiedlicher Hersteller vorgestellt, aber auch Ankündigungen zu anderen Plattformen wie Windows Phone 7 Series oder Samsungs Bada-Plattform erregten Aufsehen. Zusätzlich war ein deutlicher Trend hin zu Anwendungen und Application Stores zu beobachten.

Sony Ericsson stellte die drei Android-Geräte Xperia X10, X10 Mini und X10 Mini Pro vor. Mit den Mini-Geräten präsentierte der Gerätehersteller – entgegen dem Trend zu immer größeren Displays – Handys im Scheckkartenformat. Sie enthalten allerdings das ältere Android 1.6. Mit den Modellen Vivaz und Vivaz Pro stellte der Hersteller zudem zwei Symbian-Geräte zur Schau. Außerdem setzt die Firma auf eine stärkere Zusammenarbeit mit dem Partner Sony. HTC stellte mit "Legend" und "Desire" zwei neue, auf dem neuen Android 2.1 basierende Smartphones vor. Mit dem HD mini präsentierte HTC eine Miniaturversion des Windows-Mobile-Geräts HD 2 an.

Quench heißt Motorolas achtes Android-Gerät, und Huawei steigt gleich mit fünf neuen Geräten in den Android-Markt ein. Darunter befindet sich mit dem U8800 sogar eines der ersten HSPA+-Android-Geräte mit einer Spitzendatenrate von 14 MByte/s im Downlink.

Samsung stellte hingegen mit dem "Wave" sein erstes das hauseigene Betriebssystem Bada integrierende Handy vor. Die Firma hatte Ende des letzten Jahres ihre Betriebssystem-Plattform als Konkurrent zu Symbian und Android ins Rennen geschickt. Wie HTC bringt nun ZTE ein auf Qualcoms Brew-System setzendes Smartphone heraus. Der Chip-Hersteller Marvell hingegen hat mit der Pantheon-Plattform ein hochintegriertes Chipset vorgestellt, mit dem er leistungsfähige Smartphones für knapp 100 US-Dollar vor allem für den chinesischen Markt anbieten möchte.

Keine neuen Geräte kamen von Nokia, dafür haben die Finnen angekündigt, ihre mobile Linux-Plattform mit der von Intel zu verschmelzen. Aus Maemo und Moblin soll nun MeeGo entstehen, das seinen Fokus auf mobile Computer im High-end-Bereich setzen und damit ein Gegengewicht zu Android bilden soll. Wie bei Maemo kommt bei MeeGo die grafische Oberfläche Qt zum Einsatz, und Anwendungen für die neue Plattform sollen sich unter anderem über Nokias Ovi Store verkaufen lassen. Laut Nokia sollen 20 Prozent aller Nokia-Geräte bis zum Jahr 2011 das MeeGo-System enthalten.

Die Symbian Foundation hat Symbian 3 angekündigt, die erste vollständige Open-Source-Release des Smartphone-Betriebssystems. Außerdem ist die Initiative dem Open Screen Project beigetreten, das Flash auf ein breites Spektrum von Endgeräten bringen will. Nokia will sicherstellen, dass Adobe den Flash Player auf zukünftigen Symbian-Versionen bereitstellen kann. Auch Skype hat seine Unterstützung für Symbian zugesichert und einen Symbian-Client seiner VoIP-Software vorgestellt.

Microsofts CEO Steve Ballmer lüftete das Geheimnis um die lang erwartete neue Version von Windows Mobile. Der Konzern hat Windows Phone 7 Series komplett überarbeitet und mit einer neuen Benutzeroberfläche versehen, die stark an Microsofts Zune Player erinnert. Laut Ballmer möchte sich Microsoft mit dem neuen Ansatz von seiner eigenen Vergangenheit unterscheiden und stärker in den Consumer-Bereich vordringen. Den Geräteherstellern erteilt Microsoft striktere Vorgaben für die Hardware, bei der nun unter anderem ein kapazitiver Touchscreen zur Pflicht wird. Was die Unterstützung von Flash angeht, stellte Ballmer klar, dass das neue Windows Mobile nicht über Flash verfügt, aber dass Microsoft nicht verhindern werde, wenn es jemand implementiert.

Auch Googles CEO Eric Schmidt hatte einen Auftritt und unterstrich vor allem das "Mobile" nun im Mittelpunkt von Googles Strategie stehe, was in Googles neuem Mantra "Mobile First" zum Ausdruck kommt und vor allem durch die Portierung des Twitter-Klons Buzz auf Android, wodurch es Ortungsdaten aus GPS-Smartphones nutzen kann. In einigen Ländern wie Indonesien und Südafrika erhalte Google schon jetzt mehr Suchanfragen von mobilen Endgeräten als vom Desktop. Schmidt hob hervor, dass der Zeipunkt gekommen sei, in denen die drei Bereiche Rechenleistung, Verbindungsflexibilität und Cloud auf dem Mobiltelefon konvergieren. In der Keynote demonstrierte Google unter anderem ein neues Texterkennungstool auf dem Handy, mit dem eine
deutsche Speisekarte abfotografiert und dann in der Cloud automatisch ins Englische Übersetzt wurde. Google hat außerdem angekündigt, dass Google Speech Search jetzt neben Englisch, Japanisch und Mandarin auch in Deutsch verfügbar sein wird und dass Android jetzt auch Adobes Flash unterstützt und zwar die volle Version 10.2 und nicht das von anderen mobilen Geräten bekannte abgespeckte Flash Lite. Schmidt prophezeite auch, dass in Zukunft durch das Zusammenführen von Googles Techniken eine Simultanübersetzung von Telefongesprächen möglich werde. Außerdem sagte er, dass in Zukunft Mobiltelefone nicht nur wissen, "wo wir uns befinden, sondern wo wir als Nächstes hingehen wollen".

Der App Planet war nur eine von vielen Konferenzen innerhalb der Messe.

Mit der App-Planet-Veranstaltung fand eine Konferenz innerhalb der Messe statt, die die Relevanz des mobilen App-Markts unterstreicht. Sie bestand zum einen aus einer Austellung, in der über 50 Firmen aus dem Bereich mobiler Anwendungen vertreten waren, und zum anderen aus der App-Developer-Konferenz, bei der Partnerfirmen Vorträge zu mobilen Applikationen hielten. Zu den Unternehmen, die mit eigenen Entwicklerveranstaltungen präsent sind, gehören Motorola, Vodafone, Research in Motion (BlackBerry), Sony Ericsson und Google. Aufsehen erregte Google, indem die Firma auf seiner kostenlosen Developer-Konferenz jedem der rund 1500 Teilnehmer ein neues Nexus One mit Android 2.1 schenkte.

Der Mobile World Congress verdeutlichte, dass sich die erwartete Konsolidierung mobiler Plattformen vorerst umgekehrt hat und immer mehr Anbieter neue Plattformen unterstützen oder neue ins Rennen schicken. Vor allem auf Android scheint im Moment der Fokus bei vielen Geräteherstellern zu liegen. Es bleibt spannend, ob sich das mit der Verfügbarkeit von "Windows Phone 7 Series"-Geräten zum Jahresende wieder ändert.

Kay Glahn
ist Dipl.-Informatiker und arbeitet als unabhängiger IT-Berater und Technologie-Journalist mit den Schwerpunkten Wireless Applications und mobile Techniken.
(ane)